Julia Extra Band 361
unregelmäßig zu schlagen. Sie holte tief Luft.
Es war Zeit.
Royce beobachtete mit finsterer Miene, wie die rote Limousine einparkte und der einzige Insasse ausstieg.
Kein Zweifel, es war Shara.
Sie eilte über die Straße und nahm an einem Tisch auf der Terrasse eines Cafés Platz.
Seine Augen verengten sich, als er den Mann am selben Tisch sah.
Eis rann ihm den Rücken hinab. Er biss die Zähne zusammen.
Der Mann war Brady.
Es war offensichtlich. Dies war kein zufälliges Treffen. Es war geplant. Kein Zweifel möglich.
Shara hatte absichtlich und hinter seinem Rücken eine Verabredung mit ihrem Exmann getroffen.
Dieser Verrat ließ ihn nach Luft schnappen.
Niemals hätte er Shara einer solch üblen List für fähig gehalten.
Als ihm seine Vorurteile ihr gegenüber bewusst geworden waren, hatte er sie plötzlich mit ganz anderen Augen gesehen und ihr Verhalten in neuem Licht gewertet.
Sie schien ihm damals ziemlich naiv zu handeln.
Doch das trog offensichtlich.
Er war überzeugt davon gewesen, dass er sich hundertprozentig auf Shara verlassen konnte.
Und doch sitzt sie nun hier mit ihrem Exmann, schoss es ihm schmerzlich durch den Kopf.
Er drückte auf die Hupe – so laut es ging.
Dann wieder – noch lauter.
Nur mit Mühe gelang es ihm, seine persönlichen Gefühle auszublenden.
Er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Dass Shara sich entschieden hatte, Brady zu treffen, brachte seinen Auftrag und sie selbst in Gefahr.
Sein Herz raste. Adrenalin wurde durch seinen Körper gepumpt. Gefahr lag in der Luft. Er konnte es förmlich riechen. Mit den Händen fühlen.
Was war sein nächster Schritt?
Natürlich war er in der Lage, Shara mit einer groben Befreiungsaktion in Sicherheit zu bringen. Aber wie würde Brady reagieren?
Einen Ziegelstein durch ein Fenster zu werfen, erforderte einiges an Entschlossenheit. In einem Café gab es Besteck, auch Messer. Ein abgebrochener Flaschenhals wurde innerhalb von Sekunden zur tödlichen Waffe.
Er musste die Sache geschickter einfädeln.
Um auf der sicheren Seite zu bleiben.
Unauffällig verschaffte er sich einen Überblick.
Eine Seitenstraße führte an dem Café vorbei. Wenn er einmal um den Block führe, würden weder Brady noch Shara das bemerken. Er könnte sich anschleichen.
Ein weiterer großer Vorteil dieses Plans war, dass Brady mit dem Rücken zu dieser Seite saß. Von dort aus könnte Royce sich also unbemerkt nähern.
Kurz entschlossen riss er den Lenker herum, machte eine scharfe Kurve und raste um den Block. Zunächst fand er keinen Parkplatz. Also fuhr er vorsichtig in eine Einfahrt und parkte auf dem Gehweg.
Kaum hatte er den Motor ausgeschaltet, sprang er aus dem Wagen, eilte entlang der Hauswand und nahm Kurs auf die betreffende Ecke. Er beugte sich vor und äugte in Richtung des Cafés.
Bradys Rücken war fünf, sechs Meter vor ihm. Royce wollte gerade um die Ecke huschen, als er Sharas Stimme vernahm.
„Du bist ein erbärmlicher Verlierertyp“, sagte sie in klarem und schneidendem Ton.
Royce blieb fast das Herz stehen. Er war unfähig, sich zu bewegen.
Was sagte sie da? Was, um Himmels willen, tat sie?
Wer Steve Brady herausforderte, bekam unweigerlich Probleme.
„Was sagst du da?“, hakte Brady in leisem, gefährlichem Ton nach.
„Du hast genau gehört.“ Shara klang stark und selbstsicher. „Du bist ein mieser, kleiner Tyrann, der seine Freude daran hat, andere Menschen herumzuschubsen. Ich bin heute hierhergekommen, um dir feierlich zu eröffnen, dass ich keine Angst mehr vor dir habe. Du bist nichts als …“
Shara stieß einen schrillen Schrei aus. Dann geschah alles wie in Zeitlupe.
Royce schwang sich um die Hausecke und sah gerade noch, wie Brady hochschoss. Sein Stuhl fiel unter lautem Krachen zu Boden. Köpfe fuhren herum.
Auch Shara war aufgesprungen. Doch sie zog sich nicht zurück. Sie blieb einfach stehen, wo sie war.
Royce rannte, so schnell er konnte. Doch es fühlte sich an, als bewegte er sich über eine unsichtbare Klebstoffschicht, die ihn zurückhielt.
Er sah, wie Brady die Faust hob, um zuzuschlagen.
Royce war noch zu weit entfernt, um einschreiten zu können.
„Abblocken!“, schrie er laut. „Dein Abwehrgriff, verdammt noch mal.“
Es hätte seiner Anweisung nicht bedurft. Shara war bereits in Stellung gegangen. Ihr Körper bog sich durch wie eine Feder, der linke Arm schnellte empor, um den kommenden Schlag abzuwehren.
Der Abwehrgriff.
Und dann schlug sie den Konter.
Brady
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