Julia Extra Band 0339
Tage allein auf einer von aller Welt abgeschnittenen Farm zubringe?“
„Ich bitte vielmals um Verzeihung.“ Er grinste reumütig. „Meine Stimmung war nicht die beste, zumindest nicht bei dem Lunch. Ich verspreche, dass Ihnen in Haywire nichts geschieht. Zum einen gibt es dort Personal – wir sind also nicht allein –, zum anderen zwinge ich mich einer Frau niemals auf.“
Holly kaute an der Unterlippe. „Wie lauten die übrigen Bedingungen?“, fragte sie argwöhnisch.
„Keine Fragen zum Privatleben – von meiner Kindheit mal abgesehen. Und ich möchte den Artikel lesen, bevor er veröffentlicht wird.“
Sie blinzelte ein paarmal. „Warum geben Sie ausgerechnet mir die Ehre?“, platzte sie heraus.
Er hob die Schultern. „Warum nicht? Sie sind – wenigstens behauptet man das – eine gute Journalistin, und außerdem faszinieren Sie mich.“ Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Bisher hat mich noch niemand einfach sitzen lassen, so wie Sie neulich im Restaurant. Ich wurde noch nie in einem entzückend französischen Akzent für meine schlechten Manieren zusammengestaucht. Und mit einer Katze, die das Mausen nicht lassen kann, hat mich auch noch niemand verglichen.“
Vor Verblüffung sprachlos, sah Holly zu, wie er sich das restliche Bier einschenkte und einen Schluck davon trank.
„Was jedoch den Ausschlug gab …“, fuhr er seelenruhig fort, „… war Ihre Mutter.“
„Mei…meine Mutter?“
„Ja. Die Art, wie sie sich auf dem Balkon für Sie eingesetzt hat, gefällt mir. Ob sie mit ihrer Lobeshymne auf Sie recht behält, wird sich zeigen, jedenfalls fand ich das sehr sympathisch.“
Die Worte weckten die widersprüchlichsten Empfindungen in Hollys Brust. Seine Meinung über ihre Mutter machte sie glücklich, die Zweifel an ihren, Hollys, beruflichen Fähigkeiten wütend. Nur zu gern würde sie ihm beweisen, dass Sylvias Behauptungen nicht auf fehlgeleitetem mütterlichem Stolz beruhten, sondern auf Tatsachen. Auch wenn sie zu diesem Zweck ein paar Tage auf seiner gottverlassenen Farm zubringen musste …
Weshalb beunruhigte sie dieser Gedanke? Brett Wyndham war ein Mann von Welt, der sich, wie er versicherte, niemandem aufdrängte – was er mit Sicherheit auch nicht nötig hatte. Und sie selbst war kein dummes Mädchen, dem Palmen und Mondschein und männlicher Sex-Appeal den Kopf verdrehten.
Oder machte sie sich in seinem Fall etwas vor? Dass er sie faszinierte, war nicht zu leugnen. Aber Faszination konnte man kontrollieren – oder zumindest ignorieren. Und dieses Interview wäre beruflich ein großer Schritt nach vorn.
„Trotzdem verstehe ich immer noch nicht, weshalb Sie zugestimmt haben“, entgegnete sie frustriert. „Jedermann weiß, wie pressescheu Sie sind.“
„Es hängt mit einem neuen Projekt zusammen, das ich bekannt machen möchte. Ich kenne die Zeitschrift, für die Sie arbeiten, und habe einige Ihrer Reportagen gelesen. Ich glaube, Sie könnten meine Erwartungen erfüllen.“
Hollys Puls schlug plötzlich schneller. Ein neues Projekt …
„Darf man wissen, worum es sich handelt?“
„Noch nicht. Aber es hängt mit Haywire zusammen – ein Grund mehr für Sie, das Anwesen kennenzulernen.“
Verstimmt krauste sie die Stirn. „Nehmen Sie es mir nicht übel, aber Sie können einen ganz schön nerven.“
Um Bretts Mund zuckte es. Offenbar ahnte sie nicht, wie oft sie ihn bereits genervt hatte! Erst im Restaurant mit ihrer scharfen Zunge, danach auf dem Ball mit dieser Holly-Golightly-Scharade – vor allem als er feststellte, dass sich sein Verdruss in Neugier und echtes Interesse umwandelte. Und jetzt saß ihm eine dritte Version der gleichen Person gegenüber, die ihn ganz eindeutig fesselte. Umso mehr, da er das Gefühl hatte, dass sie gegen seinen Charme auch nicht immun war …
Alles in allem war Holly Harding eine neue Erfahrung für ihn. Von Frauen hatte er eine ziemlich genaue Vorstellung, und der Begriff rätselhaft war ihm bisher bei keiner in den Sinn gekommen.
Davon ganz abgesehen mochte er ihren Schreibstil, er war originell, witzig und voller Enthusiasmus. Ganz offensichtlich war Richard Harding seiner Tochter ein guter Lehrmeister gewesen.
„Stört Sie das?“, entgegnete er auf ihre Bemerkung und zog dabei eine Braue in die Höhe.
„Ein bisschen.“ Freimütig erwiderte sie seinen Blick. „Am liebsten würde ich aussteigen, Mr Wyndham, weil Sie bei mir anscheinend die falschen Knöpfe drücken. Allerdings auch ein paar
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