Julia Extra Band 362
kündigen.“
„Aber ich habe keinen Ort, an dem ich sie unterbringen kann“, protestierte Zara heftig.
„Das ist nicht mein Problem“, versetzte der Vermieter, drehte sich auf dem Absatz um und betrat den Fahrstuhl, den Vitale gerade erst verlassen hatte.
Erst als Vitale zwei Schritte auf sie zu machte, bemerkte ihn Zara. Ihre Augen weiteten sich, und vor Überraschung und Bestürzung fehlten ihr die Worte. Aber nur kurz. „Was zur Hölle machst du hier?“
6. KAPITEL
Sein Anblick sandte Schockwellen durch ihren Körper. Hintergrundgeräusche wie der Verkehrslärm oder die Türen, die in dem großen Gebäude geöffnet und zugeschlagen wurden, schienen von ganz weit weg zu kommen. Vitale sah fantastisch aus in seinem makellosen grauen Anzug, dem das teure Designerlabel schon von Weitem anzusehen war. Er war einfach ein atemberaubend schöner Mann.
Dennoch tat es weh, ihn anzuschauen. Zara spürte erneut den Schmerz, den sein Betrug ihr zugefügt hatte, und das entfachte ihren Zorn. „Was willst du?“, fuhr sie ihn an. „Und woher weißt du, wo ich wohne?“
„Ich habe meine Quellen“, entgegnete Vitale, der sie sorgsam musterte, um nur ja auch noch die klitzekleinste Veränderung an ihr wahrzunehmen.
Sie war lässig gekleidet, trug eine abgeschnittene Jeans und Flip-Flops und wirkte darin jünger und zierlicher denn je, aber auch – wenn das überhaupt möglich war – noch schöner. Ihre zarte Haut war absolut makellos, das Haar genauso silberblond, wie er in Erinnerung hatte, die Augen von bezauberndem Lavendelblau und der Mund so verführerisch und sinnlich, dass Vitale sie auf der Stelle küssen wollte. Es war eine äußerst verstörende Reaktion, weshalb er sogleich begann, nach ihren Mängeln zu suchen. Sie war zu klein, das Haar zu silberblond, und sie redete wie ein Wasserfall, ohne je Atem zu schöpfen.
Während er sie von oben bis unten begutachtete, als hätte er jedes Recht dazu, wurde Zara nur noch wütender. „Du hast mir immer noch nicht verraten, was du hier machst“, erinnerte sie ihn. Zornesröte lag auf ihren Wangen. Als ihr ein möglicher Grund für seinen Besuch einfiel, zuckte sie zusammen. „Ach ja, natürlich, du willst wissen, ob …“
„Darf ich reinkommen?“, unterbrach Vitale sie, dem es gar nicht behagte, persönliche Dinge in der Öffentlichkeit zu besprechen.
„Ich habe keine große Lust, dich reinzulassen, aber ich schätze, mir bleibt nichts anderes übrig“, versetzte Zara unfreundlich.
Ein kratzendes Geräusch durchbrach das angespannte Schweigen. Als Vitale die Wohnung betrat, quietschte Fluffy erschreckt und hoppelte ängstlich in ihren Stall.
Vitale schien allerdings noch überraschter als das kleine Tier zu sein. „Du hältst ein Kaninchen … in der Wohnung?“, fragte er, der bislang der Ansicht gewesen war, dass man Kaninchen entweder schoss oder aß – und manchmal auch beides.
„Ja, Fluffy ist mein Haustier. Sie hat Angst vor Männern“, erwiderte Zara, die wünschte, sie wäre genauso vorsichtig wie Fluffy gewesen, als sie ihm begegnet war. Es hätte ihr einige Verletzungen erspart.
Wütend starrte sie ihn an. Aus irgendeinem Grund konnte sie einfach nicht aufhören, ihn anzuschauen. Mit einem Mal erinnerte sie sich wesentlich lebhafter an jene Nacht in dem toskanischen Liebesnest, als gut für sie gewesen wäre.
„Ich weiß noch nicht, ob ich schwanger bin oder nicht“, erklärte sie unverblümt. Wenn sie direkt zum Punkt kam, würden ihre Gedanken hoffentlich nicht mehr abschweifen. Es mochte ja sein, dass er ein atemberaubender Mann war, aber er war auch ihr Feind – ein betrügerischer Lump, den sie für das hasste, was er ihr angetan hatte.
Vitale fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Immerhin war diese Situation völlig neu für ihn. „Ich glaube, es gibt Tests, die du machen kannst.“
„Ja, ich werde einen kaufen und dir dann das Ergebnis mitteilen“, erwiderte sie nachlässig. „Aber im Moment gibt es wichtigere Dinge, um die ich mich kümmern muss …“
Vitale hob eine Augenbraue. „Und was … genau?“
„Fluffy, mein Kaninchen – was soll ich mit ihr machen? Mein Nachbar hat sich bereits beschwert, und du hast meinen Vermieter ja gehört! Er gibt keinen Deut nach. Er wird mich rausschmeißen, wenn ich Fluffy nicht woanders unterbringe.“
„Regeln sind nun mal Regeln“, versetzte Vitale, der ihren Kummer nicht so ganz nachvollziehen konnte, weil er selbst nie ein Haustier besessen hatte.
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