Julia Extra Band 358
du in diesen Dingern gehen?“
„Frauen tragen solche Stiefel nicht, weil sie bequem sind.“
Sie beugte sich hinunter und strich beinah zärtlich über das schimmernde Leder. Das Haar fiel ihr über die Schulter, als sie den Kopf wandte und Daniel ein vielsagendes Lächeln schenkte, was sie noch nie zuvor getan hatte. „Hatten wir nicht darüber gesprochen, dass Leute bestimmte Sachen tragen, weil sie ihnen ein gutes Gefühl vermitteln?“
Geflissentlich ignorierte sie das warnende Funkeln in seinen Augen. Er kannte sie wirklich schlecht.
Daniel presste die Lippen zusammen, als Jo über den anderen Stiefel strich und sich dann aufsetzte und dabei das Haar zurückwarf. Als sie lächelte, folgte er ihrem Blick zu dem Mitarbeiter am Tresen, der ihr Lächeln erwiderte.
Derjenige, der gewusst hatte, wie sie ihren Kaffee trank.
Wütend funkelte Daniel ihn an, doch sein Zorn galt nicht dem Italiener, der sich sofort wieder auf seine Arbeit konzentrierte. Was ihm zu schaffen machte, war, dass ihr Ablenkungsmanöver funktioniert hatte.
Sein Körper hatte heftig auf den Anblick dieser Stiefel und des Streifens nackter Haut unter dem kurzen knappen Rock reagiert. Und seit er ihr gegenüber Platz genommen hatte, hatte er sich bemüht, sich nicht von ihrer engen schwarzen Bluse irritieren zu lassen. Aber falls Jo glaubte, sie könne ihn lange von seinem Ziel abhalten, hatte sie sich getäuscht.
Er war ein Marine, zum Teufel! Das Motto Mut zur Wahrheit hätte genauso gut auf seinen Rücken tätowiert sein können.
„Sag mir, was los ist“, verlangte er deshalb.
Als sie die Augen verdrehte, stützte er die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich zu ihr hinüber, wobei er sie unverwandt ansah. Ihre Augen waren wirklich spektakulär – vielleicht etwas zu groß, aber von einem so dunklen Braun, dass man nicht wusste, wo die Iris anfing.
Das war ihm vorher noch nie aufgefallen.
Nachdem Jo ihn eine Weile betrachtet hatte, fragte sie leise: „Sag mir, warum du es wissen willst.“
So konnten sie den ganzen Tag weitermachen. Wenn keiner von ihnen nachgab, würde sich nichts ändern. Und das legte die Frage nahe, ob er überhaupt wollte , dass ihr Verhältnis zueinander sich änderte. Aber da es anscheinend schon der Fall war …
„Ich kenne den Ausdruck, der heute Morgen in deinen Augen lag, bevor du die Tür geschlossen hast.“
„Und, was hast du gesehen?“, flüsterte Jo, sodass er sich noch weiter zu ihr hinüberbeugen musste.
„Resignation.“
Starr blickte sie ihn an und blinzelte dann. „Wenn du mich so gut kennen würdest, wie du glaubst, wäre dir klar …“
„Was wäre mir klar?“, hakte Daniel nach, als sie die Stirn runzelte.
„Warum ich nicht darüber reden möchte.“ Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr. „Normalerweise hat man einen triftigen Grund dafür, wenn man ein Geheimnis für sich behalten will.“
Als sie weiterzuschreiben begann, wurde ihm bewusst, dass die Gelegenheit vertan war und Jo nicht nur von sich sprach. Aber wenn sie wusste, warum er so schlecht schlief, warum hatte sie dann nicht nachgehakt? Während er seinen Becher vom Tisch nahm, den Blick nach draußen gerichtet, überlegte er, was er an ihrer Stelle getan hätte. Genau dasselbe, wie er sich eingestehen musste. Er wusste, dass etwas nicht stimmte, und gab ihr die Gelegenheit, es ihm zu erzählen. Aber sie weigerte sich.
Nummer vier auf seiner Liste: keine Gemeinsamkeiten.
So viel dazu …
„Möchtest du noch einen Kaffee?“, fragte Jo.
Aus den Augenwinkeln betrachtete er ihren Becher. „Hast du das Zeug etwa inhaliert?“
„Ich wollte nur neuen Vorrat holen, für den Fall, dass es länger dauert.“
Daniel schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich gehe jetzt ins Revier und suche in der Verbrecherdatei nach Fotos von Jack, bevor meine Schicht beginnt.“
Sie seufzte schwer, als er aufstand. „Tu das. Aber lass dir gesagt sein, dass es für dich nur einen Weg gibt, es herauszufinden, und der steht dir nicht offen und wird es auch nie.“
„Du forderst mich also wieder heraus …“
Er machte einen Schritt auf sie zu und stützte die Hand mit dem Becher neben ihrem Computer auf den Tisch und die andere auf ihre Lehne. Als sie das Kinn hob, beugte er sich zu ihr hinunter und lächelte sie genauso an, wie sie es bei ihrer Nummer mit den Stiefeln getan hatte.
„Wenn ich etwas will, bekomme ich es auch“, erklärte er betont sanft. „Und wenn du mir Steine in den Weg legst, will ich es noch mehr
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