Julia Extra Band 0347
einschätzte. „Wie viele Kinder hättest du denn gern?“
„So viele, wie du haben möchtest, mein Liebling.“ Lächelnd fügte er hinzu: „Ich weiß, es wird mir enormen Spaß machen, sie mit dir zu erschaffen. Aber jetzt lass uns endlich tanzen gehen. Zeigen wir der ganzen Welt, dass wir zusammengehören. Denn das tun wir, Ivy. Ich bin dein Mann und du bist meine Frau, und wir lassen niemanden je zwischen uns kommen.“
„Nein, niemanden.“ Sie schlang die Arme um seinen Nacken. Ihre Tränen waren längst getrocknet. „Aber erst küsst du mich, Jordan.“
– ENDE –
Rendezvous mit einem Unbekannten
1. KAPITEL
Um sechs Uhr morgens war Grace Marlowe normalerweise zu nichts zu gebrauchen. Mit klopfendem Herzen stand sie in ihrer dunklen Küche, während erste Lichtstrahlen durch die Jalousien sickerten. Alles um sie herum kam ihr grau vor, selbst die grünen Becher und der rosafarbene Toaster. Es war wirklich eine abscheuliche Tageszeit.
Wie im Traum öffnete sie einen der Schränke. Es war egal, welcher, Hauptsache sie tat irgendetwas. Denn sie wollte nicht länger darüber nachdenken, warum ihre kleine Wohnung ihr an diesem Morgen wie ein tiefes schwarzes Loch erschien.
Wie in Trance stellte sie den Wasserkocher an, der mit seinem röhrenden Geräusch die morgendliche Stille empfindlich störte. Sie musste ihn unbedingt bald wieder entkalken. Schuld an dem vielen Kalk war das verfluchte harte Londoner Wasser.
Grace blinzelte. Für Sekunden hatte sie ihre Einsamkeit und Traurigkeit vergessen. Vielleicht ein gutes Zeichen.
Sie griff nach ihrem hellrosa Lieblingsbecher, auf dem in purpurnen glitzernden Lettern „Hot Mama“ geschrieben stand. Ein Geschenk zum letzten Muttertag von Daisy, die Graces Hang zum Kitsch kannte und wusste, dass ihrer „Hot Mama“ die Aufschrift und die grellen Farben gefallen würden.
Augenzwinkernd hatte Daisy ihn ihr überreicht und Grace zum Schmunzeln gebracht. Wie schön, dass ihre Tochter Graces Sinn für Humor geerbt hatte. Doch als das Lachen verstummt war, waren Tränen gefolgt. Die Zeit der Zöpfe und aufgeschlagenen Knie war endgültig vorbei. Daisy war erwachsen geworden und bereit, das häusliche Nest zu verlassen.
Genauer gesagt, war sie bereits ausgeflogen.
In wenigen Wochen war wieder Muttertag, und es würde das erste Mal sein, dass Grace an diesem Tag nicht irgendetwas Verrücktes mit ihrer Tochter unternehmen würde. Letztes Jahr waren sie zur Eisbahn gefahren und hatten den ganzen Nachmittag damit verbracht, immer wieder auf dem Hosenboden zu landen. Danach hatten sie Berge von chinesischem Essen mit nach Hause genommen. Dieses Jahr würde Daisy an diesem Tag jedoch in Europa sein. Ein ganzes Jahr wollte sie mit dem Rucksack herumreisen, bevor sie mit dem Studium anfing.
Grace presste den Becher fest an die Brust. Sie vermisste ihre Tochter schon jetzt, dabei war sie erst gestern abgereist. Wie übertrieben pathetisch!
Geräuschvoll stellte sie den Becher auf der Arbeitsplatte ab und verschränkte die Arme vor der Brust, die Brauen fest zusammengezogen. Komm schon, Grace! Du wolltest doch cool bleiben, oder? Wolltest die liberale Mum sein, auf die Daisys Freundinnen allesamt neidisch waren. Die Mum, die mit Netzstrümpfen und kniehohen Stiefeln beim Elternabend erschienen war und sich als Weihnachtsmann verkleidet hatte, weil der dafür vorgesehene Vater zu verkatert gewesen war, um die Rolle zu übernehmen.
Aber Grace war jetzt alles andere als cool. Das erste Mal seit neunzehn Jahren fühlte sie sich alt und einsam. Jemand musste ihr in der Nacht ein Stück ihrer Seele geraubt und sich damit davongestohlen haben. Und dieser Teil befand sich jetzt irgendwo in dieser Welt.
Sie machte sich einen Tee und knipste die Lampe über dem Herd an. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und legte den Kopf auf den Tisch. Im Dunkeln zu sitzen ist auch keine Lösung, dachte sie. Heißer Dampf stieg aus dem Becher, der vor ihr stand. Schließlich hob sie den Kopf und nahm einen Schluck.
Pfui Teufel! Was war mit ihrem Tee los? Ein Blick in den Becher genügte. Kein Teebeutel. Lauwarmes Wasser mit Milch war nicht gerade lecker.
Seufzend stand sie auf und öffnete den Schrank, um einen Beutel Earl Grey herauszuholen. In dem Augenblick fiel ein kleiner rosa Umschlag heraus und flatterte auf den Fußboden.
Grace bückte sich und blickte auf die wohlbekannte rundliche Schrift. MUM. Ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht. Seitdem sie schreiben konnte, hatte
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