Julia Extra Band 0347
persönliche Frage“, sagte sie behutsam, „aber kann man gegen Ihr Hinken nichts tun?“
Er presste die Lippen zusammen. „O doch! Ich mache die Folterübungen, die mir mein Physiotherapeut aufzwingt, ich schwimme täglich und gehe spazieren, und jeden Tag wird es ein wenig besser. Wie man mir versichert hat, werde ich irgendwann wieder völlig normal sein. Was immer normal bedeutet“, fügte er heftig hinzu. „Ich werde sogar einen Schönheitschirurgen an mein Gesicht lassen, damit kleine Kinder bei meinem Anblick keine Albträume mehr bekommen.“
Katherine verfluchte sich innerlich, weil sie dieses Thema angeschnitten hatte. Zum Glück erreichten sie nun den Swimmingpool, der türkisblau inmitten hoher Bäume glitzerte. „Was für eine herrliche Lage!“, rief sie begeistert.
Auf dem Rückweg zum Haus passierten sie den Gartenpavillon. „Lassen Sie uns kurz einen Blick hineinwerfen“, sagte Roberto. „Ich kann mir vorstellen, dass die estufa für Ihre Arbeit gut geeignet ist. Hier haben Sie Tageslicht und sind ungestört, aber trotzdem in der Nähe des Hauses. Und Sie können dem Licht folgen, das im Tagesverlauf um den Pavillon wandert.“
Katherine folgte Roberto über ein paar flache Stufen in einen achteckigen Raum mit gefliestem Boden, einem Tisch und Rattanstühlen. Durch die Fenster strömte helles Licht herein. „Perfekt“, verkündete sie erfreut. „Jetzt brauche ich nur noch das Gemälde, eine große Decke und meine Ausrüstung. Dann kann ich sofort loslegen.“
„Erst einen Kaffee“, sagte er bestimmt und zeigte mit seinem Stock in Richtung des Hauses. „Wir werden ihn auf der Veranda trinken, wo das Gemälde bereits auf Sie wartet.“
Vor Aufregung fiel es Katherine schwer, sich Robertos langsamem Schritttempo anzupassen. Endlich war der Moment der Wahrheit gekommen. Auch wenn sich das Gemälde als Original herausstellte, könnte sie immer noch an der Aufgabe scheitern, den Künstler zu identifizieren. Und so, wie sie sich als Expertin aufgespielt hatte, wäre das eine riesige Blamage. Als sie die Veranda betrat und auf dem Tisch das in Papier gewickelte Paket sah, begann ihr Puls schneller zu gehen.
„Soll ich es enthüllen?“, fragte Roberto.
Katherine nickte.
Sorgsam entfernte er die Verpackung von der rahmenlosen Leinwand und trat einen Schritt zurück. „Leider etwas verschmutzt.“
„Das ist bei einem alten Gemälde normal.“ Nervös trat Katherine näher und blickte auf das Bild hinunter, das einen dunkelhaarigen jungen Mann in schlichter Kleidung darstellte, wie sie im achtzehnten Jahrhundert üblich war. „Sicher kein Dandy“, meinte sie nachdenklich, „obwohl er ohne die Übermalungen sehr viel eleganter aussehen würde. Die Jacke ist nur ein Farbfleck und um den Hals ist viel zu viel Stoff.“
„Was bedeutet das?“, fragte Roberto angespannt.
„Die Übermalung könnte beschädigte Stellen in der Leinwand verbergen oder von einem anderen Künstler hinzugefügt worden sein“, erklärte sie abwesend, während sie das Gesicht des jungen Mannes betrachtete, das besser erhalten war als sein Körper. Es juckte sie in den Fingern, endlich mit der Arbeit anzufangen. „Wenn Sie meine Ausrüstung in den Pavillon bringen lassen – mit einer dicken Decke, auf die ich das Bild legen kann – werde ich mich sofort ans Werk machen.“
„Erst müssen Sie einen Kaffee trinken“, bestimmte er. „Jorge wird inzwischen die Sachen in den Pavillon bringen – bis auf das Bild. Das möchte ich lieber selbst tragen.“
In Gedanken bereits bei der vor ihr liegenden Arbeit, schenkte Katherine sich eine Tasse Kaffee ein. „Wenn ich das Gemälde mit Terpentinersatz gereinigt habe, könnte ich, wenn Sie einverstanden sind, einen Teil der Übermalung mit Lösungsmittel entfernen. Bis dahin werde ich womöglich schon eine Ahnung über die Identität des Malers haben.“ Sie hatte bereits eine Vermutung, wollte in diesem Stadium aber noch keine Namen fallen lassen. Sollte sich ihr Verdacht nach weiterer Recherche als falsch erweisen, würde Roberto de Sousa an ihrem Sachverstand zweifeln.
Er setzte sich neben sie. „Sie sollten bei der Arbeit auch eine Pause einlegen. Jorge wird Sie holen, wenn das Mittagessen fertig ist.“
„Tagsüber kann ich nichts essen“, warnte sie ihn.
„Wenigstens ein Sandwich, damit Sie bei Kräften bleiben“, sagte er streng. „Ich erwarte Sie um eins auf der Veranda.“
Als Katherine in Begleitung von Roberto im Pavillon eintraf, war
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