Julia Extra Band 0354
sein“, bemerkte er nur.
Helena schluckte. Über Mark würde sie ihm nichts erzählen. Über den Mann zu sprechen, den sie für ihre große Liebe gehalten hatte, schmerzte immer noch. Nicht nur, dass er sie mit einer Freundin betrogen hatte, er hatte ihr auch den Vorwurf gemacht, frigide zu sein, was sie als unfair und verletzend empfand. Aber das war nun wirklich kein Thema, das sie vor Oscar ausbreiten wollte.
„Du hast schon recht, aber die Wahrheit ist leider, dass ich Jason ausgenutzt habe. Er war immer für mich da, wenn ich mich an seiner Schulter ausweinen wollte. Glücklicherweise habe ich das noch rechtzeitig erkannt. Ich fühlte mich zu Jason hingezogen, er war ein netter, lieber Mann. Doch im Grunde genommen hat er mir nichts bedeutet. Als ich das erkannte, habe ich mich von ihm getrennt – und leide deshalb heute immer noch an einem schlechten Gewissen. Eigentlich völlig unnötig, denn er ist inzwischen glücklich verheiratet.“
„Dann ist er ja am Ziel seiner Wünsche, und man kann ihm nur gratulieren.“ Oscar lächelte und wechselte das Thema. „Der Tod deines Vaters hat Isobel damals sehr mitgenommen. Er hat so viele Jahre für sie gearbeitet, dass die beiden anscheinend sehr vertraut miteinander waren. Daniel ist relativ jung gestorben, oder?“
„Mit neunundfünfzig. Die Feier für seinen sechzigsten Geburtstag war bereits in allen Einzelheiten geplant.“ Helena schluckte. „Und wie geht es deinen Eltern?“
Oscar überlegte einen Augenblick. „Mein Vater hat sich schon vor einiger Zeit ganz aus der Firma zurückgezogen. Seitdem leben meine Mutter und er fast das ganze Jahr über in ihrem Haus auf den Bermudas. Mein Onkel, der einzige noch lebende Bruder meines Vaters, hat seinen Posten in der Geschäftsleitung ebenfalls aufgegeben. Mit anderen Worten, die Verantwortung für das Familienunternehmen liegt schon seit Jahren allein auf meinen Schultern.“
Helena betrachtete ihn unter gesenkten Lidern. Sie konnte sich gut vorstellen, welch großes Arbeitspensum er zu bewältigen hatte, und fühlte mit ihm. Überhaupt verlief das Essen mit Oscar viel freundschaftlicher und ungezwungener, als sie angenommen hatte. Ob das am Champagner lag?
Sie nahm eine Weintraube von der Käseplatte. „Wo lebst du eigentlich? Hauptsächlich, meine ich.“
„Schwer zu sagen, ich pendle hin und her. Ich habe ein Haus in Griechenland, ein Apartment in New York und eins in London, doch Athen würde ich schon als mein eigentliches Zuhause bezeichnen.“
Sie trank das restliche Glas Champagner in einem Zug leer, um Mut zu schöpfen für das, was sie ihm zu sagen hatte. „Dann wirst du ja wohl kaum Zeit finden, dich in Mulberry Court aufzuhalten, und das Haus würde ein ganzes Jahr lang leer stehen. Du selbst hast vorhin die Gefahren angesprochen, die damit verbunden sind. Deshalb möchte ich dir einen Vorschlag machen.“
„So?“ Er zog die Brauen hoch.
„Ich … ich könnte nach Mulberry Court ziehen – für eine Weile jedenfalls.“
„Wirklich? Aber dein Job? Du hast doch bestimmt auch eine Wohnung in London!“
„Alles kein Problem.“ Betont nachlässig zuckte sie mit den Schultern. „Es würde mir sogar sehr gut passen. Wie gesagt, ich werde meinen Job aufgeben und mir eine Atempause gönnen, bevor ich etwas Neues beginne. Und da der Mietvertrag für mein Haus an meinen Arbeitsvertrag gekoppelt ist, bin ich praktisch heimatlos. Das kommt mir aber eigentlich sehr entgegen, denn die Vorstellung, London den Rücken zu kehren, wenn auch nur für kurze Zeit, finde ich äußerst verlockend.“
Überrascht sah er sie an. „Das Haus liegt sehr einsam, und du wärest sehr viel allein – meinst du, das würde dir gefallen?“
„Ich bin es gewohnt, allein zu sein.“ Sie lächelte flüchtig. „Außerdem habe ich ja Louise und Benjamin.“
Er überlegte. „Warum eigentlich nicht? Es ist schließlich auch dein Haus. Wann würdest du gern einziehen?“
„Anfang Mai“, antwortete Helena mit einem strahlenden Lächeln. Sie war überrascht, wie leicht es ihr gelungen war, ihre Vorstellungen durchzusetzen. „Wenn es mit dem Geld knapp werden sollte, kann ich jederzeit in Dorchester einen Aushilfsjob annehmen.“
Oscar, der ihr schon einen Vorschuss auf ihr Erbteil anbieten wollte, besann sich gerade noch rechtzeitig. Höchstwahrscheinlich würde Helena empört ablehnen. Sie war eine Frau, die ihren Kopf durchsetzte, das hatte er bereits schon einmal zu spüren bekommen.
„Ich kann es
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