Julia Extra Band 0347
wurde.
„In weiten Teilen der Minho-Region lebt man noch sehr traditionell. Manche bezeichnen es als rückständig, doch mir gefällt dieses einfache Leben. In Viana do Castelo machen wir Halt.“
Als sie in Viana do Castelo ankamen und aus dem Wagen stiegen, sah Roberto Katherine fragend an. „Ich würde lieber ohne Stock spazieren gehen“, sagte er. „Wäre es für Sie in Ordnung, wenn Sie sich bei mir unterhakten?“
„Selbstverständlich.“
Er sah sie mit einem strahlenden Lächeln an, das seine dunklen männlichen Züge noch attraktiver machte. „Wie ich bereits gesagt habe – Sie tun mir gut, Katherine.“
„Als Gegenleistung können Sie ja für mich den Reiseleiter spielen.“
„Gern.“ Er führte sie durch die Stadt und erläuterte die Geschichte der Gebäude. Dann sagte er: „Genug Bildung. Jetzt gehen wir shoppen.“
Als sie an einem Schuhgeschäft vorbeikamen, fiel Katherine ein Paar Sandaletten besonders ins Auge, doch sie blieb standhaft.
„Gefallen sie Ihnen?“, fragte Roberto.
„Ich sehe sie mir nur an“, erwiderte Katherine bestimmt. „Außerdem sollten wir jetzt zurückfahren, sonst kriege ich von Jorge Schelte.“
„Erst kaufen wir die Schuhe.“
Um des lieben Friedens willen folgte sie Roberto in den Laden. Die hochhackigen Sandaletten passten wie angegossen und sahen so großartig aus, dass Katherine – Sparmaßnahmen hin oder her – nicht widerstehen konnte. Als sie zur Kasse ging, musste sie zu ihrem Ärger feststellen, dass Roberto die Schuhe bereits bezahlt hatte.
Sobald sie draußen waren, sagte sie: „Ich gebe Ihnen das Geld zurück, wenn wir wieder auf der Quinta sind.“ Plötzlich fiel ihr auf, dass sich sein Hinken verstärkt hatte. „Sollen wir eine kurze Rast einlegen?“
„Nicht nötig“, entgegnete er schroff. „Gehen wir zum Wagen.“
Auf der Rückfahrt kam Katherine wieder auf die Schuhe zu sprechen.
„Sie sind ein Geschenk“, sagte er ausdruckslos.
„Das kann ich nicht annehmen“, erwiderte sie ebenso ausdruckslos.
„ Deus me livre, es sind doch keine Diamanten“, erwiderte er. Den Rest der Strecke verharrte er in düsterem Schweigen.
„Roberto, versuchen Sie doch zu verstehen“, sagte Katherine, als sie durch das Eingangstor fuhren. „Sie haben bereits großzügig für meine Dienste bezahlt …“ Verdammt, was rede ich da? dachte sie verzweifelt. „Ich meine …“
„Ich verstehe, was Sie meinen.“ Mit halsbrecherischem Tempo jagte er die Zufahrt hinauf und blieb mit quietschenden Bremsen vor dem Eingang der Quinta stehen. „Wenn Sie sich nicht dazu durchringen können, ein kleines Geschenk anzunehmen, nao importa – dann werfen Sie die Schuhe eben weg!“
Ehe Katherine etwas erwidern konnte, kam Jorge herbei und machte ihr die Autotür auf. Kaum war Katherine ausgestiegen, gab Roberto Gas und raste davon.
„Hat er Schmerzen, Doutora? “, erkundigte sich Jorge verdutzt.
„Wahrscheinlich.“ Und eine Mordswut, fügte Katherine im Stillen hinzu. Für Roberto Rocha de Sousa war Widerspruch offenbar gleichbedeutend mit Majestätsbeleidigung. „Ist das Bild abgeholt worden?“, fragte sie Jorge.
„ Sim, Senhora. Es ist jetzt auf dem Weg nach London.“
Das sollte ich auch sein, dachte Katherine niedergeschlagen. Mit Schrecken sah sie dem Dinner entgegen, das angesichts von Robertos Laune nicht sehr vergnüglich werden würde.
Auf ihrem Zimmer angelangt, legte sie sich aufs Bett und versuchte zu lesen, merkte jedoch, dass sie sich nicht konzentrieren konnte. Seufzend klappte sie das Buch zu, ging unter die Dusche und nahm sich dann zur Stärkung ihres angeschlagenen Selbstvertrauens mehr Zeit als sonst für ihre Frisur und das Make-up.
Stunden später klopfte Lidia an die Tür. „Senhor Roberto erwartet Sie zum Dinner, Doutora “, sagte sie und reichte Katherine die Tüte mit den Schuhen. „Die haben Sie im Auto vergessen, meint Senhor Roberto.“
Roberto kam ihr in der Halle entgegen. Als er sah, dass sie die Schuhe trug, verkündete er mit leicht zerknirschter Miene: „ Desculpe-me, Katherine. Ich habe die Beherrschung verloren.“
„Das habe ich gemerkt!“ Sie lächelte. „Frieden?“
„Frieden!“ Er geleitete sie auf die Veranda, schenkte für sie beide Wein ein und sah sie herausfordernd an. „Eigentlich habe ich nicht damit gerechnet, dass Sie heute Abend mit mir essen werden.“
„Ach, dieser Gedanke ist mir gar nicht gekommen“, schwindelte sie.
„Weil Sie mir meinen Wutausbruch
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