Julia Extra Band 361
fragte sie zutiefst beschämt.
„Ich kann es versuchen.“ Er verzog das Gesicht, als er sich mühsam aufrappelte. Gewisse Umstände machten selbst die kleinste Bewegung schwierig und schmerzhaft.
Isobel begann mit fliegenden Fingern ihre Schlafanzugjacke zuzuknöpfen, während ihr klar wurde, dass sie sich selbst verraten hatte, in mehrfacher Hinsicht. Sie hatte Tariq gezeigt, wie sehr sie ihn begehrte, aber er hatte sie zurückgewiesen und sie ermahnt, ihre Unschuld nicht an einen Mann wie ihn zu verschleudern. Wie sollte sie darüber jemals hinwegkommen? Die deprimierende Wahrheit war: Gar nicht.
Sie biss sich auf die Unterlippe und beobachtete, wie er sich abwandte, um seine Kleidung zu ordnen. Dabei versuchte sie ihre Enttäuschung hinunterzuschlucken, zusammen mit der Gewissheit, dass ihr soeben etwas Wunderschönes entgangen war. Dass sie kurz davor gewesen war, eine atemberaubende Entdeckung zu machen. Jetzt würde sie ihren Job verlieren und konnte sich nicht einmal damit trösten, ihren Chef wenigstens als Liebhaber kennengelernt zu haben. Deshalb war es ihrem Selbstbewusstsein wahrscheinlich wesentlich zuträglicher, selbst die Initiative zu ergreifen, statt zu warten, bis er es tat.
„Dann willst du jetzt bestimmt, dass ich kündige?“, fragte sie betont ruhig.
Tariq drehte sich abrupt um und musterte sie eingehend, wobei er sich alle Mühe gab zu übersehen, wie groß die Verlockung war, die ihre dunkelroten Lippen immer noch für ihn bereithielten. Aber er musste standhaft bleiben und seine Verantwortung wahrnehmen. Er schüttelte den Kopf. „Offen gestanden ist das genau das, was ich nicht will, und einer der Gründe dafür, dass ich eben Stopp gesagt habe. Weil ich dich nicht verlieren möchte, Izzy. Dafür schätze ich dich nämlich viel zu sehr.“
Jetzt war Isobel sprachlos. So etwas hatte er in all den Jahren noch nie über die Lippen gebracht. „Du … du schätzt mich?“
„Natürlich, ich schätze dich sogar außerordentlich … und nach den letzten Tagen noch mehr. Mir ist bewusst, dass ich dir viel zu verdanken habe. Du bist ungemein tüchtig und loyal. Ich weiß, dass ich mich blind auf dich verlassen kann, und das bedeutet mir sehr viel. Es dürfte ausgesprochen schwierig werden, dich zu ersetzen, ganz abgesehen davon, dass ich es gar nicht will.“
Isobel spürte, wie etwas in ihr verdorrte und starb. „Ich verstehe.“
„Und nur wegen einer einmaligen und völlig untypischen Entgleisung …“
Sie verzog das Gesicht, als er das Ende seines Satzes in der Luft hängen ließ. Das klang ja fast, als ob der brave Familienhund ganz und gar unerwartet aufgesprungen wäre, um den Postboten ins Bein zu beißen.
„Ich wüsste wirklich nicht, warum ich etwas ändern sollte“, fuhr er fort.
„Dann schlägst du also vor, dass wir die ganze Sache vergessen und zur Tagesordnung übergehen?“
„Ehrlich gesagt, ja.“ Er schaute ihr eindringlich in die Augen. „Meinst du, das schaffst du?“
Dass sie ihre Meinung jetzt ganz plötzlich änderte, lag eindeutig an seinem gönnerhaften Ton. Isobel hatte ihm eigentlich sagen wollen, dass sie sich eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht vorstellen konnte, aber seine Frage weckte ihren Trotz.
„Sicher, warum denn nicht?“, fragte sie möglichst cool. „Und wie sieht das bei dir aus?“
Tariq kniff die Augen zusammen. Was sollte das denn jetzt? Sie wollte doch nicht etwa seine Selbstbeherrschung in Zweifel ziehen? Er spürte, dass ein süffisantes Grinsen an seinen Mundwinkeln zerrte. Wart’s nur ab, dachte er. Du wirst dich noch wundern.
Wenn sie erst wieder in der gewohnten Umgebung waren, würde sowieso alles ganz anders sein. Da gab es keine kreuzbiederen Blümchenpyjamas mit weichen Kurven darunter, die so verwirrende Botschaften aussandten, dass sie einen Mann schier um den Verstand brachten.
„Du solltest deine erotische Ausstrahlungskraft nicht überschätzen“, beschied er kühl. „Es wäre ein Fehler. Ich habe jedenfalls kein Problem damit, dir zu widerstehen, wenn ich es will. Das habe ich schließlich eben erst bewiesen.“
5. KAPITEL
Wie hatte er nur so dumm sein können?
Tariq starrte aus dem Fenster seines Penthouse-Büros auf das frühabendliche London hinunter, mit der beeindruckenden Kuppel der St Paul’s Cathedral in der Ferne. Die Aussicht von hier oben war grandios.
Der Arzt hatte ihn für gesund erklärt, sein Wagen war repariert, und der Kauf der „Blues“-Mannschaft stand kurz bevor. Die
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