Julia Extra Band 0347
machen.
„Ich werde dir erst den Pool zeigen“, sagte er, „und danach die Koppeln, damit du unsere Pferde kennenlernst. Wann bist du das letzte Mal geritten?“
„Vor einer halben Ewigkeit. Wir sollten morgen nicht zu lange ausreiten, sonst kann ich später nicht mehr sitzen. Und ich will ja nicht im Stehen am Weihnachtsessen teilnehmen.“
Inzwischen waren sie am Pool angelangt, der zwischen Schatten spendenden hohen Bäumen lag. „Du kannst später schwimmen gehen, wenn du magst“, sagte Roberto und führte sie weiter zu den Koppeln, die sich neben den weinumrankten Nebengebäuden erstreckten. Sofort kamen ein paar Pferde erwartungsvoll an das Gatter getrabt und beäugten die Neuankömmlinge. Im Gegensatz zu den hochgezüchteten nervösen Pferden, auf denen Katherine in England geritten war, stammten diese kräftigen, struppigen Pferde von wilden Mustangs ab und waren sehr gut für die Arbeit auf der Ranch geeignet. Roberto wechselte mit einem Mann ein paar Worte, worauf dieser ein Pferd am Zügel herbeizog.
„Geraldo meint, dass dieses Pferd gut zu dir passen könnte. Aber das musst du selbst entscheiden“, sagte Roberto.
Katherine kraulte das Pferd zwischen den Ohren und erzählte ihm, wie hübsch und kräftig es sei und wie sehr sie sich freue, morgen auf ihm zu reiten.
Das Pferd wieherte leise und blies in ihre Hand, worauf Roberto lachend meinte: „Es ist dir schon verfallen – genauso wie ich.“
Auf dem Rückweg zum Haus sagte Roberto: „Du hast recht. Wir werden morgen nur einen kleinen Ausritt machen.“
„Danach kann ich deiner Mutter ja ein wenig zur Hand gehen.“
„Dirce und Maria, die Köchin, sind schon seit Tagen mit Kochen beschäftigt. Sie haben zum Helfen sogar Verwandte kommen lassen“, erzählte Roberto. „So ein riesiges Fest muss gut vorbereitet werden.“
Beunruhigt sah sie ihn an. „Ich hätte ein Abendkleid mitnehmen sollen.“
„Ach, Katherine, du bist nicht nur eine kluge Kunsthistorikerin, sondern auch durch und durch Frau! Und dafür bin ich sehr dankbar“, raunte er ihr ins Ohr.
Im Schutz der Bäume blieb er stehen und gab Katherine einen Kuss. „Es ist kein Weihnachtsessen, wie du es gewohnt bist, sondern ein churrasco im Freien unter dem Sternenzelt. Ein Abendkleid ist also nicht erforderlich.“
„Gut. Aber da ist noch ein Problem“ Katherine blickte auf ihre flachen Wildlederschuhe hinunter. „Ich habe keine Reitstiefel.“
„Das macht nichts. Wir werden welche für dich auftreiben.“
Am Abend wurde auf der Veranda ein einfaches Dinner serviert.
„Vor Weihnachten essen wir immer Hausmannskost“, erzählte Teresa. „Aber dann gibt es eine große Feier mit all unseren Freunden.“
„Kann ich nicht irgendwie behilflich sein?“, fragte Katherine.
„Sie sind so weit gereist, da können wir Sie nicht auch noch arbeiten lassen“, mischte sich Antonio ein und schenkte ihr Wein nach. „Wie ich gehört habe, machen Sie morgen mit Roberto einen Ausritt. Reiten Sie zu Hause auch?“
„Als junges Mädchen habe ich die Wochenenden mehr oder weniger im Sattel verbracht, und in den Ferien bin ich mit meinem Vater tagelang durchs Gelände geritten. Jetzt habe ich kaum noch Zeit zum Reiten.“
Nach dem Dinner gingen sie in den Salon. Schwungvoll stieß Teresa die Flügeltür auf und sagte: „Hier sind die Bilder, die uns Roberto zum Hochzeitstag geschenkt hat.“
Bewegt betrachtete Katherine die Gemälde, die zu beiden Seiten des großen Kamins hingen. Die junge Frau in dem duftigen weißen Kleid schien dem jungen Mann mit den feurig glitzernden Augen zuzulächeln. „Großartig!“, rief sie begeistert.
„Dank deiner hervorragenden Arbeit“, erwiderte Roberto.
„Dem kann ich nur beipflichten“, stimmte Antonio zu. Nach einem kurzen Blickwechsel mit Teresa fügte er hinzu: „Katherine, meine Gattin möchte Ihnen etwas erzählen.“
Wie sich herausstellte, hatte Teresa, als Roberto ihr von der Ähnlichkeit mit dem jungen Mann auf dem Gemälde berichtet hatte, Nachforschungen über den Familienstammbaum betrieben.
„Wir haben uns tagelang nur beim Dinner gesehen“, bemerkte Antonio trocken.
Seine Gattin bedachte ihn mit einem heißblütigen Blick. „Besser, ich vergnüge mich mit dem Computer statt mit einem Liebhaber.“
„Papa würde den Kerl umbringen!“, rief Roberto hitzig.
„Das ist wahr“, erwiderte Antonio so selbstverständlich, dass Katherine innerlich schmunzeln musste. „Gauchos sind eifersüchtige Ehemänner“,
Weitere Kostenlose Bücher