Julia Extra Band 0347
Warte hier“, fügte er hinzu. „Ich muss meinem Vater beim Geschenkeverteilen helfen.“
Der Weihnachtsmann las die Namen auf den Geschenken vor, die dann von Antonio oder Roberto übergeben wurden. Nachdem jedes Kind ein Geschenk erhalten hatte, verteilte der Weihnachtsmann aus einem Sack Geschenke an die Erwachsenen, auch an Katherine. Unter den gespannten Blicken der Gäste wickelte Katherine ihr Geschenk auf. Es war wieder eine Samtschatulle, nur enthielt sie diesmal nicht Ohrringe, sondern eine Goldkette mit einem Smaragdanhänger. Im ersten Moment fehlten Katherine die Worte. „Vielen Dank, Roberto“, sagte sie dann leise. „Muito obrigado“, wiederholte sie für die Gäste und ließ sich von Roberto die Kette umlegen.
Auf Robertos Zeichen hin setzte die Musik wieder ein, und die Gäste strömten auf die Lichtung zum Tanzen, allen voran Gloria mit ihrem flammend roten Volantrock, der bei jedem Schritt wippte.
Da Katherine die einheimischen Tänze nicht kannte, hielt sie sich im Hintergrund, doch als Roberto sie nach einer Weile zum Tanzen aufforderte, überließ sie sich einfach seiner Führung und fand sich erstaunlich gut in den Rhythmus ein. Trotzdem setzte sie sich anschließend wieder zu Robertos Eltern und sah aus der Ferne zu, wie Roberto pflichtschuldig mit jedem der weiblichen Gäste tanzte, zum Schluss auch mit der triumphierend dreinblickenden Gloria. Doch als Gloria nach dem Tanz zu ihrem Vater zurückkehrte, hatte sich ihr hübsches, schmollmundiges Gesicht auffällig verfinstert, und sie und ihr Vater waren auch die Ersten, die sich bald darauf verabschiedeten. Nach und nach löste sich die Feier auf, die Gäste sammelten ihre Kinder ein und gingen nach Hause.
Katherine und Roberto beschlossen, vor dem Zubettgehen noch einen kleinen Spaziergang zu machen.
Roberto nahm Katherines Hand. „Und, Dr. Lister, wie hat Ihnen unser Gaucho-Weihnachtsfest gefallen?“
„Es war wunderschön.“ Mit gespieltem Tadel fügte sie hinzu: „Du Verschwender! Mein Geschenk vom Weihnachtsmann hat für einiges Aufsehen gesorgt.“
Er zuckte die Achseln. „Es war nur eine Kette, Katherine – kein Ring.“
Das Wort schien in der stillen, sternklaren Nacht nachzuhallen. Katherine fragte sich, wie sie reagiert hätte, wenn es ein Ring gewesen wäre, und wurde von einer Vielzahl widersprüchlicher und schwer bestimmbarer Emotionen übermannt.
„Was ist für morgen geplant?“, fragte sie, um die Spannung zu lösen.
„Meine Eltern werden sich ausruhen, die Angestellten haben frei – wir haben also viel Zeit für uns“, meinte er zufrieden. „Wir könnten einen kleinen Ausritt machen, wenn es einem gewissen, äußerst anziehenden Körperteil von dir wieder besser geht.“
„Ach, notfalls werde ich mir eben ein Kissen auf den Sattel legen“, erwiderte sie lachend.
Impulsiv zog er sie an sich und drückte sein Gesicht in ihr Haar. „Dass du heute hier bei mir bist, ist das schönste Weihnachtsgeschenk, das ich jemals bekommen habe.“ Er sah ihr in die Augen. „Ich habe bis zuletzt nicht geglaubt, dass du wirklich kommst.“
„Ich hatte ebenfalls Zweifel“, gestand sie. „Und meine Bedenken wurden nicht gerade weniger, als ich bei der Ankunft von einem fremden Mann, statt von dir abgeholt wurde.“
„Das tut mir wirklich leid, Katherine. Andererseits hatte ich dadurch Gelegenheit zu einer kleinen Gaucho-Vorführung. Schließlich will ich meine Frau beeindrucken.“
„Deine Frau?“, fragte Katherine verwundert.
„Ja“, erwiderte er schlicht. „Ich glaube, dass wir vom Schicksal füreinander bestimmt sind.“
„Dann hätte uns das Schicksal aber nicht auf verschiedene Kontinente verpflanzen sollen“, sagte sie. „Die weite Entfernung ist ziemlich problematisch.“
„Wir werden eine Lösung finden.“ Hand in Hand spazierten sie zum Haus zurück. „Du musst müde sein. Es war ein anstrengender Tag für dich.“
„Was hast du eigentlich zu Gloria gesagt?“, fragte sie. „Sie sah sehr wütend aus.“
„Ich habe ihr wegen der Sache mit Garoto die Hölle heißgemacht. Außerdem habe ich gedroht, dass ich es ihrem Vater erzähle, und da ist sie in Panik geraten. Sosehr Ildefonso Soares seine Tochter auch vergöttert, er würde ihr nie verzeihen, wenn sie meinem Gast Schaden zufügt – und meinem Pferd“, fügte er grinsend hinzu. Auf der Veranda blieb er stehen und zog Katherine an sich. „Was interessieren uns die anderen? Lass uns lieber die wenigen ungestörten Momente
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