Julia Extra Band 361
dass seine Mutter recht hatte: Irgendetwas beschäftigte ihn. Auch wenn er zu ihr gesagt hatte, dass „ja nichts weiter passiert“ sei, sprach sein Verhalten gegen diese Aussage.
Von draußen hörte sie das Geräusch der Axt, die das Holz in zwei Scheite teilte. Jake nahm sofort den nächsten Ast und wiederholte die Prozedur. Dean stand daneben, trank Kaffee und lachte. Schuldgefühle stiegen in Caro auf.
Sie hätte ihm von Anfang an sagen sollen, dass sie verheiratet war und es wohl für immer bleiben würde.
Bis dass der Tod uns scheidet.
Jetzt klangen die Worte in ihren Ohren eher wie ein lebenslängliches Urteil als ein heiliges Versprechen. Aber Cabot zuliebe würde sie sich daran halten und besonders das Gelöbnis achten, Truman treu zu sein.
Bis gestern hatte Caro eigentlich geglaubt, dass es ihr am schwersten fallen würde, ihn zu lieben und zu ehren. Sie hatte schließlich nicht damit gerechnet, Jake zu begegnen und sich in kurzer Zeit so stark zu ihm hingezogen zu fühlen. Und ihm schien es ebenso zu ergehen.
Als würde Jake spüren, dass Caro ihn beobachtete, hob er plötzlich den Blick. Caro durchfuhr es wie ein Stromstoß. Sie hob die Hand und winkte ihm zu. Dann legte sie die Hand auf das kalte Fenster. Sie hätte ebenso gut nach den Sternen greifen können. Jake würde für sie immer unerreichbar bleiben.
„Was ist denn da los?“ Bonnie hatte sich neben Caro ans Fenster gestellt.
„Nichts weiter.“ Hastig zog Caro die Hand von der Scheibe weg. Als Bonnie sie neugierig ansah, zuckte sie die Schultern. „Sie hacken bloß Holz.“
Bonnie lacht auf. „ Sie hacken kein Holz. Jake hackt Holz. Und wie üblich steht Dean daneben und schaut zu.“ Sie öffnete das Fenster einen Spaltbreit. „Dean, was ist los? Hast du nichts zu bieten? Neben Jake siehst du ganz schön alt aus“, rief sie neckend.
Dean stellte den Kaffeebecher ab und nahm Jake die Axt aus der Hand. Er ließ aus Spaß die Muskeln spielen. Bonnie kicherte wie ein Schulmädchen.
„Er hat nicht halb so viele Muskeln wie Jake, aber ich werde ihn trotzdem behalten“, sagte sie mit einem Augenzwinkern.
Caro schluckte. Nicht halb so viele Muskeln. Stimmt, dachte sie.
Bald war ein Wettkampf zwischen den Brüdern entbrannt. Sie zogen die dicken Mäntel aus, Jake legte sogar den Pullover ab. Ihr Atem zeichnete sich als weiße Wölkchen in der Winterluft ab. Trotz der Eiseskälte stand ihnen bald der Schweiß auf der Stirn und glitzerte in der Morgensonne. Caro beobachtete alles fasziniert. Wer hätte gedacht, dass Männer beim Holzhacken so sexy aussehen konnten? Besonders einer.
„Nun schau sich einer die beiden Kerle an.“ Bonnie lachte. „Wenn die fertig sind, steht hier kein Baum mehr.“
Caro murmelte eine Antwort, konnte den Blick jedoch nicht von Jake abwenden.
Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, fügte Bonnie hinzu: „Ich muss allerding zugeben, dass es doch recht ansprechend aussieht.“
Auch wenn Caro ihre Meinung teilte, sagte sie nichts. Sie stand am Fenster und biss sich auf die Unterlippe. Einerseits fühlte sie sich stark zu Jake hingezogen, andererseits wusste sie, dass sie ihrem Verlangen niemals nachgeben durfte.
Bonnie klopfte noch einmal an die Scheibe, um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen. Wieder öffnete sie das Fenster einen Spaltbreit. „Im Namen der Bäume erkläre ich den Wettbewerb für beendet. Gleichstand zwischen euch Kraftpaketen.“
Dean grinste. „Was habe ich denn gewonnen?“
„Das zeige ich dir später.“ Bonnies Stimme klang rauchig, sie zwinkerte ihrem Ehemann aufreizend zu.
Jakes Blick ruhte auf Caro, als er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
„Und was habe ich gewonnen?“, fragte er sie.
Es gab nichts, was sie ihm hätte geben dürfen, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte.
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie Bonnies fragenden Blick. Sie war sich sicher, dass Dean sie ebenfalls musterte. Zum Glück kamen im selben Moment die Kinder in ihren Schneeanzügen um die Ecke gelaufen und zogen die Aufmerksamkeit aller Erwachsenen auf sich.
Jake fing den kleinen Jungen in seinen Armen auf. Riley quietschte vor Vergnügen. Caro stellte sich vor, Jake würde Cabot in die Arme schließen. Sie sah das Bild so deutlich vor sich, dass ihr Tränen in die Augen schossen. Truman hatte nicht viel für solche Spielereien übrig. Caro hingegen konnte von Cabots ansteckender Fröhlichkeit und seiner unermüdlichen Energie gar nicht genug bekommen.
Sie blinzelte
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