Julia Extra Band 0350
Bosses einschüchtern ließ? Oder war Sergej nur ihr gegenüber so streng und herablassend?
„Miss Pearl?“, drängte Grigori.
Hannah begriff, dass Sergej kein Mann war, der gern wartete, und folgte dem kleinen Assistenten zu einem diskreten Separee im hinteren Teil des Restaurants. Hier war ein Tisch mit einer L-förmigen, mit rotem Samt gepolsterten Sitzbank, davor war für zwei Personen gedeckt. Feinstes Kristall und Silber schimmerte im Kerzenschein. Bei Hannahs Erscheinen erhob sich Sergej und betrachtete sie eindringlich.
Hannah durchzuckte es wie elektrisiert. Sergejs bewundernder Blick war kaum misszuverstehen. Der Gedanke, dass er sie attraktiv fand, war … verrückt. Unmöglich. Aufregend. Ihr Herz klopfte schneller. Sergej sah einfach umwerfend aus. Er hatte Ledermantel und Jeans gegen einen anthrazitfarbenen, maßgeschneiderten Seidenanzug ausgetauscht, der seine athletische Figur so eindrucksvoll zur Geltung brachte, dass Hannah ihren Blick kaum von ihm lösen konnte.
„Guten Abend“, begrüßte er sie höflich, reichte ihr galant die Hand und führte sie lächelnd zum Tisch.
Sergej bemerkte das Aufleuchten in Hannahs schönen Augen und die Art, wie sie nervös die vollen, sinnlichen Lippen zusammenpresste, während sie sich in dem intimen Separee umsah. Wie begehrenswert sie war! Allein ihr Anblick weckte sein Verlangen, was die Sache vereinfachte. Mit Lust ließ sich gut umgehen, Verlangen war ein sicheres Gefühl. Und als Hannah ihm schließlich direkt in die Augen blickte, offen und arglos, glaubte er sich sicher, dass sie ihn ebenfalls begehrte. Allein schon die Art, wie sie zart errötete und sich zerstreut übers Haar strich, sprach Bände.
Er betrachtete sie erneut. Ihr kastanienbraunes Haar, das sie am Nachmittag zu einem Pferdeschwanz hochgebunden hatte, fiel jetzt offen fast bis zu ihrer Taille herab und schimmerte seidig im flackernden Licht der Kerzen. Das kleine schwarze Kleid war zwar billig und einfallslos, aber der weiche Stoff schmiegte sich reizvoll an die sanften Rundungen ihrer schlanken Figur.
Obwohl ihr völlig ungeschminktes und damit unverfälschtes Gesicht vielleicht nicht im klassischen Sinn schön war, sah sie atemberaubend aus. Und sie war ganz sicher die einzige Frau, bei der Sergej versucht war, seine Regeln zu brechen und mehr zu wollen, als er sich je gestattet hatte.
Energisch verdrängte er diesen Wunsch. Es ging um Lust, mehr nicht.
„Ich hoffe, Sie haben es bequem in Ihrem Zimmer?“, erkundigte er sich.
„Bequem? Die Suite ist der reine Luxus! Allein die Badewanne … ich habe eine ganze Stunde darin verbracht.“
„Es freut mich, dass sie die Annehmlichkeiten der Suite genießen.“
„Ganz bestimmt“, bestätigte sie lachend. „Vielen Dank. Das alles ist … wie ein Märchen. Wirklich.“ Ihre Augen blitzten neckend. „Sind Sie etwa meine gute Fee?“
„Nein. Lediglich jemand, der sein schlechtes Gewissen beruhigen will.“
„Sie brauchen wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben“, versicherte Hannah, als sie am Tisch Platz nahm.
Sergej stieg ein Hauch von Maiglöckchen in die Nase, der charakteristische Duft der Kosmetikserie, die in jedem seiner Hotelzimmer für die Gäste bereitstand. Ein Duft, den er seit jeher mit Zartheit und Mut in Verbindung brachte.
„Ein Glas Wein?“ Er langte nach einer Flasche Rotwein, die bereits geöffnet auf dem Tisch stand.
„Ja, gern. Danke.“ Sie war sichtlich bemüht, ihre Unerfahrenheit zu überspielen.
Sergej registrierte erneut, dass er in ihrem Gesicht, in ihren Augen wie in einem offenen Buch lesen konnte. Sie verbarg nichts. Eine Erkenntnis, die ihn, der, seit er denken konnte, all seine Gefühle versteckt hatte, beunruhigte und berührte. Er reichte ihr ein Glas Wein und schenkte sich auch eines ein.
„Auf die Überraschungsmomente des Lebens.“
Zögernd stieß sie mit ihm an. „Davon hatte ich heute allerdings einige.“
„Erzählen Sie mir von Ihrer Reise“, sagte Sergej und setzte sich neben sie. „Von dieser einmaligen Chance.“
„Nun ja …“ Sie überlegte kurz. „Meine Eltern sind gestorben. Sie waren beide nicht mehr jung und kränklich, weshalb es nicht gänzlich unerwartet kam. Trotzdem war es … eine schwierige Zeit. Deshalb entschied ich danach, dass es genau der richtige Zeitpunkt wäre, mir eine Auszeit zu nehmen.“ Sie lächelte. „Obwohl ich keine Ersparnisse hatte.“
„Mein Beileid wegen Ihrer Eltern“, sagte er ernst. Ihr Eingeständnis hatte sein
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