Julia Extra Band 0347
nach dem Mittagessen eine kleine Rundreise mit Ihnen machen?“
Das sollte wohl ein Witz sein! „Eigentlich habe ich gehofft, dass Sie mich ein wenig herumkutschieren. Oder ist sich der große Roberto Rocha als Chauffeur zu schade?“, stichelte sie.
Zu ihrer Erleichterung warf er den Kopf zurück und lachte. „Für Sie spiele ich gern den Chauffeur, Katherine.“ Er warf einen Blick auf die Uhr. „Vor dem Mittagessen würde ich gern noch das Gemälde in die Kiste packen.“
Umsichtig polsterte Katherine die Kiste aus, damit das Bild auf seiner Reise nach England keinen Schaden erlitt. „Es wurde wahrscheinlich irgendwann zwischen 1752 und 1759 gemalt“, erzählte sie währenddessen. „Gainsborough lebte damals in Ipswich. Bald darauf ist er nach London gezogen, wo er zu Ruhm und Ehren gelangte.“
„Ah!“ Zufrieden lächelnd lehnte sich Roberto zurück. „Es tut so gut, mit jemandem zu reden, der dieselben Interessen hat wie ich. Abgesehen von meiner Mutter fanden alle Frauen, die ich bisher kennengelernt habe, das Thema Kunst entsetzlich langweilig.“
„Dann waren Sie wohl mit den falschen Frauen zusammen.“ Kaum waren die Worte heraus, biss sich Katherine erschrocken auf die Lippe. „Verzeihung, ich hatte vergessen, dass Sie verheiratet waren.“
Er zuckte die Achseln. „Mariana hatte kein Interesse an Kunst. Sie wollte ein Heim, Kinder und einen Mann, der genauso dachte. Doch ich war damals in dieser Hinsicht noch sehr unreif.“
„Sie haben sehr jung geheiratet.“
„Viel zu jung. Aber Mariana war sehr hübsch und liebreizend. Da ich wusste, dass ich wegen der Rennen längere Zeit in Europa bleiben müsste, habe ich um Marianas Hand angehalten, obwohl wir uns erst wenige Wochen kannten. Als ich dann abreiste, war sie schwanger. Leider hat sie das Baby kurz darauf verloren. Da es mir unmöglich war zu kommen, suchte sie Trost bei einem Jugendfreund. Tja, kurz darauf reichte sie die Scheidung ein und hat ihn geheiratet.“ Seine Züge verhärteten sich. „Marianas Verhalten hat meinen Stolz verletzt – obwohl es genügend andere Frauen gab, die mich bewunderten.“
„Sie waren ein richtiger Playboy?“
„Solange ich verheiratet war, spielten andere Frauen keine Rolle“, erwiderte er stolz. Er verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln. „Meine Eltern hoffen, dass ich wieder heiraten werde, um ihnen die ersehnten Enkel zu schenken. Da Luis tot ist, ruhen alle Erwartungen auf mir.“
Sie nickte. „Ich habe auch keine Geschwister.“
Offen sah er sie an. „Wollen Sie irgendwann Kinder haben, Katherine?“
Vorsichtig schloss Katherine die Kiste mit dem Bild. „Ja. Aber bisher habe ich noch niemanden getroffen, den ich mir als Ehemann und Vater für meine Kinder vorstellen kann. Und die Zeit läuft mir davon, da ich schon achtundzwanzig Jahre alt bin.“
„Uralt“, spottete Roberto. „Ich bin etliche Jahre älter und …“
„Im Gegensatz zu uns Frauen kann ein Mann auch im Greisenalter noch Vater werden“, fiel Katherine ihm ins Wort. „Wann kommt der Kurier?“
„Am späten Nachmittag. Aber wir müssen nicht auf ihn warten. Jorge kann ihm das Bild übergeben.“
5. KAPITEL
Nach dem Mittagessen eilte Katherine kurz auf ihr Zimmer, um sich frisch zu machen. Bei ihrer Rückkehr in die Halle erwartete sie ein völlig aufgelöster Jorge.
„Senhor Roberto darf nicht zu lange fahren, Doutora. “
„Ich werde darauf achten“, versprach sie. „Oder soll ich ihm sagen, dass es mir lieber wäre, wenn Sie uns fahren?“
Entsetzt wehrte Jorge ab. „ Nao, Doutora. Sagen Sie nichts! Er ist sehr stolz.“
„Ich weiß.“ Sie tätschelte Jorges Arm. „Keine Sorge, ich werde aufpassen, dass er es nicht übertreibt.“
Roberto erwartete Katherine in einem schwarzen Range Rover. Beim Einsteigen empfing sie ein Geruch nach Leder und neuem Auto. „Ich hatte einen sexy Sportwagen erwartet“, sagte sie neckend.
„Das ist ein Sportwagen. Ein Range Rover Sport mit superstarkem V8-Motor“, erklärte er. „Außerdem hat er eine Automatikschaltung, was für mein Bein besser ist.“
„Jedenfalls ist der Wagen herrlich bequem.“ Mit wohligem Seufzen lehnte sich Katherine zurück.
In gemächlichem Tempo fuhr Roberto am Fluss entlang und wies Katherine auf die am Wegesrand liegenden Sehenswürdigkeiten hin.
„Wie grün es hier ist!“, rief sie begeistert, als sie an wogenden Feldern und alten Gehöften vorbeifuhren, auf denen zum Teil noch mit Ochsen gepflügt
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