Julia Extra Band 159
eignet sich vielleicht für Anfänger", wehrte Alex ab. „Ich kann reiten. Der Wallach würde mir eher zusagen."
„Ich habe nein gesagt, und dabei bleibt es." Er hatte die Stimme nicht erhoben, aber die Botschaft war klar.
Streiten oder langes Diskutieren würde sie nicht weiterbringen, wenn sie es auch nur widerwillig akzeptierte.
„Dann nehme ich die kastanienbraune Stute da drüben", entschied sie.
Cal nahm ihren Kompromiss mit einem leichten Neigen des Kopfes zur Kenntnis. „Gut."
Der Sattelraum befand sich am Ende der Scheune. Cal wählte einen passenden Sattel aus und lud ihn Alex ohne Umstände auf. ,;Hier trägt grundsätzlich jeder seine Sachen selbst", informierte er sie, als sie unwillkürlich nach Luft schnappte.
„Ich würde gern verschiedene Pferde ausprobieren", sagte sie dann. „Geht das?"
Er zuckte die Achseln. „Ja, klar. Lassen Sie nur die Finger von dem Wallach. Ich warne Sie. Er kann ziemlich störrisch sein."
Nicht nur er, dachte Alex. Ich werde dieses Pferd reiten, schwor sie sich, und wenn es meine letzte Handlung auf Erden ist.
Der Sattel schien immer schwerer zu werden, und sie war heil froh, als sie die Koppel erreicht hatten und sie ihn ablegen konnte. Cal streifte der Stute die Zügel über. Sie hielt zwar keinen Vergleich mit dem Wallach aus, aber wenigstens schien sie Temperament zu haben.
Alex legte ihr den Sattel auf, zog den Gurt fest und sprach da bei leise mit ihr. Nach einem Nachzurren des Gurts setzte sie einen Fuß in den Steigbügel und schwang sich mit einer schnellen, eleganten Bewegung hoch.
„Fühlt sich gut an", sagte sie zu Cal. „Als würde man in einem Sessel sitzen. So bequeme Sättel bin ich gar nicht gewöhnt."
„Sie sind sicher nicht so lange an einem Stück geritten, wie wir das hier tun", gab Cal trocken zurück. „Bewegen Sie die Stute erst eine Weile im Schritt."
Alex gehorchte. „Wie heißt sie?" wollte sie wissen.
„Minty. Und jetzt in den Trab."
Minty reagierte sofort auf die leichte Hilfe mit den Fersen. Alex hielt die Zügel in einer Hand und ritt im Westernstil, ohne aufzustehen. Es war ihr bewußt, daß sie ein bißchen angab, aber es wurde Zeit, Cal darüber aufzuklären, daß sie keine blutige Anfängerin war.
„Ich denke, das genügt", erklärte er nach ein oder zwei Minuten.
Das war vermutlich das höchste Lob, das sie sich von ihm er hoffen konnte. Sie beugte sich vor und tätschelte der Stute den Hals. „Irgendwelche Beschränkungen, wohin ich reiten darf?" erkundigte sie sich.
„Ich reite heute nachmittag in die Stadt", teilte Cal ihr mit. „Vielleicht haben Sie ja Lust, mich zu begleiten. Hängen Sie das Zaumzeug und den Sattel bis dahin einfach über den Zaun", wies er sie dann an und machte sich mit langen Schritten auf den Weg zurück zum Haus.
Alex kochte. Am liebsten hätte sie ihm etwas an den Kopf geworfen. Hatte sie ihm nicht gerade bewiesen, daß sie mit Pferden umgehen konnte? Sie brauchte kein Kindermädchen!
Aber ihre Vernunft siegte. Das Verhältnis zwischen Cal und ihrem Bruder war, vorsichtig ausgedrückt, nicht stabil. Mit irgendwelchem kindischen Benehmen half sie niemandem. Ob es ihr gefiel oder nicht, hier auf der Ranch hatte ausschließlich Cal das Sagen.
Margot war gerade rechtzeitig aufgetaucht, um Cals letzte Bemerkung zu hören, und auch der stumme Kampf, den Alex mit sich ausfocht, war ihr nicht entgangen. „Bewundernswerte Selbstbeherrschung", lobte sie und lachte.
„Er ist der Boss", gab Alex nur zurück, schwang sich aus dem Sattel und löste den Gurt. „Wie weit ist es bis zur Stadt?"
„Ein paar Kilometer. Aber stell dir nichts Großartiges darunter vor. Du bist ganz andere Städte gewöhnt."
„Um so besser. Kommst du auch mit?"
Margot schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe hier noch ziemlich viel zu tun."
Na, großartig, dachte Alex. Das kann ja heiter werden.
Minty schlug heftig mit den Hinterbeinen aus. Kein Wunder. Alex wußte nur zu gut, wie die Stute sich fühlte. Ein ordentlicher Galopp über das weite Land hätte ihnen beiden gutgetan.
„Ich habe früher immer die Mädchen in meiner Schule beneidet, die ein eigenes Pony hatten", sagte sie jetzt. „Wenn ich so aufgewachsen wäre wie du, hätte ich mich wie im Paradies gefühlt. "
Margot hob die Schultern. „Und mir ging es genau umgekehrt. Ich hätte immer gern ein Leben wie du geführt. Schöne Kleider, Reisen ... Vor diesem Ausflug nach Las Vegas bin ich nie weiter als bis Denver gekommen. Ich dachte,
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