Julia Extra Band 359
Flügel und strich mit der Hand über die glatte Oberfläche. „Ich habe keinen Flügel in meinem Penthouse.“
„Spielen Sie denn?“, fragte sie leichthin.
„Nein.“ Er lachte in sich hinein.
„Und warum …“ Ihre Stimme verlor sich.
„Sie wollen doch wohl nicht weiter hier draußen leben, wenn wir erst verheiratet sind?“
„Ich … ich habe noch nicht darüber nachgedacht.“
„Sie werden in einer Penthouse-Suite in einem meiner Hotels wohnen. Damit wir genügend Aufmerksamkeit erregen und uns als richtiges Paar etablieren.“
Seine Worte ließen sie zusammenzucken. „Ach, stimmt.“
„Haben Sie ein Problem damit?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin es gewohnt, umzuziehen.“ Tatsächlich war ihr dieses unstete Leben so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es sich für sie eher falsch anfühlte, an einem Ort zu bleiben. So wie das letzte Jahr in ihrem Haus.
„Sie werden ganz sicher alles zu Ihrer Zufriedenheit vorfinden.“
„Schön.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und sah zu ihrem Flügel hinüber.
„Brauchen Sie den in Manhattan?“
„Ich weiß nicht … er ist sehr schwer.“
„Ich kaufe Ihnen einen neuen und lasse ihn in die Suite stellen.“
Er sagte das so nebenher, als sei es nicht der Rede wert, ein so teures Stück zu erstehen. Auch für sie hatte es einmal eine Zeit gegeben, da sie sich keine Gedanken über einen solchen Kauf hatte machen müssen.
„Das kann ich nicht annehmen.“
„Keine Sorge, ich werde deswegen nicht ärmer. Wenn wir schon zusammenarbeiten, sollte doch jeder seinen Nutzen davon haben.“
Noelle war sich nicht sicher, was sie von seinem entgegenkommenden Angebot halten sollte. Was hatte er davon, wenn sie Klavier spielte? Sicher, ihre Mutter hatte immer dafür gesorgt, dass in jeder Hotelsuite ein Klavier stand, damit sie jeden Nachmittag üben konnte. Um sie selbst und ihre Bedürfnisse war es dabei jedoch nie gegangen.
Ethan hingegen schien es wichtig zu sein, ihr einen Wunsch zu erfüllen. Seine Fürsorge mutete befremdlich an und wärmte sie gleichzeitig. Trotzdem traute sie ihm nicht über den Weg, weil sie durch ihre egozentrische Mutter hatte lernen müssen, vorsichtig zu sein.
„Haben Sie den Ehevertrag?“, fragte sie und spürte mit einem Mal ein seltsames Flattern im Magen.
„Ja.“ Er griff in die Innentasche seines Jacketts und zog ein paar gefaltete Blätter heraus.
Seine Finger berührten ihre, als er ihr die Papiere reichte, und sie spürte seine Wärme noch, während sie die Blätter entfaltete und das Geschriebene überflog. Ihr Herz schlug schneller, als sie zu dem Passus kam, in dem es um Kinder und Sorgerecht ging.
„Aber wir brauchen nicht …“
„Das ist größtenteils ein Standardvertrag. Selbst mein Anwalt glaubt, dass es um eine richtige Ehe geht. Mein Großvater will, dass ich den Halt im Leben finde, den ich als Kind vermisst habe. Natürlich muss eine Heirat nicht notwendig für diese Stabilität sorgen.“
„Haben Sie nicht versucht, ihm das zu erklären?“
„Es ist sinnlos, meinem Großvater etwas erklären zu wollen. Er weiß bereits alles, und mir macht es nichts aus, seinen Regeln zu folgen – die ich mir dann selbst zurechtbiege“, fügte er grinsend hinzu.
Sie las weiter, und ihre Augen weiteten sich, als sie zu der Vereinbarung kam, die eine eventuelle Scheidung betraf – die sie bereits vorgesehen hatten.
„Genug?“, wollte er wissen.
Sie räusperte sich. „Ich … ja.“
Ethan würde sie großzügig abfinden, auch wenn die Summe nicht dazu reichte, nie wieder arbeiten zu müssen. Aber es war genug, um nie wieder in demütigender Armut zu leben. Zusammen mit dem alleinigen Eigentumsrecht über das Anwesen war es mehr als ausreichend.
Sie würde das Haus verkaufen und sich ein kleineres Apartment in der Stadt nehmen können. Und sie könnte sich etwas anderes leisten als eine Tütensuppe zum Abendessen.
Es war genug, und doch hätte sie sich am liebsten unter die Dusche gestellt und alles abgewaschen: dass ihre Mutter mit seinem Vater geschlafen und dessen Familie dadurch zutiefst verletzt hatte; dass sie nur aus dem Grund heiratete, um ihr Haus behalten zu können …
Sicher, es hatte den Anschein von Geldgier, nur wegen finanzieller Mittel zu heiraten, aber es war ja keine richtige Ehe. Und warum sollte sie nicht ein bisschen geldgierig sein? Alle Menschen in ihrem Leben waren nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht gewesen und hatten sie ausgenutzt. Warum also sollte
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