Julia Extra Band 359
ihrer alten Alben. Doch als er sie nun live vor sich sah, war das eine ganz neue Erfahrung für ihn.
Und er hatte das Gefühl, dass sie nur für ihn spielte. Sein Atem ging schwerer, als er Erregung in sich aufsteigen spürte.
Jeder Ton war wie eine Berührung, der Rhythmus wie ein Liebesspiel, hart und schnell, dann wieder langsam und süß. Darin lag all das, was er von ihr wollte, was er sich erträumte.
Sie hob den Kopf und sah über die Menge hinweg zu ihm. Sie hielt seinen Blick fest, während sie weiterspielte. Ihr ganzer Körper bewegte sich mit der Musik, als würde sie ihr gesamtes Sein hineinlegen.
Im Bett wäre sie genauso vollkommen. Sie würde ihre ganze Leidenschaft, ihr ganzes Selbst verschenken.
Er runzelte die Stirn. Es gefiel ihm nicht, dass seine Gedanken in diese Richtung abschweiften. Doch sein Verlangen nach ihr war stärker. So etwas hatte er noch nie erlebt, bei keiner seiner flüchtigen Affären in der Vergangenheit.
Er war nicht der Einzige, der von ihr verzaubert war. Alle waren wie hypnotisiert und gefangen von ihrem Spiel, das ihr Innerstes zum Leuchten brachte. Als der letzte Akkord verklungen war und um ihn herum Applaus aufbrandete, fühlte er die Magie immer noch. Reglos blieb er stehen. Er wollte mehr hören. Mehr fühlen.
Aber das durfte nicht sein. Es gab für ihn nur diesen kurzen Einblick in ihr Innerstes – und in seines.
„Sie ist großartig.“ Das kam von Jacques. Mit leuchtenden Augen sah der Franzose zu Noelle, und sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Ethan hätte ihn in diesem Moment am liebsten geschlagen.
„Und sie ist mein“, erklärte er. Dann ging er zur Bühne und kam gerade rechtzeitig, um Noelle die Hand zu reichen, als sie die Stufen hinunterstieg.
„War das okay?“, fragte sie.
„Wunderschön.“ Er beugte sich hinunter und küsste sie. Das war nur Teil der Show.
Trotzdem hatte er Mühe zu atmen, als sie sich wieder voneinander lösten. Denn sein Körper war angespannt vor Begierde.
„Wollen wir hoffen, dass die Party bald vorbei ist“, meinte er mit rauer Stimme. Er brauchte Abstand zu ihr – und eine eiskalte Dusche.
Ihr aus dem Weg zu gehen war die einzige Möglichkeit. Aber zum ersten Mal fragte er sich, ob er die Kraft dazu aufbringen könnte.
Als Ethan sie bei der Party geküsst hatte, war Noelle zu einer Entscheidung gelangt. Sie wollte Ethan Grey haben. Für eine Nacht, ein paar Wochen, ganz egal. Sie würde bekommen, was sie wollte. Von ihm.
An diesem Abend hatte sie für sich selbst gespielt. Es war überwältigend gewesen. Noch nie hatte sie sich auf einer Bühne so gut gefühlt. Und das weckte in ihr den Wunsch nach mehr – mehr von Ethan, mehr vom Leben. Und sie wollte es jetzt.
Ethan blieb vor der Tür ihrer Suite stehen. „Wir sehen uns dann morgen.“
„Warte.“ Noch ehe sie nachdenken konnte, war ihr das Wort herausgerutscht.
Seine Augen wirkten beinahe schwarz in dem dämmrigen Flur. „Ich glaube, das wäre keine gute Idee.“
„Ich will … für dich spielen. Den Song, der mir in Australien eingefallen ist. Ich möchte, dass du ihn dir anhörst.“
Er zögerte, die Hände zu Fäusten geballt.
„Ethan …“
Als er die Suite betrat, zeigte sein angespannter Körper, wie sehr er um Kontrolle rang. Denn er wusste, was sie wirklich wollte.
Noch könnte er sie zurückweisen, dachte sie. Aber das war es wert. Denn die Verbindung, die zwischen ihnen bestand, hatte nichts mit ihren Eltern zu tun. Und wenn Ethan merkte, dass sie nicht wie ihre Mutter war, würde er sie sicher wollen.
Ethan ging zur Couch und sah Noelle dabei unverwandt an, während er den Knoten seiner schwarzen Seidenkrawatte löste. Die Luft im Raum war erfüllt von etwas faszinierend Fremdem.
Vielleicht hatte er ihrer unausgesprochenen Frage zugestimmt. Wenn es überhaupt eine Frage gewesen war.
Sie ging zum Klavier und versuchte, ruhig zu bleiben. Für sie war es viel leichter gewesen, vor all den Gästen an diesem Abend zu spielen, weil sie zu einer unbestimmten Menge verschmolzen waren. Je weniger Zuhörer anwesend waren, desto persönlicher wurde ein Auftritt.
Tief atmete sie durch, dann begann sie zu spielen. Zuerst langsam. Sie dachte an Eiscreme und den Strand. Ethans Hände auf ihrem Körper. Seine Lippen auf ihrem Mund. An die Zukunft dachte sie nicht, sondern nur an die Gefühle, die Ethan in ihr heraufbeschwor.
Lust. Erregung. Glück.
Es gab nichts anderes für sie außer Ethan. Und sie legte all das, was sie empfand,
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