Julia Extra Band 159
Vor Zorn preßte sie die Hände zu Fäusten zusammen, bis die Fingernägel tief in das Fleisch eindrangen. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, welche verrückten Gründe sie veranlaßt hatten, das Kleid nicht zurecht zuziehen, aber damals war sie ein wahrer Dickkopf gewesen.
„Wie lange dauert diese Geschichte schon?" hatte Jaime voller Wut gefragt.
„Das geht dich gar nichts an", hatte Cisco bemerkt und damit der Lüge noch zusätzliche Glaubwürdigkeit verschafft. ,,Stimmt", hatte Jaime ausgestoßen, bevor er zynisch hinzufügte: „Ich wollte nur wissen, wie lange es nach ihrer Entjungferung gedauert hat, bis sie diese neu gewonnene Erfahrung bei einem anderen ausprobiert."
Die Geräusche auf dem Krankenhausflur brachten Beth in die Gegenwart zurück, und wenig später ging die Tür auf. Sie sprang auf die Füße, als ihr Junge auf einer Bahre in das Zimmer gerollt wurde. Der behandelnde Arzt legte Jacey mit Catalinas Hilfe ins Bett
„So, wir haben das kleine Probleme mit dem Blinddarm gelöst", erklärte er Beth, während diese Jacey mit zitternder Hand übers Gesicht streichelte. „Es hat keinerlei Komplikationen gegeben", fügte er hinzu. „Es war ..." Er brach ab und lächelte, als Jaime in den Raum stürmte. „Es tut mir leid für dich, mein Freund, aber du hättest es auch nicht besser machen können", neckte er ihn.
Jaime schlug ihm auf die Schulter, um ihm zu danken. Dann setzte er sich Beth gegenüber aufs Bett und beugte sich über seinen Sohn, den er lange anschaute, bevor er den Arzt nach jeder Einzelheit der Operation ausgiebig befragte.
„Typisch Ärzte", flüsterte Catalina und rollte mit den Augen. „Das einzige, was zählt, ist doch, daß es Jacey gutgeht. Und das kann jeder sehen." Sie lächelte Beth aufmunternd zu. Als Jaime endlich fertig war, seinen Kollegen auszufragen, begann er, dem Jungen auf die Wangen zu trommeln.
„Du wirst ihn noch aufwecken", fand Beth endlich die Sprache wieder.
„Genau das habe ich vor." Jaime warf ihr auf einmal einen Blick zu, der lang vergessene Empfindungen wieder wachrief. Dann wandte er sich erneut seinem Sohn zu. „Komm schon, kleiner Held, wach auf."
Beth hielt den Atem an, als der Junge mit den Augen blinzelte und schließlich seinen Vater ansah.
„Hallo, junger Mann", murmelte Beth und bemerkte kaum, wie der andere Arzt sich von Jaime verabschiedete und das Zimmer verließ.
„Mama ... Papa." Jacey drehte den Kopf, als würde er jemanden suchen. „Ist Yaya nicht da?"
„Sie ist zurück zur Galerie gefahren, erinnerst du dich daran?"
Er nickte schwach mit dem Kopf und schloß die Augen.„Nicht wieder einschlafen", sagte sein Vater.
„Natürlich nicht", stammelte Jacey. „Mein Bauch tut aber noch weh."
„Das habe ich dir schon erklärt", bemerkte Jaime. „Aber es ist eine andere Art von Schmerz, oder?"
Das Kind nickte mit dem Kopf und drehte sich dann zu seiner Mutter. „Sie haben meinen Bauch zugenäht, und das tut sehr weh, Mama!"
Jaime fragte: „Und was, meinst du, muß man in diesem Fall nehmen?"
„Vielleicht ein Zäpfchen", war die bedauernde Antwort.
„Richtig", entgegnete Jaime und nahm eine kleine Schachtel zur Hand.
Beth dachte daran zurück, was sie vorhin empfunden hatte, als sie allein gewesen war. Niemals hätte sie sich erlauben dürfen, diesen Überlegungen nachzuhängen. Der Schmerz über Jaimes Verrat hatte sich in all den Jahren nicht gemildert.
Später verließ sie das Zimmer, um Rosita anzurufen. Als sie zu ihrem Sohn zurückkehrte, erklärte Jaime, daß sie immer noch sehr müde aussehe, und bestand darauf, sie nach Hause zu fahren.
6
Es war dunkel, als Beth aufwachte, doch die wenigen Stunden Schlaf hatten dazu geführt, daß sie wieder klarer denken konnte.
Sie mußte sich eingestehen, daß die Erinnerungen, verbunden mit dem Streß über Jaceys Operation, dazu geführt hatten, daß sie kaum noch einen vernünftigen Gedanken gefaßt hatte. Nachdenklich ging sie ins Badezimmer. Gleichzeitig war es wichtig, trotz aller Schmerzen an das damalige Leiden zurückzudenken, um die verrückte Liebe, die sie immer noch für Jaime empfand, zu bekämpfen.
Nachdem sie eine Dusche genommen hatte, zog sie sich ein weites Kleid über und lächelte leicht. Ihr Sohn war alles, was wirklich zählte, und er hatte die Operation gut überstanden. Sie zog das Kleid fester um die Hüfte, strich sich die Haare zurecht und lief dann barfuß die Treppe hinunter. In der Küche setzte sie den Teekessel auf,
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