Julia Extra Band 159
huldvollen Blick. „Ich vermute, bei Ihnen zu Hause kennt man keine Rodeos?"
„Wir haben Sportfeste. Das ist mehr oder weniger dasselbe", erwiderte Alex milde.
Cals Mundwinkel zuckten fast unmerklich. „Wollten Sie sich nicht nach einem besser passenden Hut umschauen?" erinnerte er sie.
„Oh!" Einen Moment kam sie aus dem Konzept. „Ich dachte, Sie hätten es eilig, wieder nach Hause zu kommen?"
„Zehn Minuten kann ich noch erübrigen." Er bedachte Diane mit einem weiteren liebenswürdigen Lächeln. „Bis Samstag dann. "
Damit wandte er sich ab. Als Alex den Ausdruck in Dianes Augen sah, bekam sie fast Mitleid. Was immer Cal ihr für Gefühle entgegenbrachte, sie waren nicht annähernd so intensiv wie die Gefühle, die Diane für ihn hegte.
„Grenzen die Circle-X-Ranch und Ihr Land aneinander?" wollte sie von ihm wissen.
„Wir sind unmittelbare Nachbarn", antwortete er. „Warum?" Sie hob die Schultern. „Ich dachte nur, es könnte vielleicht von Vorteil sein, die beiden Besitzungen zusammenzulegen."
„Nicht vorteilhaft genug, um deshalb zu heiraten, wenn Sie darauf anspielen."
„Sie könnten es schlechter treffen als mit Diane."
„Ganz bestimmt." Er hob eine Augenbraue und sah auf sie hinunter. „Woher dieses Interesse an meinem Familienstand?"
„Ach, ich könnte mir einfach vorstellen, daß das Eheleben Sie etwas umgänglicher machen würde", gab sie süß zurück. „Sie wissen schon, die Liebe einer guten Frau und so weiter."
„Ich bezweifle, daß Diane sich gern in dieser Rolle sehen würde. Aber ich werde Ihre Anregung im Herzen behalten, falls ich einmal in Versuchung komme, eine Heirat in Erwägung zu ziehen. "
„Warten Sie nicht zu lange damit", warnte Alex, „sonst haben Sie vielleicht nicht mehr viel Auswahl. " Das bescherte ihr einen weiteren spöttischen Blick.
„Das Risiko nehme ich auf mich."
Alex mußte zugeben, daß er wohl kaum Gefahr lief, zum männlichen Mauerblümchen zu werden. Diane war vermutlich nur eine aus einer ganzen Reihe von Frauen, die gern Herrin auf der Lazy-Y-Ranch werden würden.
Es war nicht schwierig, einen Hut zu finden, der paßte. Das größere Problem waren Form und Farbe. Entschlossen, sich trotz Cals wachsender Ungeduld nicht unter Druck zu setzen, probierte Alex wenigstens ein Dutzend Modelle an, bevor sie sich schließlich für einen cremefarbenen Hut mit schwarzem Band entschied. Aus den zugestandenen zehn Minuten waren fünfundzwanzig geworden, bis sie wieder auf der Straße standen. Die Wolken waren noch weiter gewachsen und hingen schwarz und drohend am Himmel. Ein Blitz zuckte über die Berge, 'in paar Sekunden später donnerte es. Noch war das Gewitter nicht da, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis es losbrach.
„Werden wir es noch vor dem Regen schaffen?" wollte Alex wissen, als sie auf die Pferde stiegen.
Cal zuckte die Achseln. „Sonst werden wir eben naß."
Wenigstens habe ich diesmal etwas an, tröstete Alex sich. Sie hatten den Grat über dem Tal erreicht. Die Blitze boten ein grandioses Schauspiel, und der Donner folgte ihnen in immer kürzeren Abständen.
Cal hob den Kopf, und Alex folgte seinem Blick und entdeckte die kreisenden Vögel.
„Sind das Geier?" wollte sie wissen, und Cal sah sie überrascht an.
„Woher wissen Sie das?"
„Aus dem Kino. Das heißt, daß ein Kadaver da unten liegt, oder?"
„Ja, und zwar ein ziemlich großer, wenn es so viele Geier sind. Ich werde später nachschauen, was da los ist."
„Warum tun wir es nicht gleich, wenn wir schon in der Nähe sind?" fragte Alex, bestrebt, ihm zu beweisen, daß sie kein zartbesaitetes Weibchen war.
Er sah sie forschend an, als wollte er überprüfen, wie ernst sie ihren Vorschlag meinte. „Wenn wir einen Umweg machen, schaffen wir es sicher nicht mehr vor dem Gewitter."
„Wen stört schon ein bißchen Regen?" meinte Alex mit zur Schau getragener Sorglosigkeit und verdrängte die leise warnenden Stimmen in ihrem Inneren. „Das wäre nicht das erste Mal, daß ich naß werde." Sie trieb Minty mit den Fersen an. „Also los."
Cal folgte ihr, um dann, als sie das Tal erreicht hatten, die Führung zu übernehmen. Von der Talkante hatte es gar nicht so weit ausgesehen, aber es dauerte einige Minuten, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Ein toter Stier,. bereits halb aufgefressen, hatte die Geier angezogen, die mit ihren kräftigen Schnäbeln große Fleischstücke aus dem Kadaver hackten. Sie flogen auf, als die ungebetenen Gäste näher kamen,
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