Julia Extra Band 0339
er sarkastisch.
Holly verschlug es die Sprache. Der Fremde betrachtete sie mit unverhohlener Verachtung, bevor sein Blick auf dem gewagten Dekolleté verharrte. Sie biss die Zähne zusammen – wäre sie diesem dämlichen Lunch doch bloß ferngeblieben, statt sich zum Mitkommen überreden zu lassen! Noch dazu in einem Outfit, das offensichtlich den völlig falschen Eindruck erweckte. Andererseits gab das diesem Mann nicht das Recht, sie zu beleidigen!
„Ihre Manieren lassen zu wünschen übrig!“, knirschte sie.
„So? Und weshalb?“
„Wie ich mich kleide und weshalb ich hier bin, geht Sie absolut gar nichts an. Und wenn Sie noch länger versuchen, mich mit Ihren Blicken auszuziehen, dann … dann bekommen Sie es mit mir zu tun. Ich bin kein kleines wehrloses Mädchen.“
„Wohl gesprochen“, murmelte er. „Aber ich denke, zwischen uns besteht so etwas wie eine …“
„Eine was? Anziehung?“, fiel sie ihm verächtlich ins Wort. „Du liebe Güte! In welchem Jahrhundert leben Sie eigentlich? Sogar mein mexikanischer bandido war wortgewandter. Dem Scheich könnte man solche Ausdrücke vielleicht noch zutrauen, aber der ist auch fast schon ein Greis.“
Er blinzelte. „Sie scheinen ein interessantes Leben zu führen.“
„Allerdings.“
„Oder Ihre Fantasie geht mit Ihnen durch.“
„Nein.“ Holly verschränkte die Arme und sah ihn herausfordernd an.
„Ist was?“, fragte er nach einem Moment.
„Ich glaube, eine Entschuldigung wäre am Platz.“
Er betrachtete sie schweigend, und Holly hielt stumm seinem Blick stand. Was ihr mit jeder Sekunde schwerer fiel.
Was ging hier vor? Der Fremde schien eine magische Wirkung auf sie zu haben. Sicher, er sah hervorragend aus, gebräunt und fit, wie jemand, der die meiste Zeit im Freien verbrachte, aber daran allein konnte es nicht liegen. Etwas an ihm berührte sie tief in ihrem Inneren, und gleichzeitig brachte er ihr Blut so in Wallung, dass ihr heiß und kalt wurde. Wie musste es sein, jemand wie ihn als Liebhaber zu haben …
Mach dich nicht lächerlich !
Aber die sonderbare Verzauberung blieb; ihr Atem beschleunigte sich, ihr Puls ging schneller, und in den Brüsten spürte sie plötzlich ein Ziehen. Unwillkürlich öffnete sie die Lippen …
Er war es, der den Bann schließlich brach. „Was den bandido oder den Scheich betrifft, so bin ich überfragt. Aber es gibt eine Anziehungskraft zwischen uns, das weiß ich.“
Holly stieß den Stuhl zurück und stand auf. „Ich gehe.“
„Bitte tun Sie das nicht. Nicht meinetwegen, ich sage kein Wort mehr. Außerdem – was ist mit Ihrer Mutter?“
„Sie … sie geht auch.“ Damit drehte sie sich um und stolzierte davon.
„Es tut mir so leid, Mom. Wirklich!“ Vom Lenkrad warf Holly einen schuldbewussten Blick auf ihre Mutter, die immer noch ganz benommen schien. „Aber der Mann neben mir war unmöglich. Ich kann einfach nicht glauben, wie er sich an mich rangemacht hat.“
„Brett Wyndham hat sich an dich rangemacht?“
„ Wer ?“
Sylvia umklammerte die Armlehne. „Du fährst viel zu schnell, Liebling!“
Quietschend kam das Auto zum Stillstand, dann manövrierte Holly es an den Straßenrand. „ Das war Brett Wyndham?“
„Ja. Sue Murray ist seine Schwester; ihretwegen ist er wohl gekommen. Ich sagte dir doch, dass sie Eheprobleme hat, und da wollte er sie wohl moralisch ein bisschen unterstützen. Jedenfalls bin ich ihm bisher auf keiner Wohltätigkeitsveranstaltung begegnet.“
Holly nahm die Hände vom Lenkrad und fasste sich an den Kopf. „Hätte ich das doch nur gewusst! Andererseits … Ich bezweifle, dass es anders gekommen wäre, er war wirklich unmöglich. Aber vielleicht hätte ich ihn geschickter in die Schranken verweisen und das Ganze ins Lächerliche ziehen können.“
„Wovon redest du, Liebling?“
Sie legte die Arme um ihre Mutter und drückte sie. „Vergiss es, Mom. Wie gesagt, es tut mir leid, dass ich dich einfach davongeschleppt habe. Aber letztendlich bin ich die Leidtragende – ein Interview mit Brett Wyndham hätte meiner Karriere genau den richtigen Aufschwung geben können.“
2. KAPITEL
Resigniert bereitete sich Holly zwei Abende später auf den Maskenball vor. Der Versuch, sich auszuklinken, war erfolglos geblieben.
„Wenn du nicht kommst, bringst du die Tischordnung durcheinander“, hatte Sylvia gestern zu bedenken gegeben. „Und dein Begleiter ist ohne Partnerin. Außerdem wäre es doch schade um das originelle Kostüm, das ich dir
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