Julia Extra Band 159
aber trotzdem hatte er eine unglaubliche Wirkung auf sie.
„Superb", erwiderte sie übertrieben sarkastisch, um ihre Verwirrung zu überdecken. „Sie sind der vollkommene Gastgeber."
„Das freut mich aber sehr." Die Erheiterung stand ihm im Gesicht geschrieben. „Wie lange wollen Sie noch in Ihrem Beruf arbeiten?" wollte er dann unerwartet wissen.
Alex hob die Schultern. „Solange ich Angebote bekomme, nehme ich sie an."
„Und wenn sie ausbleiben?"
„Dann wird etwas anderes kommen."
„Vielleicht auch ein Mann?"
Es kostete sie Mühe, die Beherrschung nicht zu verlieren. „Vielleicht. Vorausgesetzt, es ist der Richtige."
Sein Lächeln war eindeutig ironisch. „Die große Liebe oder nichts? Für eine Romantikerin hätte ich Sie nicht gehalten."
„Da sieht man wieder einmal, wie man sich täuschen kann. Möglicherweise sind Sie ja auch nicht der Zyniker, als der Sie sich gern geben", meinte Alex liebenswürdig. „Vielleicht habe ich Ihr Verhältnis zu meinem Bruder völlig falsch verstanden."
„Ich habe ihn lange genug beobachten können", sagte Cal trocken. „Und ich habe nicht den Eindruck, als ob er Margot ebenso liebt wie sie ihn."
Das war ihr auch aufgefallen, wenn sie es auch nie zugeben würde. „Männer tragen ihre Gefühle normalerweise nicht zur Schau. Das heißt nicht, daß sie keine Gefühle haben. Greg hätte Margot nicht geheiratet, wenn er sie nicht lieben würde."
„Sie haben Ihren Bruder acht Jahre nicht gesehen", gab Cal zurück. „Glauben Sie, daß Sie ihn immer noch kennen?"
Alex biß sich auf die Unterlippe. „Menschen ändern sich nicht so grundlegend."
„Das hängt davon ab, wo und mit wem sie zusammen waren. Acht Jahre durch die Welt zu stromern kann ich mir als wenig charakterbildend vorstellen."
„Er hat unterwegs immer gejobbt", erwiderte Alex protestierend. „Einmal hat er zum Beispiel auf einer Schaffarm in Australien gearbeitet."
„Das behauptet er wenigstens."
„Es ist wahr! Er hat mir von dort geschrieben. Und er hat auch gerade gearbeitet, als er Margot kennenlernte:"
„Als Barkeeper in einem Nachtclub!" Das klang, als hätte Greg sich in der Gosse herumgetrieben. „Es fängt schon damit an, daß Margot nichts in einem Nachtclub zu suchen hatte."
„Das sollten Sie den Leuten vorwerfen, die sie dorthin mitgenommen haben."
„Das habe ich bereits getan", sagte er grimmig. „Sie werden keinen Fuß mehr auf meinen Grund und Boden setzen."
Das konnte Alex sogar verstehen. Genau wie sie verstand, daß er nicht gerade überglücklich gewesen war, als seine kleine Schwester plötzlich mit einem Ehemann aufgetaucht war. Wenn sie ehrlich war, hätte sie Greg auch nicht gerade für den idealen Ehemann gehalten. Aber wenn Margot ihn wollte, dann sollte man den beiden doch auf jede Weise helfen, damit ihre Ehe ein Erfolg wurde.
„Ist Ihnen eigentlich schon einmal der Gedanke gekommen, daß Sie Margot vielleicht auch verlieren, wenn es Ihnen gelingt, Greg von der Ranch zu vertreiben?"
„Sie würde nicht mit ihm gehen." Das klang wie eine Tatsache. „Das soll vermutlich heißen, daß Sie es nicht zulassen würden. "
„Es soll heißen, daß ich sehr bezweifle, ob er sie überhaupt mitnehmen würde." Er nahm seine Füße vom Geländer und setzte sie auf den Boden. „Wenn Sie mit dem Frühstück fertig sind, suchen wir ein Pferd für Sie aus."
Alex stellte ihre leere Tasse ab. Sie wußte, daß es keinen Sinn hatte, das Thema Greg weiterzuverfolgen. Und sie konnte ja auch nicht sehr viel mehr zu seinen Gunsten sagen. Es lag an ihm zu beweisen, daß Cal sich in ihm irrte.
„Sie brauchen Ihre Zeit nicht zu opfern. Ich warte gern auf Margot", erklärte sie. Sie war nicht besonders versessen darauf, noch mehr Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen. „Ich würde ihr wirklich gern bei der Arbeit helfen."
„Das ist nicht nötig", sagte er. „Aber das Angebot gilt für die Tat."
Vermutlich war er davon überzeugt, daß sie gar nicht wußte, wie ein Staubsauger aussah. Wenn er ihr als Reiterin genauso wenig zutraute, dann stand ihm eine Überraschung bevor.
3
Über ein Dutzend Pferde weidete in der Koppel. Ein kastanienbrauner Wallach trabte unruhig am Zaun entlang.
„Ist der schon vergeben?" fragte Alex und nickte in seine Richtung.
„Das nicht, aber Sie reiten ihn trotzdem nicht", gab Cal zurück. „Ich empfehle Ihnen den Schecken. Er reitet sich leicht und angenehm. Sie können auch den Fuchs nehmen, wenn Ihnen der lieber ist."
„Der
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