Julia Extra Band 159
nicht gerade eine Diät. Das wäre bei dem Essen wirklich ein Jammer. Aber eine Urlaubswoche auf der Ranch kostet eine Stange Geld, da muß man schon etwas bieten."
„Aber es ist doch auch eine ganz normale Ranch, oder? Auf der richtig gearbeitet wird, meine ich."
„Ja, klar. Cal würde die Viehzucht nie im Leben aufgeben."
Alex, wie sie von ihren Freunden genannt wurde, war der herbe Unterton in Gregs Stimme nicht entgangen. Sie hatte ihn das letzte Mal gesehen, als er achtzehn Jahre alt gewesen war. Er war blond, und seine Augen waren so blau wie ihre. Als Kinder waren sie trotz der zwei Jahre Unterschied oft für Zwillinge gehalten worden. Die Ähnlichkeit war noch immer da, wenn auch nicht mehr annähernd so ausgeprägt.
„Wie kommst du mit deinem Schwager aus?" fragte sie jetzt. Greg zuckte eher gleichgültig die Achseln. „Es geht so einigermaßen."
Das klang nicht nach großer Freundschaft, was aber angesichts der Umstände wohl. nicht weiter überraschend war.
„Ich wollte als Kind immer Cowgirl werden", sagte Alex mit leichter Wehmut.
Greg lachte. „Ich würde sagen, als Fotomodell hast du es besser getroffen."
Alex verzog ein wenig den Mund. „Reiner Zufall. Von selbst wäre ich nie auf die Idee gekommen, wenn dieser Fotograf mich nicht entdeckt hätte. Jetzt stehe ich dafür vor dem Problem, daß ich keine vernünftige Ausbildung habe. Aber mit siebzehn denkt man natürlich nicht so weit."
„Viel älter siehst du heute auch noch nicht aus", stellte Greg mit einem Blick auf ihre honigblonde Mähne und ihr fein geschnittenes Profil anerkennend fest.
„Für meinen Beruf bin ich bereits uralt", meinte Alex ohne großes Bedauern. „Ich muß mir langsam überlegen, was ich in Zukunft mit meinem Leben anfangen soll."
Greg warf ihr einen Blick von der Seite zu. „Hast du schon irgendwelche Vorstellungen?"
„Eine Firma, für die ich letztes Jahr gearbeitet habe, hat mir das Angebot gemacht, Modeschmuck für sie zu verkaufen. Viel leicht mache ich das."
Greg verzog das Gesicht. „Das klingt nicht besonders verlockend. Jetzt führst du bestimmt ein viel aufregenderes Leben."
„Das würde ich nicht sagen", gab Alex trocken zurück. „Wenn man am Morgen vor der Kamera stehen muß, kann man sich keinen allzu aufregenden Lebenswandel erlauben."
„Du könntest dir einen reichen Mann suchen."
„Wenn ich überhaupt jemals heirate, dann bestimmt nicht wegen Geld!" erklärte Alex nachdrücklich.
„Du warst immer schon eine Romantikerin."
Vielleicht war sie das einmal gewesen. Aber wenn die letzten Jahre ihr nicht schon jede romantische Neigung ausgetrieben hatten, dann ganz sicher die vergangenen Wochen.
„War es bei dir und Margot Liebe auf den ersten Blick?" fragte sie, entschlossen, von sich abzulenken. „Ihr habt euch doch in Las Vegas kennengelernt, oder?"
„Ja. Margot war mit ein paar Freunden in dem Nachtclub, in dem ich hinter der Bar gejobbt habe. Eine Woche später haben wir geheiratet."
„Und mir wirfst du vor, ich wäre romantisch!" Alex schüttelte nachsichtig den Kopf.
Greg sah auf die Straße. „Sie wollte einfach nicht, daß Cal ihr drein redet."
„Er ist ihr Bruder und nicht ihr Vormund. Er kann doch wohl nicht ..."
„Und ob er kann! Er behandelt sie, als wäre sie sechzehn, nicht zwanzig!"
Vielleicht nicht ganz unbegründet, dachte Alex. Es war schließlich in keinem Alter vernünftig, einen Mann zu heiraten, den man erst seit einer Woche kannte. Aber Greg hatte nur die eine Hälfte ihrer Frage beantwortet. Hatte er auch aus Liebe geheiratet? Für jemanden, der so lange Jahre in der Welt umhergezogen war wie er, mochte die Aussicht, auf einer Ranch zu leben, durchaus große Anziehungskraft besitzen.
Aber sie wußte zu wenig von ihm, um voreilige Schlüsse zu ziehen. Niemand wußte besser als sie, daß man nicht nach dem äußeren Schein urteilen sollte.
Alex war zwölf Jahre alt gewesen, als ihr Vater gestorben war. Ein Jahr später hatte ihre Mutter wieder geheiratet. Damit hatte Greg sich nie abfinden können, und so war er nach vier Jahren mit ein paar Freunden in die Welt gezogen und hatte sich mit allen möglichen Jobs durchgebracht. Gelegentlich schrieb er, aber er machte keine Anstalten, wieder nach Hause zu kommen.
Als er sie dann vor ein paar Wochen nach Wyoming zu seiner neuen Familie eingeladen hatte, war das wie ein Geschenk des Himmels gewesen.' Besser hätte der Zeitpunkt gar nicht sein können, denn nichts wünschte sie sich im Augenblick
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