Julia Extra Band 159
ihn doch?"
„Ja."
„Ihn dann und wann in den Ferien zu sehen macht dich doch nicht gleich abhängig. Nun ja, du lebst zwar auf der anderen Seite des Ozeans, aber ..."
„Das wird nicht funktionieren", meinte Gifford knapp.
„Warum nicht?"
„Weil ..." Er schüttelte den Kopf. „Nein."
„Es wird doch nur ab und zu sein ..."
„Cass, laß es!" fuhr er sie an.
Sie blinzelte, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
Sie hatte zwar gewußt, daß vieles für einen Mann wie ihn, der seine Freiheit über alles liebte, dagegen sprach, sich um sein Kind zu kümmern. Aber daß er es jetzt so deutlich aussprach, verursachte in ihr einen abgrundtiefen Schmerz.
Sie preßte Jack an sich und lächelte Gifford qualvoll an.
„Okay", sagte sie leise, „es ist deine Entscheidung."
5
Nachdem Cass und Gifford in der malerischen, aber verschlafen wirkenden Hauptstraße von Grand Anse ihre Einkäufe erledigt hatten, schafften sie es gerade noch rechtzeitig zu Oscars altem Jeep zurück.
Schon den ganzen Tag lang waren dunkle Wolken aufgezogen, der Wetterbericht hatte heftigen Monsunregen vorhergesagt, und nun begannen die ersten Tropfen auf die Windschutzscheibe zu prasseln.
„Das war knapp", meinte Gifford und zwängte sich neben Cass auf den Beifahrersitz. Dann beäugte er mißtrauisch das Verdeck, das von Metallstangen gehalten wurde, von denen einige jedoch gebrochen waren. „Ist dieses Ding eigentlich wasserdicht?"
„Keine Ahnung, ich bin nie bei Regen gefahren", antwortete sie. „Aber mit ein bißchen Glück sind wir wieder zu Hause, bevor es richtig losgeht."
Gifford schaute sich zu dem Babysitz um, der hinten auf der Rückbank befestigt war. „Mag Jack Auto fahren?"
Es gibt so viel, dachte Gifford, was ich nicht von meinem Sohn weiß. Gedankenverloren schlossen sich seine Finger um seinen Gehstock, den er zwischen den Beinen eingeklemmt hatte. Und vieles, was ich niemals von ihm erfahren werde, fügte er im stillen hinzu.
Cass hatte Jack in Ediths Obhut gelassen, weil er noch nicht aus seinem Mittagsschlaf erwacht war. „Er liebt es", meinte sie, „besonders, wenn ich über Schlaglöcher fahre."
Sie lächelte. Obwohl ihr vorhin Giffords Weigerung, sich in Zukunft um Jack zu kümmern, als mittlere Katastrophe erschienen war, hatte sie ihre Fassung inzwischen wiedergefunden. Nun, es hatte sich also nichts geändert, aber sie würde nicht aufgeben.
„Verdammt", fluchte sie dann, als das tropische Unwetter richtig losbrach und die Scheibenwischer die 'Wassermassen kaum noch bewältigen konnten. In Grand Anse war die Hauptstraße asphaltiert und gut zu befahren gewesen, doch hier am Meer gab es nur unbefestigte Straßen. Der Weg, den sie befuhren, verwandelte sich innerhalb von Minuten in eine Schlammbahn und wies zahllose Schlaglöcher auf. Einige waren klein, doch andere, fand Gifford, besaßen beinahe die Ausmaße des Grand Canyon.
„Nicht so schnell", warnte er Cass, „das ist doch hier kein Formel-1-Rennen ! "
Cass bremste und warf einen Blick aus dem Seitenfenster: Der sonst so ruhige, türkisblaue Ozean hatte eine dunkelgraue Färbung angenommen, schaumgekrönte Wellen peitschten an den Strand, während der heftige Wind die Kokospalmen schüttelte.
Als eine kräftige Bö den Jeep erfaßte, packte Cass das Lenkrad fester.
„Schalte einen Gang runter", befahl Gifford.
„Ich frage mich, warum sich Männer immer einbilden, besser übers Autofahren Bescheid zu wissen als Frauen", stichelte Cass.
Er lächelte selbstbewußt. „Vielleicht, weil sie es tatsächlich besser können", vermutete er.
Bevor sie noch antworten konnte, packte ein weiterer Wind stoß den leichten. Jeep und knickte eine der vorderen Metallstangen, so daß das Stoffverdeck begann, wild in der Luft zu flattern. Der Regen strömte nun ins Wageninnere und durchnäßte die Insassen.
Rasch packte Gifford einen Zipfel des Stoffes, um einiger maßen geschützt zu sein. Cass folgte seinem Beispiel und packte den anderen Zipfel.
Gifford runzelte die Stirn. „Findest du es gut, nur mit einer Hand zu fahren?" wollte er wissen. „Noch eine Bö, und wir fliegen von der Straße und landen womöglich im Meer! "
Cass seufzte. „Danke, daß du mich auf diese Möglichkeit aufmerksam machst, aber ich habe alles unter Kontrolle", sagte sie angriffslustig. „Ich besitze meinen Führerschein seit zehn Jahren und habe noch nie einen Unfall gebaut, geschweige denn ein Ticket wegen Falschparkens bekommen. Du dagegen ... -
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