Julia Extra Band 0339
spürbare Anziehungskraft. Sie zuckte mit den Schultern – und wenn schon! Der Mann war ein Abenteurer und ein Einzelgänger, etwas Unnahbares haftete ihm an.
Woran mochte es liegen? An der gescheiterten Verlobung mit dieser Natascha Hewson? Steckte vielleicht mehr dahinter? In Gedanken rekapitulierte sie nochmals das Interviewgespräch vom Vortag, kam aber zu keinem Ergebnis. Außer ein paar Bemerkungen über seine Angehörigen war absolut nichts Persönliches …
Dann stockte ihr der Atem. Brett hatte seine Mutter erwähnt, seine Großeltern und seine beiden Geschwister, aber mit keiner Silbe seinen Vater. War das nicht seltsam? Oder spielte ihre Fantasie ihr einen Streich?
Frustriert schüttelte sie den Kopf – der Mann war ihr ein Rätsel.
Eins war gewiss: Er faszinierte sie. Die Chemie stimmte, und nicht nur die Chemie, seine ganze Persönlichkeit. Und da eben lag die Gefahr – welche Frau mit auch nur einem Körnchen Verstand würde aus freien Stücken das Risiko eingehen, ihr Herz an jemanden wie Brett Wyndham zu verlieren?
5. KAPITEL
Holly begegnete weder Fröschen noch Schlangen, dafür kam Bella ihr schwanzwedelnd entgegen. Sie beugte sich vor und tätschelte die freundliche Hündin. „Was für ein liebes Mädchen du bist.“ Gemeinsam schlenderten sie zum Herrenhaus.
Holly blieb stehen. „Wow!“
Petroleumlampen hingen von den Deckenbalken und verbreiteten sanftes Licht. Der Tisch war mit farbenfrohen Sets und Keramiktellern gedeckt; in der Mitte standen ein Zinnkrug mit wilden Lilien und ein Eiskübel mit einer Flasche Champagner. Das verlockende Aroma von Roastbeef hing in der Luft.
Brett wartete bereits. Sein dunkles Haar war noch feucht vom Duschen und wie üblich ein wenig zerzaust. In der hellen Sommerhose und dem karierten Hemd, das er jetzt trug, sah er umwerfend aus.
„Wie wär’s mit einem Glas?“ Er nahm die Flasche aus dem Eis und machte sich daran, Stanniolfolie und Drahtgestell zu entfernen.
„Gern.“ Sie sah sich um. „Ich muss schon sagen … Für ein Leben im Busch ist das hier aber sehr zivilisiert.“
„Man tut, was man kann. Ein Glas Champagner, Sarah?“, rief er in Richtung Küche.
„Später. Im Moment bin ich zu beschäftigt.“
„Sah Haywire schon immer so aus wie jetzt?“ Holly hob ihr Glas und prostete ihm zu.
„Soweit ich mich erinnere, ja. Die Bungalows wurden renoviert und die Küche modernisiert, aber sonst ist alles wie früher.“
„Eine weise Entscheidung. Dieser Ort ist einfach zauberhaft.“
„Das hat fantastisch geschmeckt.“ Holly legte Gabel und Messer auf den leeren Teller. „Sie sind eine hervorragende Köchin, Sarah.“
„Habe ich von meiner Mutter gelernt.“ Sie stand auf, um das Geschirr einzusammeln. „Es gibt noch Käse und frisches Obst und danach Kaffee.“
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Holly schob ihren Stuhl zurück.
„Auf gar keinen Fall, wozu werde schließlich bezahlt? Nein, Sie leisten Brett Gesellschaft.“
Das war nicht die Antwort, auf die Holly gehofft hatte. Mit Brett allein zu sein behagte ihr nicht. Auch wenn sich ein Teil von ihr genau das wünschte. Unentschlossen stand sie auf, und als sie dabei Bretts wissendem Blick begegnete, wurde ihr heiß. Sie biss sich auf die Lippe und wandte sich ab.
Letztendlich war er es, der die Situation entschärfte, indem er sich ebenfalls erhob und mitteilte: „Ich habe noch ein paar Anrufe zu erledigen. Wenn Sarah keine Hilfe braucht, können Sie sich ja unsere Familienalben vornehmen.“
„Hier gibt es Fotos?“
„Ja.“ Er deutete auf ein Regal in der Bibliothek, auf dem mehrere dicke Alben standen. „Die meisten sind ziemlich alt. Zeitungsausschnitte finden Sie dort ebenfalls, die könnten für Ihre Story nützlich sein.“
Sofort war sie Feuer und Flamme. „Bestimmt. Vielen, vielen Dank.“
„Nichts zu danken“, erwiderte er mit einer ironischen Verbeugung, bei der Holly errötete. Hol ihn der Teufel ! Muss er denn alles durchschauen ?
„Auf dem Tisch daneben finden Sie Papier und Bleistift, sollten Sie Notizen machen wollen.“
„Dann fange ich am besten gleich an“, erwiderte sie steif. „Lassen Sie sich durch mich nicht aufhalten, Mr Wyndham.“
„Zu gütig, Miss Harding.“
Sie knirschte mit den Zähnen.
Als er nach ungefähr einer Stunde zurückkehrte, legte sie Papier und Bleistift beiseite und streckte sich.
„Fertig?“
„Noch lange nicht. Die Bilder sind faszinierend, ich könnte die ganze Nacht hier sitzen.“ Sie
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