Julia Extra Band 159
nicht so richtig wußte, wie.
Cal nahm ihr die Entscheidung aus der Hand. „Ich habe nicht vor, mich mit Ihnen über Greg zu unterhalten", erklärte er. „Sie können sich also die Mühe sparen."
„Eines verstehe ich nicht: Wenn Sie Greg nicht mögen, warum haben Sie ihm dann erlaubt, mich einzuladen?" wollte Alex nach einer kleinen Pause wissen.
„Das war Margots Idee - nachdem Greg ihr irgendwann ein mal gestanden hatte, daß er eine Schwester hat. Bis dahin hatte sie geglaubt, er stünde mutterseelenallein auf der Welt."
Alex biß sich auf die Unterlippe. „Vielleicht braucht er ein Zeit, sich einzuleben." Das klang selbst für sie dürftig, und so wunderte sie sich auch nicht über Cals böse Miene. „Aber es spielt ja jetzt keine Rolle mehr."
Sie kamen zu einem breiten Tal. In der Ferne war eine Ansammlung von Häusern zu erkennen. Noch ungefähr zwanzig Minuten, schätzte Alex, wenn sie das gegenwärtige Tempo beibehielten. Die Wolken hinter ihnen wurden größer, aber Cal würde schon wissen, was er tat.
Sie warf ihm einen heimlichen Blick zu, und ein merkwürdiges Kribbeln zog sich an ihrer Wirbelsäule entlang, als sie an sei nen Kuß dachte. Wie war es wohl, wenn er sie aus Lust küßte und nicht, weil er sie bestrafen wollte?
Aber das vergaß sie am besten ganz schnell wieder. Solche Gedanken konnten zu nichts führen.
4
Abgesehen von zwei oder drei Autos, die am Straßenrand abgestellt waren, hatte das zwanzigste Jahrhundert noch kaum sichtbar Einzug in die Stadt gehalten. Vor vielen Gebäuden in der baumbestandenen Hauptstraße gab es tatsächlich noch „Pferdeparkplätze".
Cal stieg vor einem niedrigen Gebäude mit der aus den alten Westernfilmen so vertrauten Aufschrift „County Sheriff" ab. „Ich bin gleich wieder da", verkündete er.
Alex sah ihm nach. Sie brauchte sich gar nichts vorzumachen: Jede seiner geschmeidigen Bewegungen ließ einen winzigen Schauer über ihren Rücken laufen. Eine unerklärliche körperliche Anziehung brachte alle ihre Sinne in Aufruhr. Und sie konnte nichts dagegen tun.
Sie rieb Mintys weiches Maul, behielt dabei aber immer Cals unruhigen Grauen im Auge. Natürlich mußte er sich einen Hengst aussuchen, dachte sie ironisch. Die junge Frau, die ihren Landrover in der Nähe parkte, nahm sie erst zur Kenntnis, als sie auf sie zukam.
„Nachdem das Cal Forresters Pferd ist, sind Sie vermutlich Alex. Ich bin Diane Lattimer von der Circle-X-Ranch ", stellte die Frau sich vor.
Margot war nicht ganz gerecht gewesen, was Dianes Aussehen betraf: Mit ihren dunklen Locken und den ungewöhnlichen bernsteinfarbenen Augen hätte sie ohne weiteres eine Karriere als Fotomodell machen können. Sie war wirklich sehr hübsch, das mußte Alex neidlos anerkennen.
„Cal muß jeden Moment zurückkommen", sagte sie.
Diane lehnte sich an den Balken, an dem die Pferde angebunden waren. „Bleiben Sie lange?"
Auf jeden Fall zu lang, wenn es nach dir geht, dachte Alex. Diane sah nicht so aus, als würde sie eine Konkurrentin dulden.
„Vermutlich zwei Wochen", antwortete sie, und die Erleichterung in den Augen ihres Gegenübers war nicht zu übersehen.
„Dann sind Sie nur auf Urlaub hier?"
„Ja", sagte sie und dachte: Was denn sonst? ,,Ich habe meinen Bruder lange nicht gesehen. Ich nehme an, daß Sie Greg kennen?"
„Ja, natürlich. Er hat großen Eindruck auf mich gemacht." Alex war nicht taub für Zwischentöne, wollte aber nicht unhöflich sein. „Auf Margot offenbar auch."
„Margot war immer leicht zu beeindrucken", erwiderte Diane süß. „Natürlich hätte kein Mensch erwartet, daß sie sich ausgerechnet in Las Vegas einen Ehemann anlacht."
„Ja, ja, das Leben ist voller Überraschungen", philosophierte Alex.
„Manche sind klein, die anderen größer", stimmte Cal ihr zu. Er war gerade rechtzeitig auf die Straße getreten, um die letzte Bemerkung zu hören. Er lächelte Diane an, und Alex konnte in diesem Lächeln nicht einmal eine Spur des Spotts entdecken, mit dem er sie anzuschauen pflegte. „Was bringt dich in die Stadt?"
Dianes strahlendes Lächeln war mehr als übertrieben, fand Alex. „Ich war zufällig in der Stadt, und da habe ich dein Pferd entdeckt. Ich wollte sowieso zu dir."
„Gibt es einen besonderen Grund dafür?"
„Ich wollte nur wissen, ob du am Samstag beim Rodeo mitmachst. "
Das hätte sie ihn auch am Telefon fragen können, dachte Alex. „Ja, natürlich. Kommst du auch?"
„Auf jeden Fall." Diane bedachte Alex mit einem
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