Julia Extra Band 358
machte er den ersten Schritt und legte entschlossen einen Arm um Lauras steife Schultern.
„Nein, wir haben keinen Streit miteinander“, sagte er. „Laura besteht nur auf einen äußerst professionellen Umgang bei der Arbeit.“
Natürlich reagierte Laura auf Vasiliis Hinweis und wechselte in ihre entsprechende Rolle. Dabei fiel es ihr viel schwerer als vorher, seine unmittelbare Nähe zu ertragen. Nach dem wunderschönen Sex der vergangenen Nacht zerriss es ihr das Herz, zu wissen, dass er ihre Gefühle niemals erwidern würde.
Sie wollte nur noch so schnell wie möglich zurück nach London und war froh, dass Vasilii und sie noch am selben Abend abreisten. Auf diese Weise blieb ihr zumindest eine weitere Nacht im gemeinsamen Bett erspart. In dem Bett, in dem sie ihm ihre Unschuld und ihre Liebe geschenkt hatte!
Ja, es war nicht mehr zu leugnen, sie liebte ihn wirklich. Diesen schwierigen, komplizierten, arroganten Alphamann! Und sie hatte keine vernünftige Erklärung dafür. Es war klar, dass er sie verletzen, enttäuschen und verlassen würde, und trotzdem liebte sie ihn.
In Zukunft musste sie sich konsequent von ihm fernhalten. Laura hatte sogar schon beschlossen, mit Wu Ying in Kontakt zu bleiben, um mit ihrer Hilfe eventuell eine nächste Anstellung in China zu finden.
Vasilii hielt sie immer noch umschlungen. Er starrte sie an, das merkte sie, und er wartete wohl darauf, dass sie seinen Blick erwiderte. Aber sie wollte nicht sehen, was ihr seine Augen zu sagen hatten. Irgendwann hielt sie es aber nicht mehr aus …
Er lächelte sie an mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Verlangen. Damit hatte Laura nicht gerechnet, ihr Herz machte einen kleinen Satz. Unwillkürlich entspannte sie sich etwas und schmiegte sich an Vasiliis Seite.
Lange kann ich dieses Theater nicht mehr durchhalten, dachte Laura später, als sie im Château unter der Dusche stand. Unter dem warmen Wasserstrahl fühlte sie sich wieder an die sinnliche Erfahrung der vergangenen Nacht erinnert.
Nachdem sie sich für die Reise angezogen und den Rest ihrer Sachen eingepackt hatte, kam Vasilii ins Schlafzimmer. Mit gerunzelter Stirn ging er an ihr vorbei zum Fenster und sah hinaus, ohne einen Ton zu sagen.
Für Laura war sein Verhalten eindeutig. Wahrscheinlich bereute er, dass er sich dazu hinreißen lassen hatte, mit ihr zu schlafen.
Doch Vasilii dachte an nichts anderes mehr als daran, dass sie ihm dieses einzigartige Geschenk gemacht hatte. Und auch daran, dass er zum ersten Mal in seinem Leben jeden Gedanken an Verhütung aus seinem Kopf verbannt hatte. Es war nicht ausgeschlossen, dass ihre Begegnung gewisse Folgen hatte. Ein Kind. Sein Kind.
Eines war ihm völlig klar. Sein Kind würde unter seinem Dach und seinem Namen großgezogen werden, da gab es gar keine Diskussion. Und Vasilii würde auch nie ein Kind von seiner Mutter trennen. Er betrachtete es als seine Pflicht, für beide zu sorgen. Die Mutterrolle genoss höchsten Respekt, so war er erzogen worden.
Es überraschte Vasilii, wie selbstverständlich es sich anfühlte, wenn er daran dachte, eine solche Verantwortung zu übernehmen. Er hatte sich nie in einer solchen Lage gesehen und keine Ahnung gehabt, wie er im Fall der Fälle reagieren würde. Aber jetzt schien ihm alles sonnenklar. Hatte er womöglich schon geahnt, worauf er sich einließ, als er Laura wissentlich ihre Jungfräulichkeit nahm?
Er schlug einen sachlichen Tonfall an, als er endlich sprach. „Angesichts der vergangenen Nacht halte ich es für angebracht, dass wir heiraten. Je eher, desto besser.“
Laura traute ihren Ohren nicht. Wie in Zeitlupe drehte sie sich zu Vasilii um.
Vor ihrem inneren Auge erstand plötzlich ein Bild: Vasilii als treu sorgender Ehemann, lachende Kinder im Garten, Geborgenheit und Sicherheit für ihre kleine Familie.
„Eine Alternative gibt es nicht, immerhin könntest du schwanger sein“, fuhr Vasilii fort. „Als Sohn meiner Mutter werde ich der Tradition ihres Volkes entsprechen und die Frau heiraten, deren Unschuld ich genommen habe.“
In Lauras Brust breitete sich ein unerträglicher Schmerz aus. Vasilii bot ihr an, was sie sich sehnlichst wünschte, aber dieses Angebot war nichts als eine Farce. Er berief sich auf uralte Familientraditionen und männliche Verantwortung, doch um sie selbst schien es dabei gar nicht zu gehen. Würde Laura darauf eingehen, könnte sie keinen Respekt mehr vor sich selbst haben.
„Dich heiraten?“, fragte sie und schluckte ihre
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