Julia Extra Band 0332
nicht, ich wäre zu arm, um dir einen eigene Verlobungsring zu schenken.“ Adam klang missmutig.
„Red keinen Unsinn!“, schalt sie ihn freundlich.
„Na schön. Du scheinst ja alles unter Kontrolle zu haben, May. Ich rufe dich heute Abend noch mal an, um zu hören, ob deine Kampagne erfolgreich war. Bis dann.“
May legte nachdenklich den Hörer auf. Adam war wegen des Rings hörbar pikiert gewesen. Warum eigentlich?
Aber das war jetzt nebensächlich. Sie hatte zu viel zu tun, um sich darum auch noch zu kümmern.
Als nachts das Telefon klingelte, hob May sofort ab. Sie hatte befürchtet, Adam würde sich nicht mehr melden.
„Habe ich dich geweckt?“, erkundigte er sich.
„Nein, ich bin gerade erst ins Bett gegangen.“
„Wie ist es gelaufen?“, wollte er wissen.
„Mir tut das Gesicht weh vom vielen Lächeln, aber ich glaube, Claudes Mutter ist inzwischen überzeugt, dass Saffys frühere Missetaten nichts weiter waren als Ausdruck jugendlichen Übermuts.“
„Wenn sie das glaubt, musst du sehr überzeugend gewirkt haben.“
„Wahrscheinlich lag es eher an der Tatsache, dass Grandpa ein Friedensrichter war“, wehrte sie das Kompliment ab. „Oder daran, dass sie in einem echten Himmelbett schlafen dürfen.“
„Du hast sie in mein Bett gesteckt?“ Adam klang empört.
„Ja, aber das habe ich ihnen nicht verraten. Zum Glück habe ich noch die Fotografie gefunden, die im Jahre 1935 der damalige Prince of Wales meinem Urgroßvater geschenkt hat. Mit persönlicher Widmung.“ May lachte leise. „Das Bild habe ich unübersehbar auf der Frisierkommode platziert.“
„Wie raffiniert!“
„Ja, aber das war nichts verglichen mit dem Star der Familie.“
„Damit meinst du Nancie“, vermutete Adam.
„Nein, obwohl die ihre Rolle brillant gespielt hat.“ Wieder lachte sie leise. „Ich meine dich, Adam. Claudes Mutter hatte bisher keine Ahnung, dass Saffys Bruder der schwerreiche Direktor der Firma ist, die den Kaffee importiert, ohne den sie, laut eigenen Angaben, nicht leben kann.“
„Ach so.“
„Ja. Vor dem Doppelangriff von meiner Vornehmheit und deinem Vermögen ist sie in die Knie gegangen“, sagte May zufrieden. „Demnächst gehört sie also zu deiner Familie. Ob du mir dafür wirklich dankbar sein wirst, wird sich ja zeigen. Claude und sein Vater sind sehr nett, stehen aber völlig unter dem Pantoffel der lieben Frau Mama.“
„Warum hast du dich für Saffy dermaßen ins Zeug gelegt?“, fragte Adam verwundert.
Ich habe es nicht für Saffy, sondern für dich getan, antwortete sie im Stillen und sagte laut: „Das war doch keine große Sache.“
„Keine falsche Bescheidenheit. Du hast alle Register gezogen, um Saffy zu helfen. Warum? Was ist da zwischen euch beiden?“
„Hat sie dir das nie erzählt, Adam?“
„Nein. Sie hat schon immer gern Geheimnisse gehabt.“
May schwieg für einen Moment und atmete dann tief durch. „Dann erzähle ich es dir jetzt … In der Schule wurde ich gemobbt. Eine Bande von Mädchen lauerte mir jeden Tag auf und nahm mir das Geld für mein Mittagessen weg. Wenn ich mich zu weigern versuchte, haben sie mir meine Bücher zerrissen.“
„Warum hast du nie etwas gesagt?“, fragte Adam entsetzt. „Deinem Klassenlehrer zum Beispiel?“
„Um dann als Petze noch schlechter dazustehen?“
„Aber dein Großvater hätte sich doch bestimmt für dich eingesetzt!“
„Nein, er hätte mich mit den Worten ‚Ich habe es dir ja gleich gesagt‘ von der Schule genommen und in ein Internat geschickt.“
„Wäre denn das so schlimm gewesen?“, fragte Adam sanft. „Du warst doch in der Gesamtschule ohnehin nicht glücklich. Hatte ich jedenfalls damals den Eindruck.“
„Das ist richtig, aber im Internat wäre ich noch unglücklicher gewesen. Ich hatte keinen Vater, keine Mutter, nur mein Zuhause. Und meine Tiere.“
„Und wieso hast du damals ausgerechnet Saffy um Hilfe gebeten?“, erkundigte er sich weiter.
„Das habe ich gar nicht. Eines Morgens stand sie am Schultor und wartete auf mich. Dann hat sie mich, ohne ein Wort zu sagen, untergehakt, als wäre ich ihre beste Freundin, und hat mich in die Klasse eskortiert. Zuerst hatte ich fürchterliche Angst“, gestand May. „Weil sie doch mit den anderen Mädchen in derselben Grundschule gewesen war.“
„Und dort herrschte ein ziemlich rauer Umgangston“, erinnerte Adam sich.
„Jedenfalls dachte ich zuerst, das wäre nur eine neue Form der Quälerei, aber dann merkte ich, dass
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