Julia Extra Band 0347
wurde. Seine frühere Bitterkeit schien völlig von ihm abgefallen zu sein. Um kurz vor zwölf ging Teresa mit Katherine zum Haus, um sich vor der Ankunft der Gäste noch ein wenig frisch zu machen.
„Veranstalten Sie diese Feier jedes Jahr zu Weihnachten?“, fragte Katherine.
„Ja.“ Ein Ausdruck von Trauer huschte über Teresas feine Züge. „Nur nicht in dem Jahr nach Luis’ Tod.“ Sie straffte die Schultern. „Aber jetzt feiern wir, dass Roberto gesund und glücklich ist. Irgendwie muss das Leben ja weitergehen.“
Spontan umarmte Katherine die Frau. „Ja. Das weiß ich aus eigener schmerzhafter Erfahrung.“
Als Katherine wieder nach draußen kam, hatten Roberto und Antonio ihre Posten neben den Feuerstellen verlassen, um ihre bunt gekleideten Gäste zu begrüßen, die in Scharen herbeiströmten. Roberto stellte sich neben Katherine und legte ihr den Arm um die Taille, während seine Eltern Katherine den ankommenden Familien vorstellten. Als letzte trafen Ildefonso Soares und seine Tochter Gloria ein, die in ihrem flammend roten Kleid mit den vielen Volants atemberaubend aussah.
„Ruhig, amada “, murmelte Roberto, als er Katherines Anspannung spürte. „Keine Rauferei zu Weihnachten!“
Katherine funkelte ihn an, wandte sich dann den beiden Neuankömmlingen zu und sagte mit strahlendem Lächeln: „Muito prazer, e Feliz Natal.“
Gloria beugte sich vor, um Roberto zu küssen, doch er wich geschickt aus und reichte ihrem Vater die Hand. Daraufhin wandte sich Gloria Teresa zu. „Ich möchte helfen, Dona Teresa“, sagte sie mit unschuldigem Augenaufschlag.
„Nicht nötig, cara. Heute hilft uns Katherine.“
Gloria warf Katherine einen hasserfüllten Blick zu und folgte dann ihrem Vater an den für die Soares-Familie reservierten Tisch.
Antonio de Sousa und seine Gattin setzten sich an den Kopf der langen Tafel, die für ihre Angestellten und deren Familien bestimmt war, und Roberto und Katherine nahmen am anderen Ende der Tafel Platz. Anfangs waren die Frauen schüchtern, doch als Roberto Katherines Fragen übersetzte, entspannten sie sich und lachten laut, als er Katherine seine cuia reichte, einen Flaschenkürbis mit Matetee, den sie durch Robertos bomba trinken sollte, ein metallener Trinkhalm mit einem Sieb am Ende.
Unter den erwartungsvollen Blicken ihrer Tischnachbarn saugte sie durch den Trinkhalm einen Schluck der heißen Flüssigkeit auf. Der Geschmack war so ekelhaft bitter, dass Katherine ihre ganze Willenskraft darauf verwenden musste, das Gebräu hinunterzuschlucken, statt es auszuspucken. Sie schüttelte sich und sagte dann langsam: „Agua por favor.“
Alle lachten, als Roberto ihr ein Glas Wasser reichte. „Gut gemacht“, flüsterte er ihr zu und nahm ihre Hand. Vom Nebentisch fing Katherine einen Blick von Gloria auf, der vor Gift nur so sprühte. „Wir werden beobachtet“, wisperte sie, worauf er ihre Hand nur noch fester umfasste.
Auf ein Zeichen von Teresa hin standen Katherine und die anderen Frauen auf und folgten Teresa in die Küche.
„Zeit für die Nachspeisen“, verkündete Teresa.
Die Frauen brachten Schüsseln mit Obstsalat und Eiscreme an die Tische. Teresa brachte einen von Katherines Trifles an den Tisch der Soares, während Katherine den anderen auf den Tisch der de Sousas stellte.
„Wollen Sie ein Stück kosten?“, fragte sie Antonio.
„Sehr gern, cara.“
Katherines Nachspeise wurde von allen am Tisch in den höchsten Tönen gelobt. Aus den Augenwinkeln beobachtete Katherine, wie Gloria ihr Stück unangetastet wegschob – zur Freude ihres Vaters, der es mit Appetit verspeiste.
Inzwischen waren die Kinder von den Tischen aufgesprungen und tobten zwischen den Bäumen herum. Einige Männer holten ihre Gitarren und Akkordeons hervor und spielten traditionelle Weisen. Als die Musiker dann Jingle Bells anstimmten, wurden alle Kinder mit einem Schlag mucksmäuschenstill.
„Papae Noel“, quiekte ein kleines Mädchen und deutete auf die weißbärtige, rot gekleidete Gestalt, die auf einem Pferd mit einem Karren voller Geschenke angeritten kam.
Als der Weihnachtsmann mit lautem „Ho-ho-ho“ abstieg, drängten sich die Kinder wie ein Schwarm Bienen um ihn.
„Calma!“ Beschwichtigend hob er die Hände, worauf sich die Kinder gesittet auf die Wiese setzten und erwartungsvoll zu ihm aufblickten.
„Der wird ordentlich schwitzen“, murmelte Katherine.
„So schlimm ist es nicht“, erklärte Roberto. „Der Anzug ist aus dünner Seide.
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