Julia Extra Band 358
Enttäuschung hinunter. „Einen Mann, der mich nicht liebt? Der nur aus Pflichtgefühl handelt? Einen Mann, der mich verdächtigt, meinen Körper strategisch an den Meistbietenden zu verschachern? Du würdest dein Leben lang das Gefühl haben, in einer Falle zu sitzen, die ich dir angeblich gestellt habe. Meine Antwort lautet also: Nein.“
Nein? Laura wies ihn ab? Das traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Erst jetzt wurde ihm klar, wie unglaublich ihn die Aussicht freute, mit Laura verheiratet zu sein. Was ging da bloß Verwirrendes in ihm vor?
„Du könntest ein Kind bekommen“, argumentierte er. „Mein Kind.“
„Mein Kind, Vasilii“, stellte Laura richtig. Das war ihr bisher gar nicht in den Sinn gekommen, aber er hatte natürlich recht. Vasiliis Kind könnte in ihr heranwachsen, aber das war kein Grund für eine Heirat.
„Falls dem so ist, werden wir schon eine Lösung finden“, erklärte sie schlicht. „Ich werde meinem Kind aber nicht zumuten, innerhalb einer lieblosen Zweckehe aufzuwachsen, Vasilii. Kinder müssen sich in einer Familie geborgen fühlen.“
Ein Klopfen an der Tür beendete ihre Diskussion abrupt.
„Ihr Wagen wartet unten auf Sie“, verkündete eine gedämpfte Stimme.
Dankbar für die Unterbrechung schnappte Laura sich ihre Reisetasche und ließ Vasilii einfach stehen.
Nachdenklich saß Vasilii am Arbeitstisch seines Hotelapartments. Er musste dringend seine ungeöffnete Post durchsehen und sich auch bei seinen Anwälten melden, um die Vertragskonditionen prüfen zu lassen.
Doch stattdessen grübelte er unaufhörlich nach, warum Laura seinen Antrag abgelehnt hatte. Merkwürdigerweise war er regelrecht stolz auf sie und hatte großen Respekt vor ihrer mutigen und selbstlosen Entscheidung. Und er musste sich eingestehen, wie falsch seine Urteile über sie gewesen waren. Seine viel gerühmte Menschenkenntnis hatte ihn gründlich im Stich gelassen.
Dennoch war Vasilii mehr denn je entschlossen, sie zu seiner Ehefrau zu machen. Diese letzte Reaktion von ihr hatte ihm gezeigt, dass er sie nicht nur aufrichtig liebte, sondern auch glühend bewunderte. Sie war eine tolle Frau, außergewöhnlich, und sie gehörte zu ihm.
Allerdings brauchte Vasilii dringend einen Vorwand, um mit ihr unter vier Augen zu sprechen. Vielleicht reichte dafür der Bonusscheck, der ihr wegen des Vertragsabschlusses zustand. Traumhaft schöne und sündhaft teure Verlobungsringe hatte er schon lange besorgt …
Plötzlich flog die Tür auf, und seine Halbschwester Alena platzte herein. Sie hatte sich noch nie um Förmlichkeiten gekümmert und kam und ging in seine Privaträume, wie sie wollte.
„Du bist ja schon zurück!“, rief sie erfreut und fiel ihm um den Hals. „Kiryl hat ein Meeting in der Lobby. Da dachte ich, ich komme mal hoch und sage Hallo.“ Als sie die Diamantringe in der offenen Schachtel auf dem Tisch entdeckte, quiekte Alena vergnügt. „Das sind ja Verlobungsringe!“
„Allerdings“, brummte Vasilii und wurde tatsächlich etwas rot.
„Du willst also wirklich heiraten? Wer ist sie?“
„Laura Westcotte.“
Nun war es Alena, die schamesrot anlief. Sie biss sich auf die Lippe und zuckte verlegen mit den Achseln. „Oje, dann muss ich wohl damit rausrücken … Ich bin kein kleines Schulmädchen mehr, und trotzdem fühle ich mich in deiner Gegenwart so. Sie hat dir natürlich ohnehin alles erzählt. Dass ich gelogen habe und sie nicht einfach nach New York geflogen ist, anstatt auf mich aufzupassen. Aber damals war ich einfach zu feige, um dir reinen Wein einzuschenken. Es war so toll, als ich erfuhr, dass sie längst abgeflogen war, ohne Bescheid zu wissen. Endlich hatte ich mal uneingeschränkte Freiheit, wenn auch nicht für lange. Total unaufrichtig von mir, ich weiß! Ist sie sehr sauer auf mich? Hoffentlich nicht. In der Schule mochte ich sie immer gern und habe sie aufrichtig bewundert. Laura ist total clever, freundlich und lieb, und jetzt wird sie sogar meine Schwägerin!“
Also hatte Laura sich in Bezug auf seine Schwester gar nichts zuschulden kommen lassen? Er hatte sich geirrt, und zwar gründlich! Normalerweise hasste Vasilii die Gewissheit, falsch zu liegen. Aber in diesem Fall freute es ihn über alle Maßen. Nun gab es einen weiteren dringlichen Grund, Laura persönlich aufzusuchen. Schließlich musste er sich in aller Form bei ihr entschuldigen.
Mit strahlendem Gesicht verabschiedete er sich von seiner Schwester, die kaum wusste, wie ihr geschah.
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