Julia Extra Band 361
der einzige Grund?“, fragte Caro leise.
„Im Augenblick schon“, erwiderte er.
Sie starrte geradeaus. „Es ist alles so kompliziert.“
„Das ist es doch immer, Caro. Ich finde, nach dem, was letzte Nacht war, schulden Sie mir eine Antwort.“
Ihre Wangen färbten sich rot. „Dann stellen Sie mir bitte eine andere Frage.“
„Also gut: Lieben Sie ihn?“
„Sie lassen nicht locker, was?“, murmelte sie nach einem tiefen Atemzug.
„Nun?“
„Nein. Ich habe ihn einmal geliebt … zumindest habe ich das geglaubt. Aber jetzt, nachdem so viel passiert ist? Nein.“
Eigentlich hätte Jake sich über die Antwort freuen sollen, aber dann fiel ihm seine erste Frage wieder ein, der sie ausgewichen war.
„Womit verdient er seinen Lebensunterhalt?“, wechselte er das Thema.
„Er leitet die Investmentfirma seiner Familie. Er hat sie nach dem Tod seines Vaters übernommen, gleich nachdem er den Universitätsabschluss in der Tasche hatte.“
„Lassen Sie mich raten – den einer Eliteuniversität?“
„Genau“, antwortete sie kurz.
„Alter Geldadel?“
„Sehr alt. Die Wendells gehören schon in fünfter Generation zu den oberen Zehntausend. Sie haben ihr Geld mit Eisenbahnen gemacht.“
Das war also der Grund, warum Caros Schwiegermutter sie als unwürdig für ihren Sohn erachtete. Selbst eine Tochter aus gutem Hause würde es bei ihr schwer haben. Er pfiff durch die Zähne.
„Wie haben Sie sich kennengelernt?“
„Bei meiner Arbeit. Seit über hundert Jahren ist jeder Sprössling der Wendell-Familie auf die Privatschule gegangen, in der ich gearbeitet habe. Ich habe ja schon gesagt, dass seine großzügige Spende den Bau des neuen Seitenflügels ermöglicht hat.“
„Und Sie sagten, dass diese Spende schuld daran war, dass Sie ihren Arbeitsplatz verloren haben, als sie in der Elternzeit waren“, bemerkte Jake.
„Ja.“ Caro räusperte sich. „Jedenfalls gibt es an dieser Schule in jedem Frühjahr ein Ehemaligentreffen. Das Lehrerkollegium nimmt ebenfalls daran teil. Wir mischen uns unter die ehemaligen Schüler, erinnern die Gäste an die Vorzüge der Schule, loben neue Projekte und stellen so sicher, dass die Ehemaligen Geld spenden und auch die nachfolgenden Generationen in der Schule anmelden. Truman war einer der Gäste.“
„Und Sie haben ihn an die Vorzüge der Schule erinnert?“, fragte Jake mit spöttischem Unterton.
„Wenn Sie es so nennen wollen, ja. Aber er ist am darauffolgenden Montag wiedergekommen und hat mich gebeten, mit ihm auszugehen.“
„Und Sie haben sich verpflichtet gefühlt, mit ihm auszugehen?“ Er wünschte, sie würde Ja sagen, aber Caro schüttelte den Kopf.
„Nein. Um ehrlich zu sein, ich fühlte mich geschmeichelt.“
Sie sah sie nachdenklich an.
„Vielleicht habe ich mich auch gefragt, warum jemand wie er sich für jemanden wie mich interessiert.“
„Warum sollte er sich nicht für Sie interessieren? Sie sind hübsch, intelligent, sexy …“ Er verstummte und widmete seine Aufmerksamkeit dem zugeschneiten Weg.
Caro setzte ihre Geschichte fort. „Ehe ich mich versah, war unsere Beziehung ernst geworden. Ich war mir nicht sicher, ob ich schon so weit war, aber Truman behandelte mich so aufmerksam und zuvorkommend. Er sagte immer das Richtige, er war so romantisch. Meine Freunde und Kollegen bewunderten ihn und seine Entschlossenheit, mit der er sich um mich kümmerte. Als er mir den Heiratsantrag machte, konnte ich gar nicht anders. Ich wollte so gern wieder eine Familie haben. Ich fühlte mich so … einsam.“
Jake schloss die Augen. Endlich verstand er, was der Grund für ihre Ehe gewesen war. „Das war kurz, nachdem Ihre Eltern gestorben waren, nicht wahr?“
„Ja.“
Truman hatte sie zu einer Entscheidung gedrängt, als sie eigentlich Zeit für sich gebraucht hätte, um ihren schmerzhaften Verlust zu verarbeiten. Wahrscheinlich war es ihm nicht schwergefallen, eine junge Frau, die um ihre Eltern trauerte, davon zu überzeugen, dass sie ihn brauchte. Jake wusste aus seiner Erfahrung als Polizist, dass sich einige Männer in der Rolle des edlen Ritters gefielen. Einige seiner Kollegen hatten sich nur aus diesem Grund für den Polizeidienst entschieden. Es war eine Gratwanderung, ob man den Menschen uneigennützig helfen wollte oder ob man ihnen half, damit sie sich auf immer dankbar und verpflichtet fühlten. Er hätte wetten mögen, dass Truman in die zweite Kategorie gehörte.
„Eigentlich lief es zwischen uns beiden am
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