Julia Extra Band 0342
Nachbarschaft mit und bevor sie sichs versahen, war aus dem Spiel eine chaotisch-spaßige Rutschpartie auf dem Rasen geworden.
Als er das Spiel zuletzt gespielt hatte, war er in Marcus’ Garten gewesen. Mit seinem Bruder und dessen beiden Kindern. Noch immer konnte er Annas und Daniels Gelächter hören, noch immer die Überraschung auf ihren Gesichtern sehen, wenn das Wasser gegen ihre Beine klatschte.
Eine Woche später hatte es nichts mehr gegeben, worüber die Kinder noch lachen konnten.
Und das war Lincs Schuld gewesen.
„Ja, genau!“, sagte Molly. „Ich finde, so etwas könnten wir in der Software gut gebrauchen. Wir könnten so eine Art interaktiven Völkerball daraus machen. Ich würde gerne mehr über die Regeln erfahren, sodass ich …“
„Dafür habe ich jetzt keine Zeit“, sagte Linc. „Ich muss arbeiten.“
„So leicht kommst du mir nicht davon.“
Er hob eine Braue. „Du … Was?“
„Du hast mich eingestellt, damit ich dieses Projekt leite. Und als Leiterin dieses Projekts …“ Sie holte tief Luft und stellte sich auf. „… befehle ich dir, dich daran zu beteiligen.“
Oh, diese Frau bedeutete Ärger. Und zwar mächtigen.
„Ich bin der Geschäftsführer, Molly. Das kannst du nicht machen. Ich unterzeichne deine Schecks.“
Sie grinste. „Und ich kann ohne das Zutun des Erfinders nicht weitermachen.“ Sie hob die Hände. „Da stecken wir wohl in einer Sackgasse, Mr Curtis.“
Die förmliche Anrede ließ ihn zusammenzucken. Tausende Menschen nannten ihn täglich so, aber von Mollys Lippen klang es wie ein Flirtversuch.
Geh einfach! mahnte ihn seine innere Stimme. Geh wieder an die Arbeit! Es gibt keinen Anlass, mit einer Frau wie ihr anzubandeln. Einer Frau, die … etwas verdient, das du ihr nicht geben kannst – und auch nicht geben solltest.
Er stand auf, ging einen Schritt auf sie zu und ignorierte dabei sämtliche Warnsignale in seinem Kopf. Er sah nur noch ihre Augen, ihr Lächeln, ihre Lippen.
„Danach sieht es wohl aus, nicht wahr?“
Sie holte tief Luft. Überraschung flackerte in ihren Augen auf, als er wieder näher kam. „Was sollen wir da bloß tun?“
Er wusste genau, was er tun wollte. Er wollte fortsetzen, was sie vor zwei Monaten begonnen hatten.
Er wollte sie wieder küssen, sie mit zu sich in sein Apartment nehmen und sich nicht nur eine Nacht, sondern Tage Zeit nehmen, um jeden Zentimeter ihrer zarten Haut zu erkunden. Um sie von Kopf bis Fuß zu küssen. Sie wieder und wieder zu lieben, bis der Drang, den er in ihrer Nähe verspürte, endlich gestillt war.
Dieser Drang, das Bedürfnis nach dem Unmöglichen. Nach dem, was sein Bruder gehabt hatte. Diese Aussicht auf ein Happy End.
Er hob eine Hand und griff nach einer ihrer langen braunen Locken. Sie glitt durch seine Finger wie Seide und die Erinnerung daran, wie er sie in seinen Armen gehalten hatte, erfasste ihn.
Ihre Lippen öffneten sich und der Drang, sie zu küssen, ihre Lippen noch einmal zu schmecken, pulsierte in seinem Bewusstsein.
Sein Handy vibrierte an seiner Hüfte und brachte ihn abrupt in die Realität zurück. Er wurde gebraucht.
Was zur Hölle trieb er da bloß? Er handelte hier wirklich nicht klug oder vernünftig. Sondern völlig irrational. Er überließ seinen Hormonen die Kontrolle über sein Urteilsvermögen. Und das sah ihm gar nicht ähnlich.
Linc trat zurück und ließ Molly los.
„Tut mir leid, ich habe zu wenig Zeit, um dir eine große Hilfe zu sein. Roy kennt mich gut genug. Deshalb habe ich ihn ja zum Chefdesigner dieses Projekts ernannt. Mit seiner Hilfe wirst du das Programm auch ohne einen weiteren Beitrag von mir entwickeln können, da bin ich mir sicher.“
Dann machte er auf dem Absatz kehrt und konzentrierte sich auf seine Arbeit, bevor sich das Gefühl der Verantwortung in Unglück verwandeln konnte.
Am Ende des Arbeitstages fuhr Molly im Firmenfahrstuhl nach oben, obwohl sie eigentlich hätte gehen sollen. Zurück in den Hamilton Tower. Ihre Arbeit war für heute getan. Jeder andere im Gebäude war bereits nach Hause gefahren.
Jeder außer Linc.
Das wusste sie deshalb, weil sie vor wenigen Minuten eine E-Mail von ihm erhalten hatte. Direkt und ohne Umschweife ging es darin ausschließlich um geschäftliche Dinge.
Wenn sie klug war, würde sie das richtig interpretieren: Als ein deutliches Signal dafür, dass er nichts anderes als die Arbeit zwischen sie kommen lassen wollte.
Es sei denn …
Sie hatte heute etwas in seinen Augen bemerkt.
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