Julia Extra Band 361
sich nie dazu herabgelassen, Nell überhaupt wahrzunehmen. Schritt für Schritt war Nell in eine tiefe Depression gerutscht und hatte Trost im Alkohol gesucht, was sie letztendlich umgebracht hatte.
Nein, diesen selbstzerstörerischen Weg würde Sienna nicht gehen. Sie würde sehr genau auf ihr Herz aufpassen. Andreas war der attraktivste Mann, dem sie je begegnet war, und seine Küsse stellten eine Versuchung dar, der sie nicht widerstehen konnte, aber das hieß nicht, dass sie sich in ihn verlieben würde. Als Teenager hatte sie sich eingebildet, in ihn verliebt zu sein, doch das war nur Schwärmerei gewesen. Und sie war kein blauäugiges Mädchen mehr, das sich ausmalte, ein reicher Mann aus gutem Hause wäre die Antwort auf alle Probleme.
Sie würde das tun, was Frauen heutzutage und die Männer schon seit Jahrhunderten taten: Sie würde Emotionen und Sex fein säuberlich voneinander trennen. Sex war eben nur Sex, Gefühle brauchten da nicht mit ins Spiel zu kommen.
Sienna gesellte sich wieder zu Andreas in den salone , in dem Elena mit großer Sorgfalt eine intime Feier vorbereitet hatte. Die Haushälterin war ganz offensichtlich in ihrem Element, sie strahlte von einem Ohr zum anderen, als sie den Eiskübel mit der Champagnerflasche brachte.
„Im Esszimmer steht schon alles bereit. Sie wollen sicher nicht gestört werden, sì ?“
„ Grazie , Elena. Ich bin sicher, alles ist perfekt“, bedankte Andreas sich.
„Danke, dass Sie sich solche Mühe gemacht haben“, meldete sich auch Sienna. „Ich habe schon einen Blick ins Esszimmer geworfen – es sieht wirklich sehr romantisch aus, und das Essen riecht köstlich.“
„Genießen Sie es.“ Damit zog Elena sich zurück.
Sienna ging zu Andreas und hielt ihm das Collier und die Ohrringe hin. „Hier hast du die Leihgabe zurück … sonst gewöhne ich mich noch daran. Deine nächste Braut wird sicherlich die Familientradition fortsetzen wollen.“
Seine Miene verriet absolut nichts, als er den Schmuck von ihr annahm. „Danke.“
„Champagner also, was?“ Sie gab sich bemüht heiter.
„Hättest du gern ein Glas?“
„Sicher, warum nicht?“
Sie sah gefesselt zu, wie er gekonnt die Flasche entkorkte. In ihrem Magen begann es zu flattern, als sie sich diese fähigen Hände auf ihrem Körper vorstellte. Er hatte wunderschöne Hände, kräftig und gleichzeitig elegant.
Seine Frage, als er ihr das Glas reichte, riss sie aus den Gedanken. „Worauf trinken wir?“ Er stieß mit ihr an. „Mir fällt ein Toast ein … Make Love, not War .“
Spöttisch zog sie eine Augenbraue in die Höhe. „ Love? Meinst du nicht eher Sex?“
Seine Augen glühten, ein Lächeln zuckte um seinen Mund. „Du willst es genauso sehr wie ich, bestreite es nicht.“
Gespielt gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Es hat schon einen gewissen Reiz, herauszufinden, wie du dich im Bett anstellst. Nur möchte ich vorab klarstellen, dass, falls es zwischen uns zu einer intimen Beziehung kommen sollte, es für mich nicht mehr sein würde als die Befriedigung körperlicher Lust.“
„Falls?“, hakte er nach.
Sie nickte. „Falls.“
Er nippte an seinem Champagner. „Wir beide wissen, dass dieses Thema zwischen uns nicht einfach verschwinden wird. Länger als sechs Monate wird es so oder so nicht dauern. Bis dahin haben wir beide erreicht, was wir wollen, und können wieder eigener Wege gehen.“
Es war kindisch, ihn provozieren zu wollen, trotzdem konnte sie sich nicht zurückhalten. „Und wenn du dich so an mich gewöhnst, dass du mich gar nicht mehr gehen lassen willst?“
Sein Blick bohrte sich in ihre Augen. „Ich werde dich gehen lassen, Sienna, mach dir da keine Hoffnungen. Du bist gewiss nicht die Frau, die ich für den Rest meines Lebens an meiner Seite und als Mutter meiner Kinder haben will.“
Sie war nicht darauf vorbereitet, dass seine Erwiderung sie so sehr verletzen würde. Die Frage nach eigenen Kindern hatte sie aus ihrem Kopf verbannt, sie hielt sie tief in sich verschlossen. Ihre eigene Kindheit war so chaotisch gewesen, dass sie sich sorgte, ob sie überhaupt eine gute Mutter sein konnte. Sie dachte nur ungern darüber nach. Andreas aussprechen zu hören, dass sie eine völlig ungeeignete Kandidatin für ihn war, hatte genau in diesen geheimen Teil ihrer Seele getroffen. Keine Frau hörte gern eine solche Beleidigung. Der jähe Schmerz raubte ihr für einen Moment den Atem.
„Da sind wir uns also ausnahmsweise einig.“ Sie kaschierte
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