Julia Extra Band 159
Jack auf den Arm. „Mein Sohn", wiederholte Gifford ernst.
Als sie die beiden anschaute, den großen, muskulösen Mann und das Baby, das er noch etwas unbeholfen an seine nackte Brust gepreßt hielt, wurde Cass vor Rührung die Kehle eng. Gifford sah seinen Sohn auf die gleiche Weise an wie sie damals kurz nach Jacks Geburt - ungläubig, verzaubert, ergriffen von diesem Wunder, bei dessen Entstehung er mitgeholfen hatte.
„Du bist ein großartiges kleines Kerlchen", sagte Gifford mit heiserer Stimme, und als er dann Cass anblickte, bemerkte sie, daß seine Augen ganz feucht waren.
Eine unbändige Freude und unendliche Erleichterung erfaßten sie. Gifford akzeptierte sein Kind und war stolz darauf. Das war ein guter, ein vielversprechender Anfang! „Das finde ich auch." Sie lächelte. „Aber ich bin voreingenommen."
Er grinste zurück. „Ich auch! "
„Bist du gerade erst aufgestanden?" fragte Cass.
„Nein, ich bin heute schon sehr früh auf den Beinen gewesen" , antwortete er und fügte in Gedanken hinzu: Weil ich nicht schlafen konnte, denn ich mußte immer an meinen Sohn denken - und an dich! „Und während ich frühstückte", fuhr er laut fort, „kam mir plötzlich Edith und ihr Ärger mit dem Eden in den Sinn. Es müßte ein idiotensicheres Handbuch geben mit Tipps für den Kauf und Verkauf von Immobilien. Also ging ich ins Arbeitszimmer und brachte ein paar Einfälle zu Papier." „Du willst diesen Führer schreiben?" fragte Cass.
„Ja, aber zuerst muß ich einen Verleger dafür finden. Es ist ja bloß eine Idee, aber so habe ich etwas zu tun." Er hob die Schultern. „Besser, als Zeichentrickfilme im Satellitenprogramm anzusehen." Und es wird mich davon abhalten, ständig über unsere Beziehung nachzugrübeln, fügte er in Gedanken hinzu.
Er reichte Cass Jack und zog sich rasch Jeans und ein kurzärmeliges, dunkelblaues T-Shirt über. „Kommt mit in die Küche", sagte er. „Ich mache uns Kaffee, und dann können wir reden."
Sie folgte ihm in die modern eingerichtete Designerküche mit schönen Ahornschränken und einem futuristisch geschwungenen Tresen, vor dem einige Barhocker standen.
Nachdem Gifford Wasser aufgesetzt hatte, holte er ein weißes Plastikkörbchen mit drei gelben Tennisbällen aus einer Schublade und stellte es vor Jack hin, den Cass auf den hölzernen Fußboden gesetzt hatte. „Hier, mein Kleiner, da hast du etwas zum Spielen."
Sie kniete sich hin, nahm einen Ball heraus und kullerte ihn zu Jack. Doch der kümmerte sich nicht darum, sondern hantierte mit dem Körbchen. Cass lachte. „Typisch!"
„Letzte Nacht sagtest du etwas von Briefen, die du mir geschrieben hast", begann Gifford das Gespräch.
Sie nickte. „Es waren zwei Stück."
Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie aus metallgrauen Augen durchdringend an. Seine gute Laune schien verschwunden zu sein. „Hast du sie wirklich abgeschickt? Oder hast du nicht vielmehr, als du entdecktest, daß du schwanger warst, beschlossen, mir diese Information vorzuenthalten, um die Dinge nicht zu kompliziert zu machen? Vielleicht hast du mich nur als ... Zuchthengst benutzt. Es soll ja Frauen geben, die wohl ein Kind, aber keinen Vater dazu wollen, nicht wahr?"
Ärgerlich marschierte Cass zu ihm hinüber und blieb dicht vor ihm stehen. „Ich lüge nicht", rief sie empört. „Und ich bin nicht so wie diese Frauen, sondern glaube daran, daß Kinder einen Vater brauchen, der ihnen Liebe und Sicherheit bietet und der ihnen hilft, selbstbewußte Menschen zu werden."
Gifford drehte sich zur Arbeitsplatte um, tat einige Löffel Instantpulver in zwei Kaffeebecher und goß heißes Wasser hinzu. Er wußte von sich selbst, daß er dazu neigte, alle zu verdächtigen und die Welt von der zynischen Seite zu sehen - ein Verdienst seines Vaters. Aber hier lagen die Dinge anders.
„Ich glaube dir", meinte er schließlich, „und möchte mich entschuldigen. Ich weiß, daß du so etwas nicht tun würdest."
„Das ist auch besser so", erwiderte Cass ruhig. „Ich habe dir zwei Briefe geschrieben. Den ersten, in dem ich dir meine Schwangerschaft mitteilte, gab ich Stephen mit, als er nach,. Boston flog."
„Er hat ihn mir nicht ausgehändigt", meinte Gifford nachdenklich.
„Vielleicht hat er ihn verloren?" vermutete sie.
Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube eher, Stephen hat ihn mir absichtlich nicht überreicht. Schon damals, als wir zusammen arbeiteten, hatte ich oft den Eindruck, er hätte mich am liebsten auf den
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