Julia Extra Band 361
müsste nach deiner Pfeife tanzen.“
Er grinste widerstrebend. „Da ist was dran.“
An dem Morgen, an dem Izzy einer wunderschönen Tochter das Leben schenkte und er fast explodierte vor Freude und Stolz, wiederholte er seinen Heiratsantrag wohl zum hunderttausendsten Mal. Die Hebamme hatte ihm das kleine Bündel gerade in den Arm gelegt, und er schaute in große Augen, die wie Izzys Augen waren. Aber der weiche Flaum auf dem Kopf seiner kleinen Tochter war tiefschwarz – wie sein eigenes Haar. Immer noch ungläubig umschloss er die winzige Hand mit seinen Fingern, sehr behutsam und doch so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.
Als er aufschaute, hatte er Tränen in den Augen und einen dicken Kloß im Hals, der es ihm schwer machte zu reden. „Sag es mir, Izzy. Warum willst du mich nicht heiraten?“, fragte er leise.
Bequem zurückgelehnt in die Kissen und immer noch erschöpft, aber euphorisch, musterte Isobel ihren atemberaubenden Scheich, diesen großen starken Mann, der ihre winzige Tochter so zärtlich im Arm hielt. Ja, warum eigentlich? Warum musste sie ihm um jeden Preis beweisen, dass ihr die Ehe nicht wichtig war? Dass sie keine dieser Frauen war, die nur auf eine gute Partie aus waren? Sondern dass sie ihn um seiner selbst willen liebte?
„Freut es dich denn gar nicht, dass ich mich mit deiner Liebe zufriedengebe, auch ohne einen wie immer gearteten Segen?“, fragte sie ernst.
„Nein“, sagte er. „Das freut mich überhaupt nicht. Ich will unserem Mädchen Sicherheit geben.“
Und als sich jetzt ihre Blicke trafen, erkannte sie, dass er ihrer Tochter etwas anbot, das sie selbst nie gehabt hatte. Er wollte ihrer Tochter ein richtiger Vater sein, der stets für sie da war und niemals weggehen würde. Hier war ein Mann, der sich entschlossen hatte, Verantwortung zu übernehmen.
„Ich will aber keine große Hochzeit“, sagte sie schließlich.
Er verkniff sich ein Grinsen. „Ich auch nicht.“ Aber ihre unerwartete Zustimmung erfüllte ihn mit unbändiger Freude. Er wandte seine Aufmerksamkeit dem jetzt schlafenden Baby in seiner Armbeuge zu. „Wir müssen uns einen Namen für sie überlegen.“
„Ja, einen arabischen, würde ich sagen.“
„Das glaube ich auch.“
Nach langem Hin und Her entschieden sie sich für Nawal , was „Geschenk“ bedeutet, und ein Geschenk war ihr kleines Mädchen ja auch.
Als Nawal sechs Monate war, fuhren sie mit ihr nach Khayarzah zu einem privaten Besuch, der fast so etwas wie eine Art Siegeszug war. Die Leute säumten die Straßen, um den zweiten Sohn des Königshauses und seine Familie willkommen zu heißen. Tariq hörte auf, mit seinem Schicksal zu hadern und akzeptierte endlich seinen königlichen Status. Weil dieser nicht nur sein eigenes Erbe, sondern auch das Erbe seiner Tochter war.
Als sie eines Nachts in ihrer Suite im Königspalast von Khayarzah im Bett lagen, schnitt Tariq ein Thema an, das ihn seit geraumer Weile umtrieb.
„Weißt du, wenn du willst, könnten wir versuchen, deinen Vater zu finden“, begann er tastend.
Isobel, die schon fast eingeschlafen war, riss vor Überraschung die Augen wieder auf.
„Wie um alles in der Welt kommst du denn jetzt darauf?“
Tariq zog sie noch ein wenig enger an sich und zuckte die Schultern. „Seit Nawal da ist, geht mir der Gedanke nicht aus dem Kopf. Ich muss mir immer wieder vorstellen, wie leer mein Leben ohne meine Tochter wäre, wenn ich nicht die Gelegenheit gehabt hätte, ein Vater zu sein.“
„Aber …“
„Ja, ich weiß, dass er deine Mutter verlassen hat“, unterbrach er sie sanft. „Und ich sage auch nicht, dass du ihn in jedem Fall suchen musst . Und schon gar nicht, dass du ihm verzeihen musst. Es ist einfach nur eine Möglichkeit, mehr nicht.“
Da war es wieder, dieses Wort „verzeihen“. Es veranlasste Isobel, gut über seinen Vorschlag nachzudenken. War es denn nicht so, dass jeder Mensch irgendwann einmal Vergebung brauchte? Und war sie es ihrer Tochter nicht schuldig, dass diese ihren Großvater – den einzigen großelterlichen Teil, den sie noch hatte – kennenlernte?
Am Ende stellte sich heraus, dass Tariq recht gehabt hatte. Im Internetzeitalter, mit Suchmaschinen und sozialen Netzwerken, war es wirklich keine Kunst, einen Mann zu finden, der vor fünfundzwanzig Jahren „verschwunden“ war, besonders wenn man zusätzlich über genügend Geld und andere Ressourcen verfügte.
Isobel wusste nicht, was sie erwartet hatte, doch bestimmt nicht so
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