Julia Extra Band 361
Trotz des Vorfalls in ihrem Cottage behandelte sie ihn genauso sachlich und nüchtern wie zuvor.
Während sein Blick über sie hinwegglitt, fragte er sich, ob sie heute Morgen beschlossen hätte, das Langweiligste anzuziehen, das sie finden konnte. Ihr Rock und ihr Pulli waren jedenfalls an Biederkeit nicht zu überbieten. Machte sie das absichtlich? Und warum hatte er sich früher nie daran gestört? War es wirklich nur, weil er jetzt genauer hinsah? Oder weil er inzwischen wusste, dass das, was sich unter diesem faden Pulli befand, alles andere als fade war?
„Ja, es ist offiziell“, erwiderte er gedehnt. „Obwohl ich eigentlich nicht glaube, dass ich hingehe.“
„Aber du musst, Tariq.“
„Ich muss ?“ Er hob die Augenbrauen. „Was ist das? Ein Befehl?“
„Nein, natürlich nicht.“
Er ging auf sie zu und beobachtete, wie sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr. „ Was muss ich?“, fragte er leise.
„Na, da hingehen! Eure beiden Länder sind Nachbarn, und du hast eben erst diesen äußerst vorteilhaften Vertrag abgeschlossen, da würde … da würde es bestimmt nicht gut aussehen, wenn … wenn …“
Ihr hilfloses Stammeln wirkte sich auf seine Laune ungemein positiv aus. „Wenn was?“, fragte er mit samtweicher Stimme.
Isobel schluckte. Was führte er im Schilde? Er kam weiter auf sie zu, während sie instinktiv zurückwich. Aber es gab kein Entkommen, obwohl das Büro so groß war. Sie bewegte sich so lange rückwärts, bis sie die kühle glatte Wand im Rücken spürte. Er wollte doch nicht etwa ihre Abmachung brechen?
„T…Tariq! Was machst du denn?“
Sich mit einer Hand neben ihrem Kopf an der Wand abstützend, lehnte er sich vor und schaute ihr tief in die Augen. „Ich verbitte mir Ratschläge, um die ich nicht gebeten habe. Allerdings würde mich interessieren, ob du genauso frustriert bist wie ich.“
Obwohl es sie eine fast übermenschliche Kraft kostete, stieß sie hervor: „Bitte nicht, Tariq. Um dieses Thema sollten wir besser einen großen Bogen machen.“
„Wer sagt das?“
„Du. Und ich auch! Darauf haben wir uns auf dem Rückweg vom Cottage geeinigt. Wir waren beide der Meinung, dass es ein Fehler war und dass wir es möglichst schnell vergessen sollten.“
„Kann sein. Es ist nur …“ Und jetzt beugte er sich so weit vor, dass seine warmen Atemzüge sie streiften. „Das Problem ist, dass es gar nicht so einfach ist, das zu vergessen. Oder noch deutlicher gesagt: Ich kann es nicht, sondern muss ständig daran denken.“
„Tariq“, flüsterte sie. Schlagartig war ihr Verlangen erwacht, ihr Mund wurde ganz trocken, als sie ihm in die Augen schaute. „Schließlich warst du derjenige, der nicht mehr wollte, oder?“
„Ja, und du weißt auch genau, warum!“, sagte er und nahm seine Hand weg. ″Weil ich glaube, dass ich kein Recht habe, dir deine Unschuld zu nehmen.“
„Nun, an diesem Tatbestand hat sich nichts geändert. Ich bin immer noch Jungfrau, Tariq.“
„Ich weiß.“ Ihre Blicke trafen sich. „Und ich habe meine Meinung auch nicht geändert.“
Sie nagte an ihrer Unterlippe. Was sollte das? „Und warum reden wir dann überhaupt darüber?“
Hilflos ballte er die Hände zu Fäusten. Warum hatte er sich nicht im Griff? Obwohl er ganz genau wusste, was richtig war und was falsch?
Aber ihre weichen bebenden Lippen machten alle seine guten Absichten zunichte. „Weil ich nicht gedacht hätte, dass es so schwer ist, dir zu widerstehen.“
Sie blickte ihm in die Augen, während sie wieder von dieser schrecklichen, süßen Sehnsucht überschwemmt wurde. „Und was ist mit mir ?“, fragte sie leise. „Was ist, wenn es mir schwerer fällt als gedacht, dir zu widerstehen?“
Er kämpfte immer noch verbissen gegen seine Schwäche an, aber ihr Eingeständnis gab ihm den Rest. Endlich war da einmal eine Frau, die es nicht nötig hatte, Spielchen zu spielen, sondern ganz offen zu ihrem Begehren stand.
„Aber dir ist bewusst, Izzy, dass ich dir nichts zu bieten habe? Dass eine längerfristige Beziehung mit mir nicht drin ist? Drei Wochen sind mein Limit, das weiß kaum jemand besser als du.“
Sie hörte die deutliche Warnung in seinen Worten mitschwingen, aber das schreckte sie nicht. Ihr Verlangen war stärker.
„Wo lebst du eigentlich, Tariq? Das hier ist der Westen. Bei uns ist es eher selten, dass Frauen die Männer heiraten, an die sie ihre Unschuld verloren haben. Das sollte dir eigentlich bekannt sein. Warum kann ich nicht
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