Julia Extra Band 159
so sehr wie ein bißchen Ruhe. Danach war hoffentlich etwas Gras über die ganze Sache gewachsen.
„Mum läßt dich grüßen", sagte sie jetzt vorsichtig. „Sie würde sich freuen, wenn du sie einmal besuchst."
„Nicht, solange der Typ da ist!"
„Greg, das ist acht Jahre her!" gab Alex zurück. „Vielleicht kommst du inzwischen ja mit ihm aus."
„Das ist so wahrscheinlich wie eine fliegende Kuh!" Ihr Bruder schüttelte den Kopf. „Mich sieht der nicht wieder. Mum hat sich entschieden, als sie ihn geheiratet hat."
Alex gab auf. Es hatte doch keinen Sinn. „Ist dein Schwager auf die Idee gekommen, mich einzuladen?" fragte sie, um das Thema zu wechseln.
„Nein, Margot. Sie freut sich schon sehr darauf, dich kennenzulernen." Er drückte aufs Gaspedal und überholte den vor ihnen fahrenden Wagen. „Und was macht dein' Liebesleben?" wollte er dann wissen. „Du hast nie etwas über irgendwelche Männer verlauten lassen. Es kann natürlich auch sein, daß ich nicht alle Briefe bekommen habe."
„Sehr wahrscheinlich. Du warst ja selten lang genug an einem Ort." Alex massierte sich den verspannten Nacken. „Ich freue mich schon auf eine schöne heiße Dusche."
„Die bekommst du", versprach Greg. „Aber du hast meine Frage nicht beantwortet."
Sie sah aus dem Fenster. „Vermutlich gab es nie einen Mann, über den zu schreiben sich gelohnt hätte."
„Vielleicht läuft er dir ja hier über den Weg."
„Ich werde wohl kaum lange genug bleiben, um irgendwelche großartigen Beziehungen entwickeln zu können."
„Das kann man vorher nie sagen. Manchmal genügt ein Blick: Vielleicht geht dein Wunsch in Erfüllung, und du wirst doch noch Cowgirl."
„Ja, wer weiß?" erwiderte Alex leichthin. „Ich bin für alles offen."
„Cal mit seinen vierunddreißig Jahren könnte auch allmählich heiraten."
„Ich wußte übrigens gar nicht, daß er soviel älter ist als Margot."
„Sie war eine Nachzüglerin. Ihre Mutter starb bei der Geburt, und vor zehn Jahren ist der Vater verunglückt. Seitdem führt Cal die Ranch. Als die Rindfleischpreise fielen, fing er an, Feriengäste aufzunehmen. Heute hätte er es zwar nicht mehr nötig, aber er hat sich daran gewöhnt. Die Sommermonate sind meistens völlig ausgebucht."
„Es ist ja auch eine schöne Art, Urlaub zu machen." Alex seufzte. „Es ist eine Ewigkeit her, daß ich zum Reiten gekommen bin."
„Kein Problem", versicherte ihr Greg. „Das kannst du hier reichlich nachholen. Aber es gibt auch jede Menge anderer Möglichkeiten, sich zu betätigen."
„Aber ich will nicht wie ein Feriengast behandelt werden. Wenn ich schon nichts bezahle, möchte ich wenigstens ein bißchen mithelfen."
Alex lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. Sie freute sich auf die vor ihr liegenden Tage oder Wochen und war entschlossen, das Beste daraus zu machen.
Sie mußte eingeschlummert sein, denn als sie das nächste Mal die Augen öffnete, hatten sie die Hauptstraße verlassen und fuhren eine kleine, holprige Straße entlang, die sich durch grüne Wiesen schlängelte. Pferde weideten auf beiden Seiten.
„Tut mir leid", sagte sie und setzte sich mit einem herzhaften Gähnen auf. „Fliegen macht mich immer müde. Ist es noch weit?"
„Nein, da vorn ist es."
Über einem breiten Tal war inmitten von Bäumen eine Ansammlung von Häusern und Schuppen zu erkennen. In einer Koppel waren gerade ein paar Leute damit beschäftigt, ihren Pferden die Sättel abzunehmen. Ihre Stimmen und ihr Lachen drangen in der ruhigen Abendluft bis zu ihnen. Greg hielt den Wagen vor dem zweistöckigen, ganz aus Holz gebauten Haupthaus an und machte den Motor aus. Es war der Inbegriff eines Ranchhauses, so wie Alex es sich immer vorgestellt hatte.
„So, da sind wir. Cal ist vermutlich noch draußen, aber Margot ist sicher irgendwo in der Nähe."
Alex stieg aus, reckte und streckte sich ausgiebig und atmete tief durch. Dann bückte sie sich in den Wagen, um ihre Jacke herauszuholen. Auch wenn die Tage heiß waren, so waren die Abende in dieser Höhe von doch fast zweitausend Metern kühl.
Eine junge hübsche Frau mit einem kastanienroten Lockenkopf erschien auf der Veranda. Sie war klein und zierlich und trug Jeans und eine blau-weiß karierte Bluse. Das mußte Margot sein.
„Hallo, Alex! Wie schön, daß ich dich endlich kennenlerne!" Margot stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte Alex auf die Wange. Danach trat sie einen Schritt zurück und sah ihre Schwägerin mit offener Bewunderung
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