gab, dann war es dieser Moment. Mit Brad bin ich immer in Jeans und T-Shirts losgezogen, aber das wäre in diesem Fall ein absolutes No-go gewesen. Peter trug nämlich einen Anzug ! (Ohne Krawatte, zugegebenermaßen, aber ein Anzug ist immerhin ein Anzug.)
Ich stand kurz vor einer Panikattacke. Das Ganze wieder abzublasen, kam nicht infrage. Dies war die einmalige Chance, mit meinem Traummann auszugehen, und ich hatte nicht vor, sie zu vertun, nur weil ich nichts Passendes zum Anziehen hatte. Außerdem hatte ich das Gefühl, es auch Ihnen zu schulden, Patrick. Sie wirkten nämlich etwas enttäuscht darüber, dass ich meinen Gentleman so schnell aufgegeben habe.
Also stürzte ich mich auf meinen sandfarbenen Wildlederrock, den ich beim Tee mit Ihrer Mutter getragen habe, und fand wunderbarerweise auch eine saubere Seidenbluse und eine Strumpfhose ohne Laufmaschen. Für das Make-up (etwas Mascara und Lipgloss) brauchte ich ungefähr zwei Minuten, und da jeder Versuch, mein unmögliches Haar zu bändigen, sinnlos ist, war ich zu Peters Überraschung bereits zehn Minuten später wieder unten.
Er führte mich in eine kleine, gepflegte Bar in der Nähe, und schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich in seiner Gegenwart erstaunlich entspannt (er hat eine ähnliche Art, einem die Befangenheit zu nehmen, wie Ihre Mutter). Ich erzählte ihm von meinen bisherigen Unternehmungen in London, was ihn ehrlich zu interessieren schien, und morgen wollen wir gemeinsam etwas unternehmen.
Ich und Peter Kingston – klingt das nicht wie Musik?
Molly
PS: Keine Sorge, Patrick, ich werde nichts überstürzen. Obwohl ich es bis in die Knochen spüre, dass ich bei Peter in guten Händen bin, werde ich Ihren Rat befolgen und vorsichtig sein.
7. KAPITEL
An: Patrick Knight
Von: Molly Cooper
Betrifft: Abenteuer in London
Lieber Patrick,
ich hoffe, Sie genießen das Great Barrier Reef ebenso sehr wie ich meine Zeit mit Peter. Ich könnte Ihnen endlos von meinen aufregenden Unternehmungen mit ihm berichten, aber ich will gnädig sein und mich auf eine Kurzfassung beschränken.
Unser Ausflug zur Westminster Bridge verdient jedoch besondere Beachtung. Falls Sie je den Film A Westminster Affair gesehen haben, werden Sie verstehen, was für ein unglaubliches Erlebnis es für mich war, neben einem Mann wie Peter auf dieser Brücke zu stehen und auf die Themse hinauszublicken. Es war genau wie in dem Gedicht von Wordsworth:
Still da liegen Dom, Theater, Türme, Schiffe, Kran,
frei gehn die Blicke zu der Wolken Bahn …
Wir sind allerdings nicht nur auf der Brücke, sondern auch auf dem Uhrturm von Big Ben gewesen (zu dem sage und schreibe 334 Stufen führen!). In dem Turm ist übrigens auch ein ehemaliges Gefängnis untergebracht, in dem die berühmte Frauenrechtlerin Emily Pankhurst eine Zeit lang inhaftiert war. Das arme Ding!
Oben angekommen haben wir uns hinter das beleuchtete Zifferblatt gestellt und eine Weile dem Ticken aus dem Uhrraum gelauscht. Peter erzählte mir, dass sein Vater ihn einmal dorthin gebracht und ihm erklärt habe, dass mit jedem Ticken eine Sekunde seiner Lebenszeit verstreichen würde, und dass jede dieser Sekunden kostbar sei, weil niemand wisse, wie viel Zeit ihm gegeben ist.
Als ich feststellte, dass das eine ziemliche beängstigende Lektion für ein Kind gewesen sein muss, lächelte er ein wenig traurig und meinte, dass diese Worte ihm bis heute im Gedächtnis geblieben seien, obwohl er inzwischen jeden Respekt vor seinem Vater verloren habe.
Es wäre mir aufdringlich erschienen, weiter nachzuhaken, daher habe ich ihn nur gefragt, ob er jemals seine Zeit verschwenden würde.
„Ich bemühe mich, es nicht zu tun“, lautete seine Antwort, und da musste ich auf einmal an Sie denken, Patrick. Ich meine, Sie haben so hart in der Bank gearbeitet und opfern auch noch Ihren wohlverdienten Urlaub, um an Ihrem Roman zu schreiben. (Jedenfalls haben Sie das getan, bevor Sie auf die glorreiche Idee gekommen sind, endlich mal eine Pause einzulegen J .)
Vielleicht hat mich der Gedanke an Sie darauf gebracht, jedenfalls habe ich Peter vorgeschlagen, einmal über einen längeren Aufenthalt auf einer tropischen Insel nachzudenken.
„Warum?“, wollte er wissen. „Steht auf Ihrer Insel die Zeit still?“
Ich antwortete: „Kann schon sein, wenn man es zulässt“, worauf er vielsagend die Brauen hochzog und mir ein betörendes Lächeln schenkte.
Und dann