Julia Extra Band 0349
und den Verbandsmull kann ich auftragen. Danke, dass Sie die Abschürfungen gesäubert haben.“
Honor stand auf und hielt ihm den Erste-Hilfe-Kasten hin. Wurde Rob etwa rot? Mehr von ihren Bedenken gegen ihn verschwanden. Wenn ein Mann beim Anblick von Blut weiche Knie bekam und noch errötete, konnte er kein so schlechter Mensch sein.
Dann erinnerte sie sich daran, wie er ihre Brüste in dem knappen Bikinioberteil gecheckt hatte, und drückte den Rücken durch.
Ohne ihr ins Gesicht zu sehen, nahm er den Kasten entgegen. Aber Robs Ton war versöhnlich. „Danke. Sie würden eine gute Mutter abgeben.“
Sie atmete scharf ein. Es waren nur Worte, das wusste sie. Rob hatte in einem peinlichen Moment irgendetwas sagen wollen. Sie war bloß nicht darauf gefasst, dass die Worte sie so schwer trafen.
Als hätte er ihr tatsächlich einen Schlag versetzt, taumelte Honor rückwärts, bevor sie sich zu einem Lächeln zwang.
„Ich muss arbeiten. Ich lasse Sie allein, damit Sie Ihre Wunden versorgen können.“
Schnell zog sie sich zurück, holte ihr Logbuch und marschierte an Rob vorbei in den Wald, ohne sich noch einmal umzudrehen.
3. KAPITEL
„Sch!“
Honor hätte ihn sogar während eines Wolkenbruchs kommen hören. Gereizt sah sie Rob über die Schulter an.
Er wurde langsamer, näherte sich Honors Versteck auf Zehenspitzen und kroch neben sie, wobei er aufpasste, dass er sich mit seinem zusammengeflickten Bauch nicht auf irgendetwas Spitzes im Sand legte.
Glaubte der Mann wirklich, er wäre jetzt gut verborgen – seine ganzen ein Meter neunzig hinter einen kleinen Busch gequetscht?
Leute vom Festland …
Rob blickte zwischen ihr und dem Logbuch hin und her, in das sie Zahlen und Fachausdrücke gekritzelt hatte, die nur ihr etwas sagten.
„Was machen Sie da?“
Selbst sein Flüstern war laut. Davon aufgeschreckt, erhob sich taumelnd ein Fregattvogel in die Luft, seine gewaltige Flügelspannweite trug den Riesen innerhalb von Sekunden außer Sicht. Honor funkelte Rob wütend an. Er erwartete offenbar, dass sein sexy Lächeln irgendetwas änderte.
„Ich wette, damit haben Sie überall Erfolg.“ Ihre Stimme war leise.
Zustimmend nickte er und beobachtete Honor so, wie sie die Vögel beobachtete. Seine Frage hing noch immer unbeantwortet in der Luft.
„Ich überwache die Schwärme“, erklärte Honor.
Er folgte ihrem Blick, und seine Augen weiteten sich.
Hatte Rob auf dem Weg zu ihr die große Binnenlagune tatsächlich nicht bemerkt? Sie umfasste die halbe Insel. Die Wasseroberfläche und die Bäume am Rand der Lagune schienen mit weißem Schaum bedeckt zu sein, während sie in Wirklichkeit voller weiß gefiederter Seeschwalben, Tölpel und Noddis waren.
Honor gab Rob ihr Fernglas. Er ließ den Blick über den Salzwassersee und seine unzähligen Bewohner schweifen.
„Cool!“
Über dreißig und führt sich auf wie ein Sechzehnjähriger.
Na gut, es war ein beeindruckendes Schauspiel. Dieser geschützte Bereich konnte in der Brutzeit zwanzigtausend Vögel aufnehmen. Von hier aus flogen sie los, um in den fischreichen Gewässern des Kokosgrabens nach Nahrung zu suchen, dann kehrten sie zu ihren Jungen in den Nestern zurück. Sogar die riesigen Fregattvögel rasteten und paarten sich auf der Insel.
„Und ich dachte gerade, wie still es hier ist“, sagte Rob.
„Still?“ Honor sah ihn seltsam an. „Nein, horchen Sie doch mal.“
Überall um sie beide herum hallten die Laute zufriedener Vögel. Die verschiedenen Töne vereinigten sich zu einem Summen, das sich mit dem ewigen Geräusch der Wellen mischte, die an das äußere Riff krachten. Honor zeigte nach rechts, wo sie eine Ralle hörte. Rob lauschte, hörte sie auch und lächelte. Einen Moment später machte Honor ihn auf den unverwechselbaren Ruf einer Seeschwalbe aufmerksam, indem sie den Kopf in die andere Richtung neigte. Rob tat dasselbe und horchte mit geschlossenen Augen.
Plötzlich verspürte Honor den Wunsch, sein Gesicht zu berühren. So entspannt wie jetzt, war es weniger klassisch schön und dafür … reizvoller. Menschlicher.
„Tausend Geräusche sind da draußen. Es ist alles andere als still hier.“
Rob öffnete die Augen und sah in ihre, unverhohlen abwägend. Honor hielt den Atem an. Ich wette, damit hast du auch jedes Mal Erfolg, dachte sie.
Sein Blick schweifte ab, zu ihren Narben, und wanderte blitzschnell wieder hoch zu ihrem Gesicht.
Weder ärgerte sie sich darüber, noch fühlte sie sich dadurch beleidigt. Ein
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