Julia Extra Band 361
akzeptiert?“
Sienna wandte den Blick ab. „Nein.“
„Dabei war er schon sehr lange mit ihr liiert, nicht wahr? Seltsam, dass er dich an ihrer Stelle geheiratet hat.“
Sie zuckte nur stumm mit den Schultern und nippte an ihrem Wein.
„Da ist doch noch mehr, oder?“ Andreas ließ nicht locker. „Warum heiratet Littlemore eine Frau, die jünger ist als seine Tochter, wenn er jahrelang eine Geliebte hat?“
„Vielleicht war sie ja schon verheiratet.“
Mit einer Fingerspitze zog er ihr Gesicht zu sich herum. „Das war nicht der wahre Grund, oder?“
Sienna schwieg beharrlich, auch wenn ihr Puls unter seinem forschenden Blick härter zu schlagen begann. Es wurde immer schwerer, Dinge vor Andreas geheim zu halten. Er schien bis in ihr Innerstes sehen zu können.
„Brian Littlemore war nicht mit einer Frau liiert, sondern mit einem Mann, richtig?“, schloss er. „Diese jahrelange Affäre hatte er mit einem Mann.“
Sienna schluckte. „Das stimmt nicht.“
„Lüge mich nicht an, cara . Ich hasse es, wenn man mich anlügt. Du kannst ruhig ehrlich antworten, es wird diesen Raum nicht verlassen.“
Sie kaute an ihrer Lippe. „Niemand darf es erfahren. Brian wollte nicht, dass seine Kinder es je herausfinden. Sie würden es nicht verstehen und wären schrecklich verletzt.“
„Soweit ich weiß, kursieren nicht einmal Gerüchte. Aber wenn ich zu dem Schluss komme, schaffen andere es auch. Selbst wenn es herauskommt … ich sehe nicht, wie man dir irgendeine Verantwortung zuschieben könnte.“
„Brian wollte immer seine Familie schützen. Er stammte aus einem sehr konservativen Elternhaus und hat immer getan, was man von ihm erwartete. Er gründete eine Familie und zeugte Kinder, und selbst nach dem Tod seiner Frau musste er eine Lüge weiterleben. Er saß in einer Falle, aus der er nie herauskonnte. Du darfst es nicht durchsickern lassen, Andreas. So viele Leute wären verletzt und enttäuscht.“
Er strich mit dem Daumen über ihre Wange. „Du sorgst dich um die Gefühle seiner Familie, obwohl sie jede Gelegenheit nutzt, um dich in der Presse niederzumachen?“
Sienna erkannte die Wärme in seinem Blick, und in ihrer Herzgegend verschob sich etwas. Ein völlig unerwartetes Gefühl meldete sich … ein unwillkommenes Gefühl. Auf keinen Fall wollte sie sich in Andreas verlieben, das wäre der allergrößte Fehler ihres Lebens. Gefühle konnte sie sich nicht leisten. Sie musste stark bleiben. Die sechs Monate wären bald vorbei, und dann würde sie gehen. „Brians Wunsch ist mir wichtig. Er hat mir vertraut, und ich will ihn nicht hintergehen.“
Noch immer lag sein Blick auf ihrem Gesicht, und noch immer streichelte er ihre Wange – eine sachte Liebkosung, die ihr ein Prickeln über die Haut jagte. „Du wolltest also weiter in Kauf nehmen, dass ich dich für ein geldgieriges Partygirl halte? Ist dir meine Meinung über dich denn nicht wichtig?“
„Wenn die sechs Monate um sind, ist es so oder so egal, was du über mich denkst. Wir verkehren nicht in den gleichen Kreisen, wahrscheinlich werden wir uns nie wiedersehen.“
Etwas glimmte in seinen Augen auf. „Das wäre doch schade, meinst du nicht auch? Ich habe das Gefühl, dass ich das hier vermissen werde“, sagte er noch, und dann presste er seinen Mund auf ihre Lippen.
9. KAPITEL
Es wurde ein sanfter zärtlicher Kuss, ohne Druck, ohne Hast, nur warme feste Lippen, die die Weichheit ihres Mundes erkundeten und auskosteten, und Sienna erwiderte ihn auf die gleiche Art – langsam, behutsam, bedächtig.
Es war ein Kuss des Kennenlernens, wie der romantische erste Kuss zweier Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlten, aber keine Grenzen überschreiten wollten und sich vorerst zurückhielten. Ein Kuss, mit dem man auslotete, ob die beiden Parteien zusammenpassten und ob man weitergehen sollte.
Nach einem scheinbar endlosen Moment hob Andreas den Kopf. Leichte Verwirrung spiegelte sich in seiner Miene, Verwirrung und Nachdenklichkeit. „Dein Mund ist extrem gut zu küssen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie scharf deine Zunge sein kann.“
Das zerknirschte Lächeln ließ sich nicht zurückhalten. „Du scheinst die Xanthippe in mir zu wecken.“
Er lachte auf, ein sehr tiefer, sehr männlicher Laut, bei dem es ihr regelrecht flau im Magen wurde. „Du bringst auch nicht unbedingt die besten Seiten in mir zum Vorschein.“ Er legte die Hand an ihre Wange, rieb mit dem Daumen über ihre Unterlippe. „Vielleicht gelingt es
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