Julia Extra Band 0342
helfen, ist nun einmal mein Naturell.“
Aus einem Impuls heraus legte sie die Hand auf seine. Verdammt! Jetzt hatte sie ihn doch berührt. Ihre Hand jetzt wieder zurückzuziehen, würde einen ziemlich seltsamen Eindruck machen. Also musste sie jetzt da durch.
„Ich finde es wirklich lieb von dir, dass du dir solche Gedanken um mich machst“, sagte sie.
Zu ihrer Überraschung stieß Wyatt plötzlich einen leisen Fluch aus. „Du treibst mich in den Wahnsinn!“, sagte er wütend. „Anscheinend hast du keine Ahnung, wen du eigentlich vor dir hast. Ich bin kein guter Mensch und auch nie einer gewesen. Als ich klein war, wurde meine Familie kaum mit mir fertig. Sie haben mich schrecklich behandelt, aber ich habe ihnen auch das Leben zur Hölle gemacht!“
„Ach“, sagte Alex. Allmählich bekam sie eine Vorstellung von seiner Vergangenheit. Unwillkürlich fiel ihr wieder die Szene mit dem kleinen Jungen und dem brutalen Mann ein. „Haben sie dich etwa geschlagen?“
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Ich möchte nicht darüber reden“, sagte er ausweichend. „Hauptsache, du begreifst, dass ich nicht derjenige bin, für den du mich hältst. Ich habe im Laufe meines Lebens viele Menschen verletzt, vor allem Frauen. Es steckt einfach in mir.“
Er drehte seine Hand um, die auf dem Tisch lag, und umfasste ihre.
Alex fiel wieder ein, was Randy gesagt hatte – dass Wyatt sich immer zurückzog, wenn er einer Frau das Herz gebrochen hatte. Anscheinend wegen überwältigender Schuldgefühle. Wenn man in seiner Kindheit misshandelt wurde und nie Liebe erfahren hatte, dann … was dann?
Wurde man dann vielleicht besonders ehrgeizig? Entwickelte man den brennenden Wunsch, sich und aller Welt zu beweisen, dass man zu etwas gut war? Und auf privater Ebene … kapselte man sich vielleicht von seinen Mitmenschen ab, weil man zu große Angst davor hatte, sich von jemandem emotional abhängig zu machen?
Schon möglich.
„Hast du wirklich so viele Frauen verletzt?“, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung fragen. Immerhin hatte Wyatt gerade gesagt, dass er nicht über persönliche Dinge reden wollte. „Tut mir leid“, fügte sie hastig hinzu. „Ich habe nur gerade laut gedacht. Ich hätte den Mund halten sollen.“
Wyatt seufzte tief. „Schon gut. Die Antwort lautet ja. Natürlich nicht physisch, aber emotional auf jeden Fall.“
Schweigend wartete Alex darauf, dass er fortfuhr, doch es kam nichts mehr. Sie beschloss, lieber nicht weiter in ihn zu dringen.
„Na schön, ich verspreche dir, in Zukunft besser auf mich zu achten“, sagte sie, um das Thema zu wechseln. „Wenn du willst, stelle ich mir sogar den Wecker, um regelmäßig Pause zu machen. Und ich verspreche dir, mich nicht in dich zu verlieben. Ich will nicht, dass du meinetwegen Schuldgefühle hast.
Allerdings würde es ihr sehr schwerfallen, einem Mann zu widerstehen, der sich so rührend um seine Angestellten kümmerte. Es machte sie zunehmend nervös, dass er noch immer ihre Hand hielt. Zumal er inzwischen ihre Handfläche streichelte. Hm, ein himmlisches Gefühl …
Sie warf einen vielsagenden Blick auf ihre Hand und hob dann den Kopf.
Achselzuckend ließ Wyatt sie los. „Sorry, mein Fehler.“
Alex wollte ihn gerade daran erinnern, dass sie mit dem Händchenhalten angefangen hatte, doch er verbot ihr mit einem strafenden Blick das Wort.
„ Mein Fehler“, wiederholte er.
Alex nickte. „Okay, du bist der Boss“, sagte sie.
„Manchmal bezweifle ich das“, murmelte er, als der Kellner kam und ihre Bestellung entgegennahm.
6. KAPITEL
„Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?“, fragte Jayne später am Abend beim Skypen mit Alex und Molly. „Du wirst jedes Mal rot, wenn du von Wyatt sprichst.“
„Alles okay, wirklich“, log Alex. „Ich habe die Situation voll im Griff.“
Eine längere Gesprächspause folgte. „Was für eine Situation meinst du denn?“, fragte Jayne verwirrt.
Mist! Da hatte sie sich wohl verplappert. „Wyatt und ich haben uns ein Mal geküsst“, gestand sie.
„Alex!“, rief Molly entsetzt.
„Aber inzwischen bin ich brav, ehrlich. Das mit dem Kuss lässt mich kalt. Ich bin darüber hinweg“, fügte Alex hinzu, hätte sich im nächsten Moment jedoch am liebsten auf die Zunge gebissen. Verdammt!
„Das gefällt mir alles überhaupt nicht“, sagte Molly besorgt. „Dieser Kuss …“
„Das war rein körperlich“, unterbrach Alex sie hastig. „Er war …“ der
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