Julia Extra Band 0347
über seine Finger lief. Dann nahm er einen Strohhalm und stach damit durch die dicke Schale. Georgie verfolgte seine Bewegungen wie hypnotisiert, denn in ihrer Vorstellung war es ihr Fleisch, das er mit geübten Fingern liebkoste, und sie hielt den Atem an. „Jetzt du.“
Sie ahmte ihn nach, wenn auch lange nicht so geübt wie er, und trank von der Frucht. Der Saft war süß und frisch und köstlich, und doch hätte sie viel lieber die Tropfen von seinen Fingern geleckt.
Anschließend aßen sie, und dieses Mal war es völlig anders. Sie nahm jeden Bissen wahr, den sie in den Mund nahm, der ihre Kehle hinunterglitt, und genoss es, da Ibrahim ihr dabei zusah. Und sie wünschte, seine Lippen würden dem Weg seines Blicks folgen.
„Kein Besteck.“ Bei ihm klang das so verführerisch, und er ließ Essen an sich herrlich dekadent erscheinen. Zum ersten Mal in ihrem Leben tat es Georgie leid, als das Mahl vorüber war und sie sich auf die Couch setzten. Sie wollte wieder an den Tisch zurück …
Und Ibrahim wusste es.
Doch auf den Sofas war es sicherer. Georgie nahm eine zweite Tasse von dem süßen starken Kaffee, um wieder nüchtern zu werden … das Essen mit Ibrahim hatte sie berauscht.
„Das Problem an Antiquitäten ist“, sagte er, als er ihre Tasse aus einer Kanne nachfüllte, die er noch aus seiner Kindheit kannte, „dass es eigentlich Sachen sind, die nie ausrangiert wurden. Nichts ändert sich, alles bleibt gleich.“
„Gefällt es dir hier nicht?“
„Doch, schon. Aber nicht immer.“ Er bemerkte ihre Verwirrung. „Ich kenne jede Ecke in diesem Zelt. Als Kinder kamen wir oft her. Damals war es schön.“ Er wollte nicht reden, er wollte verführen. Langsam verführen … sie sollte ihn am nächsten Morgen begehren. Doch ohne dass es ihnen beiden bewusst wäre, verlangte sie bereits mehr von ihm als er zu geben bereit war.
Manchmal … manchmal hörte er sich Dinge zu ihr sagen, die er keinem anderen Menschen je anvertraut hatte, und sie hörte es sich nicht nur einfach an, sie stimmte auch nicht nur einfach zu, sondern sie nahm teil.
„Als deine Mutter noch hier war? Änderte es sich, als sie nicht mehr mitkam?“
Er schloss die Augen und dachte über ihre Frage nach. Ja, damals war es anders gewesen. Sein Vater hatte gelacht, die Kinder hatten gespielt. Einmal waren sie einen Tag lang auf der Suche nach einer wilden Blume gewesen, die die Zofe auf das Frühstückstablett der Mutter legen konnte. Ahmed und er hatten sich in einer Höhle versteckt und den ganzen Tag dort gespielt, bis die Dienstboten sie abends endlich fanden. Es war so aufregend gewesen, dass es selbst das Donnerwetter des Vaters wert gewesen war.
Wenn er mit Ahmed zusammen gewesen war, hatte es keine Angst gegeben, nur die Arroganz der Jugend und die Überzeugung, dass nichts den jungen Prinzen etwas anhaben konnte.
„Es änderte sich einfach“, erwiderte er schließlich.
„Nachdem Ahmed gestorben war?“
Sie begab sich auf ein Gebiet, auf das sich niemand wagte, nicht einmal er selbst. „Für ihn hätte ich den Thron bestiegen, ich hätte ihm die Bürde abgenommen.“ Das, was er empfand, ging weit über Wut hinaus. „Hätte er nur ein Wort von seinen Ängsten gesagt. Stattdessen …“ Er konnte dem Bruder nicht vergeben, und das hatte einen Teil in ihm absterben lassen. Er konnte nicht darüber reden. „Es gab viele Gründe, weshalb es sich änderte. Zuerst war es ein Spielplatz, doch mit siebzehn, bevor man seinen Armeedienst tut, verbringt man einen Monat allein hier draußen.“
„Allein?“
Er nickte. „Es ist das gleiche Gefühl wie als Kind, nur dass dieses Mal niemand da ist, der dich im Auge behält. In der Zeit wappnet man sich, um den Rückweg nach Hause anzutreten.“
„Zu Fuß?!“ Georgie war entsetzt. Ein Teenager, der sich allein überlassen blieb, um dann meilenweit durch die Wüste zurück zum Palast zu laufen. „Und dann darf man zur Armee – was für eine Belohnung!“
„Nein, die Belohnung ist, dass man anschließend zum Mann gemacht wird.“ Sein Blick haftete auf ihrem Gesicht, und nur langsam begriff Georgie den Sinn seiner Worte.
„Das ist obszön!“
„Wieso?“ Er war verwundert. „Ich bin ein Prinz von königlichem Geblüt. Die Frau, die ich heirate, muss unberührt sein. Deshalb war es meine Pflicht, Erfahrung als Liebhaber zu sammeln.“
„Um sie einzuweihen“, spie sie aus.
„Natürlich. Aber auch ein Lehrer muss erst unterrichtet werden.“
Sie erinnerte sich
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