Julia Extra Band 0342
in Selbstzweifeln.
„Du hast doch nicht etwa das Abendessen mit meinen Eltern vergessen?“, fragte er besorgt.
„Nein. Ich … mir ist nur einfach die Zeit davongelaufen, tut mir leid.“ Serena stand auf, um in ihr Zimmer zu gehen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie noch immer das Kissen an sich gepresst hielt. Sie warf es auf das Sofa zurück und sagte: „Ach, übrigens habe ich doch beschlossen, die Wohnung umzudekorieren.“
Jonas blinzelte überrascht. „Wirklich?“
„Hast du ein Problem damit?“, fragte sie gereizt.
„Nein, ich frage mich nur … warum diese plötzliche Meinungsänderung?“
Serena hatte nicht vor, den Besuch seiner Exfreundin erwähnen, ganz zu schweigen Janets Angebot, „für ihn da“ zu sein, sobald Serena verschwunden war. Sie zuckte daher nur die Achseln. „Du kennst mich. Ich bin eben spontan.“
Sie verschwand in ihr Zimmer und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Leider wusste sie jetzt noch weniger, was sie anziehen sollte. Aber nachdem sie Janet gesehen hatte, würde sie den Teufel tun, sich dem Geschmack der Benjamins anzupassen. Fluchend schüttelte sie ihr Selbstmitleid ab.
Sei ganz du selbst , hatte Alex gesagt.
Genau diesen Rat würde sie jetzt befolgen.
Sie wühlte in ihrem Kleiderschrank herum und streifte sich ein ärmelloses Kleid mit buntem Paisleymuster über, das sie mit billigen Halsketten und leuchtend roten High Heels kombinierte. Dann flocht sie sich einen Zopf und legte ihre Lieblingsohrringe an – die Hänger, die sie bei ihrer ersten Begegnung mit Jonas getragen hatte.
Als sie sich im Spiegel betrachtete, musste sie lächeln. Heute Abend ähnelte sie nicht der Frau des Kandidaten. Niemand würde sie mit einem Mitglied des Countryklubs verwechseln. Seltsamerweise gab ihr das Selbstvertrauen.
Ja, sie würde sie selbst sein! Zum Teufel mit der Meinung der Benjamins, Jonas’ eingeschlossen!
9. KAPITEL
Jonas machte das bevorstehende Essen bei seinen Eltern ganz schön zu schaffen, obwohl er genau wusste, dass sie sich Serena gegenüber tadellos benehmen würden. Genauso höflich und liebenswert wie bei jedem anderen Gast auch – denn mehr würde Serena nicht für sie sein. Schließlich wussten sie bereits, dass ihre Ehe nur auf Zeit geplant war.
Aber was würde Serena von ihnen halten? Ihre Meinung war ihm vor allem deshalb wichtig, weil sie irgendwie auch auf ihn selbst zurückfiel.
Nachdenklich betrachtete er sein Spiegelbild. Das maßgeschneiderte Hemd und die Krawatte, die sein persönlicher Einkäufer für ihn ausgesucht hatte, passten perfekt zu seinem Anzug im Fischgrätmuster. Seufzend schloss er die Augen. Himmel, fand Serena ihn eigentlich genauso langweilig, wie er aussah?
Er wusste, dass sie ihn manchmal für spießig und konservativ hielt – und das nicht nur, was seinen Kleidungsstil anging. Okay, er mochte Ordnung, und sein Beruf erforderte eine Garderobe, die vor allem aus maßgeschneiderten Anzügen bestand, aber manchmal kam er sich in ihrer Gegenwart ein bisschen steif und humorlos vor.
Dabei entdeckte er in letzter Zeit Seiten an sich, von deren Existenz er bisher nie etwas geahnt hatte. Schockierendes Verhalten in der Öffentlichkeit beispielsweise – immerhin hatte er eine Unbekannte in einer Bar geküsst. Und Spontaneität. Ihre Hochzeit in derselben Nacht war der beste Beweis dafür.
Als Serena eine halbe Stunde später das Wohnzimmer betrat, verschlug ihr Anblick ihm fast den Atem. Ihr gewagtes Kleid und ihr Schmuck passten überhaupt nicht zusammen. Das einzig Formelle an ihrer Erscheinung war das zurückgebundene wilde rote Haar, von dem ihr jedoch ein paar Strähnen ins Gesicht fielen. Keine andere Frau seiner Bekanntschaft würde sich je so zurechtmachen, schon gar nicht mit solcher Bravour. Sie sah absolut hinreißend aus.
Und sie passte überhaupt nicht zu seiner Familie. Das war ihm schon bewusst, bevor sie sich zu seinen Eltern ins Esszimmer gesellten. Und das lag nicht nur an ihrer Kleidung, sondern auch an ihrer Lebhaftigkeit und ihrem Lachen. Sie wirkte wie ein Pfau in einem Zimmer voller trauernder Tauben.
Jonas hatte zwar damit gerechnet, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen würde, jedoch nicht mit der positiven Reaktion seiner Mutter. Sie unterhielt sich äußerst angeregt mit Serena und lachte viel. Das konnte unmöglich nur das Resultat guter Manieren sein.
„Kein Wunder, dass sie den Ring nicht mochte, den ich ausgesucht habe“, murmelte seine Mutter ihm zu, als
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