Julia Extra Band 0347
stärker.
Zerbrechlich, pah! Wie konnte er es wagen?!
Sie nahm die Phiole mit Melisse auf und roch daran, um sich zu beruhigen. Stattdessen schleuderte sie das Fläschchen wütend gegen die Wand. Der Geruch würde sie immer an die Wüste erinnern, genau, wie es Sophia geschehen war.
Wie konnte Sophia behaupten, sie sei zufrieden mit ihrem Leben?! Die Königin hatte gelogen, und Georgie nahm es ihr nicht einmal übel.
Sie würde zu Sophia fahren und mit ihr reden, aber dieses Mal offen und ehrlich. Vielleicht, wenn die Königin ihren Schmerz zugab, würde es Georgie helfen, die Entscheidung, die sie getroffen hatte, zu besiegeln.
„Du Narr!“ Ibrahim drängte sich an seiner Mutter vorbei und marschierte auf seinen Vater zu. Er zog einen Wirbel finsterer Energie hinter sich her, und seine Mutter blieb wie erstarrt an der Tür stehen. Bange Furcht hatte sie befallen – die Furcht, dass sie die beiden Männer, die sie am meisten liebte, nicht mehr würde aufhalten können.
„Du wagst es, so mit mir zu reden?!“ Der König war vom Sofa aufgesprungen. „Ich bin dein Vater und dein König!“
„Du bist nicht länger mein König“, konterte Ibrahim rau. „Ich habe endgültig genug. Eine Familie sollte zusammenhalten – doch du hast meine Mutter ausgeschlossen.“
„Es gab keine andere Möglichkeit.“
„Du bist König, du machst die Regeln.“ Das Weinen seiner Mutter drang aus der Diele zu ihm, dennoch konnte er sich nicht beherrschen. „Sie sollte zu Hause sein, zusammen mit dir, und sich nicht in einem anderen Land verstecken müssen. Sie ist die Mutter deiner Söhne.“
„Sie war untreu.“
„So wie du auch!“ Ibrahim schleuderte dem Vater die Herausforderung entgegen. Er stellte die Regeln infrage, die ihn, seinen Vater, seine Familie fesselten und die eine Zukunft unmöglich machten. „Du hattest unzählige Geliebte.“
„Ich bin der König!“ Vor Empörung brüllte er. „Deine Mutter hatte vier kleine Kinder, sie sollte sich nicht auch noch um meine Bedürfnisse kümmern müssen.“
„Und was war mit ihren Bedürfnissen? Die hatte sie nämlich, nur warst du zu blind, um es zu erkennen.“
„Ibrahim, bitte“, flehte Sophia aus der Diele. „Hör auf damit.“
Als Georgie vor Sophias Haus vorfuhr, konnte sie die Königin an der Tür stehen sehen – mit tränenüberströmtem Gesicht. Hastig kletterte sie aus dem Wagen und lief zu ihr.
„Er wird ihn umbringen, dafür, wie er mit ihm spricht. Sie müssen Ibrahim aufhalten, Georgie“, flehte die Ältere. „Bitte!“
Doch Ibrahim würde sich nicht aufhalten lassen, das wusste Georgie. Wie auch bei Felicity und ihr war es eine Konfrontation, die sich schon lange angebahnt hatte, weil zu vieles nicht ausgesprochen worden war. So hielt sie nur Sophias Hände und hörte auf die lauten Stimmen, die aus dem Hausinneren drangen.
„Du hast ihr nicht einmal die Möglichkeit geboten, es würdevoll zu beenden.“ Voller Abscheu schüttelte Ibrahim den Kopf. „Bring sie nach Hause zurück.“
„Das Volk wird sie nicht akzeptieren und den Respekt vor mir verlieren, weil ich ihr verziehen habe!“
„Es wird viele geben, deren Respekt für dich nur wachsen wird!“, hielt Ibrahim dagegen. „Unter anderem dein Sohn.“
Der König musterte seinen jüngsten Sohn. Den, aus dem er am wenigsten schlau wurde. Den, den er immer als schwach erachtet hatte, weil er sich nie der Wüste gefügt hatte. Doch jetzt erkannte er, dass sein Sohn nie aufgegeben hatte, an seine Überzeugungen zu glauben, und er sah die Stärke in ihm.
„Ich liebe Georgie“, sagte Ibrahim. „Sie wird meine Frau werden. Ohne sie an meiner Seite komme ich nicht nach Zaraq zurück – und unsere Kinder ebenfalls nicht.“ Es war ihm bitterernst. „Wenn ich Prinz sein soll, dann gehört sie zur königlichen Familie. So wie auch meine Mutter dazugehören sollte.“
„Du kannst nicht einfach alles aufgeben …“
„Das habe ich gerade.“ Es lag nicht die geringste Spur von Bedauern in Ibrahims Stimme. Georgie schloss bewegt die Augen, als ihr klar wurde, wie sehr er sie liebte.
„Du kannst dich nicht abwenden. Der Ruf der Wüste …“
„Es ist nicht die Wüste, die ruft, sondern mein Herz.“
„Mach dich nicht über unsere Traditionen lustig.“
„Das tue ich nicht, im Gegenteil. Die Wüste wusste genau, was sie tat, sie hat uns zusammengebracht. Es ist der Herrscher, der blind ist.“ Er war fertig mit seinem Vater. Jetzt musste er schnellstens Georgie
Weitere Kostenlose Bücher