Julia Extra Band 159
wachsen und dir die Haare blond färben", gab Cal ungerührt zurück.
Alex hielt es für angeraten, das Thema zu wechseln. „Wann wollen wir aufbrechen?" erkundigte sie sich.
„Sobald wir hier fertig sind. Ich würde Ihnen raten, einen Hut aufzusetzen."
„Ich leihe dir einen", bot Margot sofort an.
Alex lächelte ihr zu. „Danke. Ich kaufe mir dann in der Stadt selbst einen. Als Erinnerung an meinen Besuch hier."
Margot sah sie etwas unglücklich an. „Du mußt doch nicht schon bald wieder fort, oder?"
Das war eine etwas heikle Frage. „Ich habe keine konkreten Pläne", antwortete Alex vorsichtig.
„Meinetwegen können Sie bleiben, solange Sie wollen", bot Cal an.
„Danke", sagte Alex. „Das ist sehr großzügig."
Er verzog den Mund. „Meine Großzügigkeit hält sich üblicherweise in Grenzen. . Vielleicht haben Sie Lust bei unserem Gästeprogramm mitzumachen. Morgen abend machen wir ein Lagerfeuer, und am Sonntag findet in Prescott ein Rodeo und anschließend ein Tanzabend mit Square dance statt."
„Greg hat mir erzählt, daß die Gäste auch auf der Ranch und arbeiten dürfen."
„Die Männer."
„Und Frauen sind nicht zugelassen?"
Cal ließ den Blick über ihre langen,'welligen Haare, dann über ihre zarten Gesichtszüge bis hinunter zu ihren gepflegten Händen wandern. „Das ist keine Arbeit für Frauen."
„Dort, wo ich herkomme", begann sie, „traut man Frauen mehr zu - und immer so viel, wie sie sich selbst zutrauen."
„Das setzt voraus, daß die Frauen ihre Fähigkeiten nicht über schätzen."
„Es kommt immer auf einen Versuch an. Ich habe Ihnen immerhin schon bewiesen, daß ich mich auf einem Pferd halten kann. "
„Und Sie glauben, Sie könnten auch mit einem Lasso umgehen?"
„Ich könnte es bestimmt lernen."
Sein Lächeln war voller Nachsicht. „Ich werde es in Erwägung ziehen." Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Ich erwarte Sie in zehn Minuten unten an der Koppel."
Cal konnte einen wirklich zur Weißglut bringen. Margot lachte über den Gesichtsausdruck ihrer Schwägerin. „Du siehst so aus, als würdest du ihn am liebsten hinterrücks meucheln."
„Und das nicht zum erstenmal!" Alex nahm sich zusammen. „Entschuldige. Er ist immerhin dein Bruder."
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Mir geht es manchmal nicht anders. Aber du hast doch gemerkt, daß er dich absichtlich provoziert hat?"
Alex warf ihr einen scharfen Blick zu und lächelte dann etwas dümmlich. „Du meinst, Frauen dürfen doch auf der Ranch mitarbeiten?"
„Wenn sie wollen. Natürlich."
„Ich will es!"
Margot zögerte. ,,Versteh mich nicht falsch, aber du siehst ein fach nicht so aus, als könntest du richtig zupacken."
„Man sollte nie vom Äußeren ausgehen." Alex stand auf. „Ich werde mich also bewähren müssen."
Cal saß schon im Sattel, als sie zur Koppel kam, und hielt ihr Pferd am Zügel. Wie er da saß, entspannt, eine Hand locker auf dem Schenkel, verkörperte er das Urbild des amerikanischen Cowboys, vom dem sie als kleines Mädchen immer geträumt hatte: den männlichen Helden in einer von Männern beherrschten Welt. Aber was vielleicht ein aufregender Traum war, war in der Wirklichkeit ganz und gar unerträglich.
„Ich sehe, Sie haben an den Hut gedacht. Paßt er?"
„Er ist ein bißchen zu eng. Ich werde mir nachher einen kaufen. "
„Tun Sie das." Er zog seinen. eigenen Hut tiefer ins Gesicht und setzte seinen Grauen mit einem leichten Ruck in Bewegung.
Alex war glücklich. Alles, wovon sie geträumt hatte, war wahr geworden: die heiße Sonne, die atemberaubend schöne Landschaft, der tiefblaue Himmel von Wyoming. Was konnte man sich mehr vom Leben erhoffen? Was mochte Greg sich mehr er hoffen? Wenn sie nie mehr im Leben eine Großstadt sehen würde, es wäre ihr gleichgültig.
Sie ritten auf den Fluß zu. Minty war voller Bewegungsdrang, und Alex beschloß, das Grübeln zu lassen und ein für allemal klarzustellen, aus welchem Holz sie geschnitzt war. Sie gab die Zügel frei, und die Stute brach in vollen Galopp aus.
Cal rief ihr etwas nach, aber sie kümmerte sich nicht darum, sondern trieb Minty nur noch mehr an. Er sollte etwas bekommen für sein Geld!
Er war neben ihr, als sie die Stute schließlich am Fluß zügelte. Ihre Augen funkelten. Der Hut war ihr längst in den Nacken gerutscht, und sie lachte. „Na, aufgenommen in den Club?" fragte sie herausfordernd.
„Wenn Sie das noch einmal tun, bekommen Sie Reitverbot!" warnte er
Weitere Kostenlose Bücher