Julia Extra Band 0342
auch nicht, dass ich mir vorstellen kann, welche Verantwortung du trägst. Aber ich weiß, dass schöne Frauen nicht jeden Tag durch die Tore dieser Firma kommen und um einen Job bitten, bei dem es erforderlich ist, dass sie eng mit dir zusammenarbeiten.“
Das stimmte. Und einen Moment lang führte ihn der Gedanke, Molly Hunter jeden Tag zu sehen, die berauschenden Nuancen ihres Parfüms einzuatmen oder den hellen Klang ihres Lachens zu hören, erneut in Versuchung.
„Ich habe bereits Roy gebeten, sich mit ihr zusammen um dieses Projekt zu kümmern“, sagte Linc. „Hast nicht du mir erklärt, in meinem Terminkalender sei kein Platz für auch nur eine weitere Sache?“
„Das war, bevor ich dich mit Molly gesehen habe.“ Conner grinste. „Du kannst mir den ganzen Tag lang erzählen, dass du dich nicht für sie interessierst, aber ich hab’s in deinem Gesicht gesehen: Du tust es.“
Linc sah Conner betont an. „Ich muss weiter arbeiten.“
Conner trat zurück und hob die Hände.
„Wie du willst. Aber ich glaube, dass du eine erstklassige Chance vergibst, etwas zu bekommen, was eigentlich jeder Mensch außer dir hat.“
Lincs Blick war bereits auf die Gewinn- und Verlusterklärungen vor ihm gesunken. Er sah die Zahlen jedoch nur verschwommen.
„Und was soll das sein?“
„Ein Leben.“
Damit verließ Conner Lincs Büro.
Linc seufzte und stürzte sich in die Zahlen und Tabellen. Darin Trost zu suchen, war die beste Entscheidung, sagte er sich.
Er musste nur einen Blick in das leere Büro neben ihm werfen, dann wusste er wieder, warum es das Beste war, hinter seinem Schreibtisch zu bleiben. Anstatt davonzurennen wie ein verknallter Teenager. Mit der einen Frau, durch die er eine Nacht lang sein normales Leben vergessen hatte.
Arbeite! Denk nicht an Molly! Sei vernünftig! Konzentrier dich!
Bis zehn hielt Linc es aus.
Dann gab er es auf, so zu tun, als würde er arbeiten. Seine Konzentration war im Eimer – so ziemlich von dem Moment an, in dem seine Assistentin ihm mitgeteilt hatte, dass Molly zur Arbeit erschienen war.
Er eilte hinunter in den sechsten Stock.
Er würde nur kurz nach dem Rechten sehen, das war alles. Danach konnte er sich wieder auf die Arbeit konzentrieren.
Als er den Forschungs- und Entwicklungsraum erreichte, hielt er kurz vor der geöffneten Tür inne.
Molly kauerte halb auf einem der Tische und blickte dabei über die Schulter von Roy, einem Grafikdesigner der Firma. Jerome, ein weiterer Grafikdesigner, saß an einem benachbarten Computer und arbeitete ebenfalls an dem Programm. Beide tippten angestrengt auf der Tastatur vor sich hin und gaben in Rekordgeschwindigkeit Computercodes ein.
Molly lachte hell und fröhlich über etwas, das Roy sagte.
Linc ertappte sich bei einem Lächeln und fragte sich, welche witzige Bemerkung Molly wohl ein solch bezauberndes Geräusch entlockt hatte.
Gleichzeitig brandete ein seltsames Gefühl – er sträubte sich dagegen, es Eifersucht zu nennen – in ihm auf. Er war nicht derjenige gewesen, der sie zum Lachen gebracht oder dieses Lächeln auf ihre Lippen gezaubert hatte.
„Na, wie läuft’s?“
Beim Klang seiner Stimme drehte Molly sich zu ihm um.
„Linc!“
Sein Pulsschlag beschleunigte sich, als sie voller Freude seinen Namen aussprach. Das war nicht gut – ganz und gar nicht. Er war nur hier heruntergekommen, um sich ein Bild über die Fortschritte zu machen. Eigentlich wollte er nur kurz reinschauen, ein paar Fragen stellen und wieder gehen.
Und schon jetzt ertappte er sich dabei, wie er sich nach einem Stuhl umsah. Einem freien Platz neben Molly.
Roy drehte sich zu Linc um.
„Alles bestens, Mr Curtis. Wir kommen gut voran. Da Sie den Prototyp bereits entwickelt haben, hilft Molly uns bei der Entwicklung zusätzlicher Funktionen innerhalb der Software. In wenigen Tagen müsste ich ein Arbeitsmodell fertig haben. Wie gesagt, nichts Endgültiges. Nur ein grobes Muster für den ersten Eindruck.“
Linc nickte. Roy wandte sich wieder dem Computer zu – und Molly. Linc wusste, dass das sein Stichwort war. Er konnte wieder gehen. Er hatte bekommen, was er gewollt hatte: einen Zwischenbericht.
Molly winkte ihn zu sich.
„Willst du mal sehen?“
Mehr musste sie nicht sagen. Eigentlich hätte er durch die Tür gehen sollen, doch seine Beine führten ihn ohne Zögern quer durch den Raum bis zu ihr.
Er deutete auf das Notizbuch neben ihr.
„Ich hoffe, du konntest meine Anmerkungen lesen?“
Molly lachte.
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