Julia Extra Band 0347
er ihren kecken Ausdruck. Wie war es möglich, dass jemand nur mit dem Heben der Augenbraue so viel ausdrücken konnte?
„Glauben Sie nicht an das Schicksal, an Vorbestimmung?“, wollte sie wissen.
„Nein“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen.
„Es ist also alles nur Zufall und eine chemische Reaktion?“
„Na ja, zum Teil … zumindest, was die sexuelle Anziehung anbetrifft. Aber es geht nicht nur darum. Sich für jemanden zu entscheiden, mit dem man sein Leben teilen möchte, geht gewiss über die Körperchemie hinaus. Glauben Sie an Vorsehung?“
Grace stellte ihre Tasse ab und sah an die Decke. „Ich weiß nicht … Es ist ein beruhigender Gedanke, dass Liebe nicht einfach nur eine rein biologische Sache ist. Wo wäre sonst die Magie?“
Oh, wenn sie den Zauber suchte, dann war sie an den Falschen geraten. Romantik und Magie hatte er abgeschrieben. Loyalität, Ehrlichkeit, Vernunft – all diese Dinge besaß er in höchstem Maße, doch ohne einen Funken von Glauben an Magie. So war er eben. Er wollte die Dinge mit Bedacht angehen.
„Warum sind Sie bei Blinddatebrides.com gelandet?“, erkundigte er sich.
Grace schüttelte den Kopf. „Um ehrlich zu sein, kannte ich bis heute Morgen diese Website überhaupt nicht. Jemand hat mich angemeldet. Und ich werde ihr den Hals umdrehen, wenn ich sie zu fassen kriege …“ Sie biss sich auf die Lippen und verzog das Gesicht. „Entschuldigung. Das war nicht so gemeint. Das heißt nicht, dass ich es bereue, Sie getroffen zu haben.“
„Natürlich nicht.“
Er mochte ihre unverblümte Art.
„Werden sie Ihrer Freundin von mir erzählen?“
Grace stellte ihre Tasse ab. „Oh, es handelt sich nicht um eine Freundin. Es war meine Tochter.“
Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, dass Grace Kinder haben könnte. Und er taugte nichts, was den Umgang mit Kindern anbetraf.
„Sie haben eine Tochter?“ Er versuchte einen beiläufigen Ton anzuschlagen.
Sie nickte. „Daisy. Sie ist neunzehn und versucht, mein Leben nach ihrem Geschmack zu arrangieren.“
Neunzehn. Das hörte sich schon besser an.
„Sie sind also geschieden?“
Sie schüttelte den Kopf. „Verwitwet.“ Ihre Hände flogen nach oben. „Sehen Sie mich nicht so an!“
Er blinzelte irritiert. Was meinte sie?
„Es ist lange her. Ich war fast noch ein Teenager bei meiner Heirat und bald darauf schon wieder auf mich allein gestellt.“ Sie warf ihm einen trotzigen Blick zu, sodass er Mitleid für sie empfand.
„Wie ist Ihr Mann gestorben?“
„Danke, dass Sie fragen. Die meisten Menschen wechseln an diesem Punkt das Thema.“ Sie schob das Kinn nach vorne und sah ihm in die Augen. „Rob war Soldat und ist im zweiten Golfkrieg gefallen.“
Noah nickte. „Ich war auch im Irak.“
Sie presste die Lippen zusammen und schenkte ihm ein dünnes Lächeln.
Ein Gefühl stiller Übereinkunft lag zwischen ihnen. Viele seiner Freunde waren nicht zurückgekehrt, und er hatte zahlreiche Witwen zusammenbrechen sehen. Aber Grace schien sich nicht vom Leben unterkriegen zu lassen, hatte ihre Tochter allein großgezogen. Bestimmt war sie eine gute Mutter und immer bemüht, auch den väterlichen Part zu übernehmen. Wenn nur jedes Kind sich so glücklich schätzen könnte. Fast war er neidisch auf die Tochter.
Genug der Emotionen, zu viele unbewusste Wünsche kamen an die Oberfläche. Grace hatte andere Vorstellungen von einer Beziehung als er, suchte nach der großen Magie. Er spürte, dass er sich zurückziehen sollte.
„Nun, Grace …“ Er trank seinen Espresso aus und erhob sich. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.“ Er zuckte die Achseln. „Kann ich Ihnen ein Taxi rufen oder Sie irgendwo absetzen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Ich bin schon zu Hause. Meine Wohnung liegt genau hier drüber.“
„Es war schön …“
„Ja, das war es“, erwiderte sie lächelnd.
Die Frage nach einem Wiedersehen lag ihm auf den Lippen, doch er sagte nichts. Schweigend folgte sie ihm zum Ausgang.
In der Tür drehte er sich zu ihr um. „Es war schön, Sie kennengelernt zu haben, Grace.“
„Das sagten Sie bereits.“
Er trat aus dem Schutz des Eingangs in den peitschenden Regen hinaus und schüttelte sich angesichts der plötzlichen Kälte.
Grace stand vor der Glastür. Das Lachen war aus ihren Augen verschwunden, während sie ihn gespannt ansah.
„Gute Nacht, Noah“, sagte sie leise.
Plötzlich war er mit zwei
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