Julia Extra Band 362
versetzte er.
„Wenn ich Zeit dazu habe“. Sie blickte auf die Uhr. „Du musst jetzt wirklich gehen. In einer Stunde habe ich einen Termin mit einem Kunden, und ich bin nicht mal angezogen! Oh mein Gott, das habe ich ja ganz vergessen, was soll ich mit Fluffy machen?“
„Ich nehme sie“, bot Vitale zu seiner eigenen Verwunderung an. Zara war mindestens ebenso überrascht wie er.
„Meinst du das ernst?“ Ungläubig starrte sie ihn an.
„Warum nicht?“ Jetzt, wo er das Angebot gemacht hatte, konnte er schlecht wieder einen Rückzieher machen.
„Du darfst sie aber auf keinen Fall irgendjemandem schenken“, erklärte sie heftig. „Oder irgendwo abgeben.“
Vitale warf ihr einen grimmigen Blick zu. Allmählich gewöhnte er sich daran, dass sie nur das Schlechteste von ihm dachte. „Sei ganz beruhigt. Ich werde mich bestens um dein Kaninchen kümmern.“
Zara runzelte die Stirn und schaute das kleine Tier besorgt an. „Du willst sie doch nicht etwa im Tierheim unterbringen, oder? Die sind immer voller Hunde, und sie hat Angst vor Hunden.“
Da es genau das war, was Vitale vorgehabt hatte, war es nur seinem schnellen Improvisationstalent zu verdanken, dass er sich rein gar nichts anmerken ließ. „Natürlich nicht“, antwortete er, als wäre ihm dieser Gedanke nie in den Sinn gekommen.
Kurz darauf erfuhr er mehr über Zwergkaninchen, als er jemals hatte wissen wollen. Fluffy reiste auch nicht gerade mit leichtem Gepäck. Obwohl Zara ihm half, mussten sie zweimal zu seinem Auto gehen, um all ihre Habseligkeiten hinunterzubringen.
„Ich werde mich gut um sie kümmern“, versprach er, wobei es ihm schwerfiel, seine Ungeduld zu verbergen.
„Ich brauche deine Telefonnummer“, sagte Zara. „Ich rufe dich später an, um zu sehen, wie du zurechtkommst.“
Es hatte eine gewisse Ironie, dass sich die Mutter seines ungeborenen Kindes mehr Sorgen um ihr Haustier machte als um sich selbst, doch zumindest hatte sich ein Kommunikationskanal zu ihr geöffnet. Himmel, er wurde Vater! Der Schock überrollte ihn plötzlich wie eine Lawine. Ein Baby, dachte er benommen, während er Fluffy in ihrem Stall in einer Ecke seines offenen Wohnbereichs unterbrachte.
Zara rief kurz an, um Vitale zu sagen, dass Fluffy am liebsten MTV im Hintergrund hörte. Offensichtlich war es ein Kaninchen mit Hang zur Musik.
„So ein Pech, Fluff“, murmelte Vitale und schaltete auf den Börsenkanal, um die neueste Aktienentwicklung zu verfolgen. „Der Typ mit der Fernbedienung bestimmt das Programm.“
Fluffy zog sich in ihre Ecke zurück. Sie schien ganz genau zu wissen, wie unwillkommen sie als Hausgast doch war. Als sie begann, am Rand eines äußerst teuren Teppichs zu knabbern, und Vitale aufstand, um dem Einhalt zu gebieten, verkroch sie sich quietschend in ihren Stall. Vitale kam der Gedanke, dass ein Kind seine Geduld zeitweilig genauso auf die Probe stellen würde.
Zumindest, falls Zara Blake es überhaupt erlaubte , dass er in die Nähe seines Kindes kam. Bei dem Gedanken, wie machtlos er als Vater vielleicht sein würde, wurde ihm ganz kalt. Er verfluchte die Situation, in der er sich befand. Als unverheirateter Vater hatte er so gut wie gar keine Rechte, was sein eigen Fleisch und Blut anging. Er selbst war der Sohn einer labilen Mutter und das Opfer eines gewalttätigen Stiefvaters. Dass er in der Erziehung seines eigenen Kindes vielleicht nichts zu sagen haben würde, war eine Aussicht, die Vitale nicht ertragen konnte. Wie sollte er sein Kind so vor der Gefahr des Missbrauchs schützen?
Plötzlich war ihm jegliche Lust auf Arbeit vergangen. Er schaltete den Fernseher aus und schloss seinen Laptop. Erst fütterte er Fluffy, die den exquisiten Geschmack eines Gourmets zu haben schien, dann tigerte er unruhig durch das Wohnzimmer und ging seine Möglichkeiten durch.
In der Zwischenzeit war Zara stark beschäftigt. Sie widmete sich eine Stunde lang einem potenziellen Kunden, ehe sie die Arbeiten an einem aktuellen Projekt kontrollierte. Dann kehrte sie ins Büro zurück, um einen Entwurf, an dem sie seit einiger Zeit arbeitete, abzuschließen.
„Das sieht wirklich toll aus“, bemerkte Rob, als er die Entwürfe sah, die sie für die italienische Villa gezeichnet hatte.
Zara rollte sie lächelnd zusammen und verstaute sie in einem Schutzkarton. „Ja, wir werden sehen, was daraus wird.“
„Wann bekommt der Kunde die Pläne?“
„Diese Woche. Er ist zurzeit in London.“
„Wie praktisch“, murmelte Rob,
Weitere Kostenlose Bücher