Julia Extra Band 362
setzte sich an ihre Seite und hielt ihre Hand, während sie weinte, wie sie es seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr getan hatte.
Sie kämpfte gegen das Schluchzen an und hob den Kopf. Rafes Schultern waren nass von ihren Tränen.
Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie außer einem Höschen komplett nackt war, ihre Brüste waren gegen seinen Oberkörper gepresst, eine seiner Hände nicht weit davon entfernt.
„Ich brauche ein Taschentuch“, schluchzte sie und versuchte, von ihm abzurücken.
Sie fröstelte und schlang das Betttuch um sich. Seine Unterstützung hatte ihr sehr geholfen und stellte gleichzeitig eine Bedrohung dar für das Leben, das sie für Keir aufgebaut hatte.
„Hier“, sagte er und reichte ihr den Behälter mit den Papiertüchern. Er ging ins Badezimmer und kam kurz danach mit einem Gästetuch wieder, das er unters Wasser gehalten hatte.
„Es tut mir so leid“, klagte sie und verbarg ihr Gesicht in dem feuchten, kühlenden Tuch.
„Was tut Ihnen leid? Ihre Tränen?“ Er klang entspannt, fast gleichgültig. „Nach so einem Erlebnis ist es nicht verwunderlich, dass sich Ihre Anspannung irgendwann löst. Es ist doch besser, sich auszuweinen, als sich einen Rausch anzutrinken.“
Wieder lief ihr ein Schauer über den ganzen Körper.
„Wo ist Ihr Morgenrock?“, fragte er.
„Ebenfalls verbrannt“, sagte sie etwas ruhiger. „Ich muss die Versicherung anrufen. Wieder einmal.“
Er legte den Arm um ihre Schulter, eine freundliche Geste, die nichts Verführerisches an sich hatte. „Wie heißt die Versicherung?“
Sie musste nachdenken. In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Als sie ihm den Namen nannte, erklärte er: „Ach ja, ich kenne den ansässigen Agenten.“
„Vermutlich hat er mit Ihnen dieselbe Schule besucht.“ Sie rückte wieder ein bisschen von ihm ab.
Selbst in der Dämmerung konnte sie seine strahlenden Zähne sehen, als er sich lächelnd erhob. Im Gegenlicht wirkte er groß und beeindruckend wie eine urzeitliche Gottheit. Ein Anblick, der eine schmerzhafte Anspannung in ihr wachrief.
Die Dunkelheit, sagte sie sich aufgeregt. Es muss die Dunkelheit sein. Wäre die Nachttischlampe an, wäre die Situation viel weniger aufgeladen. Außer dass sie auch dann halb nackt vor ihm säße.
Na und? Es war nicht das erste Mal, dass sie Haut an Haut in seinen Armen lag. Er war ohne Bewusstsein gewesen, und sie hatten sich mit ihrer Körperwärme gegenseitig vor der Kälte geschützt.
Nun, mit dem warmen Gefühl seiner Arme auf ihrer nackten Haut und dem dezent maskulinen Duft in ihrer Nase, begann sie sich plötzlich nach all dem zu sehnen, was ihr so sehr fehlte – nach Schutz, Erregung, Liebe …
Doch sie wollte das nicht von irgendeinem Mann. Sie sehnte sich nach Rafe.
Der sie gerade ohne das geringste Anzeichen von Verlangen im Arm hielt.
Keir, dachte sie verzweifelt. Konzentriere dich auf Keir. Und höre auf, mit dem Feuer zu spielen.
„Nein, ich bin nicht mit ihm zur Schule gegangen“, bemerkte er sichtlich amüsiert. „Aber er ist ein anständiger Kerl. Ich werde ihn morgen anrufen.“
„Danke. Aber ich werde das lieber selbst erledigen.“
Er beließ es dabei. „Werden Sie wieder einschlafen können?“
Was würde er tun, wenn sie Nein sagte?
„Ja“, platzte sie heraus und sprang im selben Moment auf. „Gute Nacht, Rafe.“
„Gute Nacht.“
Ihr Blick folgte ihm, als er den Raum verließ. Das schon vertraute Sehnen rann durch ihre Adern wie süßes, verzehrendes Gift.
Am Morgen wurde sie von Keir geweckt. Er kicherte, während er sie unter dem Kinn kitzelte. Marisa griff nach ihm, zog ihn zu sich heran und gab ihm einen herzhaften Kuss. Dann entwand sie sich seinem zappelnden Körper und schlug die Bettdecke zurück. Das T-Shirt, das sie wieder angezogen hatte, war zerknittert.
Und sie erinnerte sich.
Rafes Arme um sie geschlungen, sein kraftvoller Körper eng an ihrem und sein männlicher Duft. Seltsam, sie hatte diesen Duft in der Nase behalten, seit sie in der Nacht nach dem Absturz eng umschlungen geschlafen hatten, während der Regen wütend gegen das Dach und die Wände der Hütte gehämmert hatte …
Ihre Haut brannte. „Wir müssen uns fertigmachen, Liebling“, sagte sie schnell, um sich abzulenken. Rafe würde sie abholen, und am Abend sollte sie dann eine Probefahrt mit dem Auto seiner Großmutter machen. Das hatten sie gestern vereinbart.
„Wann gehen wir wieder an den Strand?“, fragte Keir erwartungsvoll.
Sie
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