Julia Extra Band 159
sie grimmig.
Alex hob in gespielter Verwunderung die Augenbrauen. „Ich dachte, Sie wollten wissen, ob ich reiten kann."
„Aber nicht mit dem Risiko, daß Sie sich den Hals brechen!" „Bei diesen Sätteln kann man überhaupt nicht vom Pferd fallen."
„Darauf würde ich mich nicht verlassen. Minty hätte ja auch in ein Loch treten können und ..." Cal unterbrach sich. Seine Geduld war überstrapaziert. „Sie werden in Zukunft gefälligst tun, was ich Ihnen sage! Verstanden?"
„Vorsicht", mahnte Alex milde. „Sie machen ja die Pferde scheu mit Ihrem Geschrei."
Seine grauen Augen blitzten auf. Unvermittelt war er neben ihr, streckte den Arm aus und legte die Hand um ihren Nacken. Dann zog er sie mit einem harten Ruck zu sich. Es war nicht ihr erster Kuß, aber noch nie war sie auf diese Weise geküßt worden.
Sein Schenkel preßte sich an ihren, und sein männlicher Geruch machte sie ganz benommen. Sie reagierte ganz instinktiv auf ihn. Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie hätte sich nicht dagegen wehren können.
Sie war atemlos, als er sie schließlich wieder freigab, und rang um ihre Fassung.
„Mit solchen Spielchen kommen Sie vielleicht bei sich zu Hause durch." Er wirkte völlig unbeeindruckt. „Aber versuchen Sie es nicht mit mir, sonst handeln Sie sich womöglich mehr ein, als Sie gewettet haben."
„Spielchen!" stieß Alex empört hervor. „Wenn Sie sich einbilden, daß ich ..."
„Ersparen Sie mir die Rolle der entrüsteten Heldin", unterbrach er sie hart. „Ich bin schließlich nicht der erste Mann, der Sie geküßt hat."
„Nein, aber die anderen Männer hatten bessere Manieren! Mit Ihrem Machogehabe können Sie vielleicht auf die Frauen hier Eindruck machen, aber ganz sicher nicht auf mich! "
Sein Lachen konnte man nicht anders als höhnisch nennen. „Besonders großer Widerstand ist mir nicht aufgefallen, wenn ich das anmerken darf."
„Ich bin mir viel zu gut dafür, mich mit einem Flegel wie Ihnen zu raufen!" zischte Alex und unterbrach sich dann abrupt, als sein Lachen breiter wurde. Sie gerierte sich wirklich wie eine entrüstete. Heldin. „Reiten wir nun in die Stadt oder nicht?" wollte sie ein wenig schroff wissen.
Cal neigte mit einem kleinen Lächeln den Kopf. „Aber benehmen Sie sich von jetzt an."
Damit ließ er seinen Hengst wieder in einen leichten Trab fallen und überließ es Alex, ihm zu folgen. Selbst sein Rücken strahlte noch unerträgliche Arroganz aus. Die Szene, die sie gerade hinter sich gebracht hatten, war filmreif gewesen - abgesehen davon, daß Cal kein Kinoheld war. Angesichts ihrer Reaktion auf ihn war es weise, wenn sie keinerlei Risiko mehr einging. Diesem Mann war praktisch alles zuzutrauen!
Sie durchwateten den Fluß an einer schmalen Furt, und Alex überließ es ihrer Stute, den richtigen Weg zu suchen.
Über den Bergen begannen sich Wolken aufzutürmen, obwohl der Himmel über der Weite noch tiefblau war.
„Könnte es sein, daß wir Regen bekommen?" fragte sie und beschloß, die ganze dumme Episode zu vergessen.
„Möglich. Im Sommer haben wir viele Gewitter hier." Cal sah sie an. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu entschlüsseln. „Sie fürchten sich doch nicht?"
„Nein. Aber bisher war ich bei Gewitter auch noch nie auf einem Pferd unterwegs."
„Wir sind in jedem Fall rechtzeitig zurück. Ich habe nicht vor, mich lange in der Stadt aufzuhalten."
Das sollte heißen, daß sie nicht herumtrödeln sollte. Kein Problem, dachte Alex und verkniff sich weise eine bissige Bemerkung. Schließlich konnte sie jederzeit wieder in die Stadt reiten. Ohne ihn.
„Ich nehme an, ich darf jetzt auch einmal allein ausreiten?" erkundigte sie sich höflich, bemüht, auch nicht den geringsten Sarkasmus mitklingen zu lassen.
„Ich wüßte nicht, was dagegen spricht", meinte er. „Sie können ja offensichtlich mit Pferden umgehen."
Alex warf ihm einen mißtrauischen Blick zu, konnte aber keinen Spott in seinen Augen entdecken. „Ich habe schon mit sieben Jahren angefangen zu reiten", erzählte sie.
„Hatten Sie ein eigenes Pony?"
Sie schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Ich habe ein paarmal die Woche in einen Reitstall beim Ausmisten ausgeholfen. Dafür durfte ich umsonst reiten."
„War Greg auch so pferdebegeistert?"
„Nicht ganz."
„Aber Sie standen sich als Kinder sehr nahe?"
„Ja." Alex zögerte. Sie war sich nicht sicher, ob das der richtige Zeitpunkt war, ein gutes Wort für ihren Bruder einzulegen - vor allem auch, weil sie
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