Julia Extra Band 362
Büro in der ersten Etage des eleganten Flagship Hotels der Royale-Kette. Er stand am Fenster, drehte sich bei ihrem Eintreten aber um und verzog das Gesicht, als er seine Tochter sah. „Wusstest du von dieser Verbindung, als du dich mit dem Mann, den du heiraten willst, eingelassen hast?“
„Das spielt keine Rolle. Warum erzählst du Vitale nicht einfach, was in jener Nacht passiert ist?“, erwiderte Zara ruhig.
„Ich habe die ganze Geschichte schon vor vielen Jahren erzählt, bei der Befragung durch die Polizei …“
„Ja, auf wundersame Weise haben Sie es in das Rettungsboot geschafft, und dann sind Sie ganz praktisch in Ohnmacht gefallen, während die Yacht sank“, bemerkte Vitale verächtlich. „Wie lange hatten Sie bereits eine Beziehung zu meiner Schwester vor dieser Nacht?“
Der ältere Mann zog eine Grimasse. „Ich hatte gar keine Beziehung zu ihr. Ich kannte sie ja kaum …“
„Aber sie war schwanger …“
„Nicht von mir, was ich bei der Befragung auch schon gesagt habe“, unterbrach Monty Blake ihn sofort. „Ich habe nie mit ihr geschlafen.“
Vitale runzelte die Stirn. „Halten Sie mich für einen Idioten?“
„Es kam nie dazu. Sie können die Daten überprüfen, wenn Sie wollen. Ich habe Loredana im Landhaus Ihres Onkels kennengelernt, in der darauffolgenden Woche mit ihr zu Abend gegessen, während ich mich in unserem Hotel in Rom aufhielt, und dabei habe ich sie eingeladen, am nächsten Wochenende mit mir segeln zu gehen. Sie war eine sehr schöne junge Frau, aber es war eine ganz lockere Geschichte“, erklärte er und warf dabei einen beschämten Blick zu seiner Tochter hinüber. „Ich hatte damals schon genug Probleme in meinem Leben. Deine Mutter und ich haben zu dem Zeitpunkt kaum miteinander gesprochen.“
Zara versteifte sich. „Alles, was du uns erzählst, wird in diesen vier Wänden bleiben“, versprach sie ihm unbehaglich.
„Loredana war sehr aufgewühlt, als sie an diesem Wochenende zu mir kam“, gestand Monty Blake. „Beim Essen gab sie zu, dass sie sich mit ihrem Freund gestritten hatte und schwanger sei. Es war nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte. Es kam zu einem Streit, als ich sie fragte, warum sie dann überhaupt zugestimmt hätte, mit mir an Bord zu gehen …“
„Ein Streit?“, hakte Vitale sofort nach, dessen Misstrauen offenkundig war.
„Nichts Wildes“, versetzte der Ältere müde. „Scheinbar hatte Loredana meine Einladung nur angenommen, weil sie ihren Freund eifersüchtig machen wollte. Sie hatte gehofft, dass er sie daran hindern würde, auf diesen Segeltörn mit mir zu gehen, doch das tat er nicht, was ihr ganz und gar nicht gefiel. Als sie anfing zu weinen, schlug ich ihr vor, sich in ihre Kabine zurückzuziehen und zu schlafen. Das soll wirklich nicht respektlos klingen, aber ich war ihr theatralisches Getue leid.“
Vitale zuckte nicht mal mit der Wimper. Auch er konnte sich noch gut daran erinnern, wie emotional seine Schwester gewesen war – in der einen Minute himmelhoch jauchzend, in der anderen zu Tode betrübt. Während der Polizeibefragung war Loredanas aufgewühlter Zustand zwar nicht erwähnt worden, aber selbst Vitale musste eingestehen, dass Blakes Geschichte glaubwürdig klang.
„Ihre Schwester hat mir das Gefühl vermittelt, ich wäre zu alt, um so jungen Frauen wie ihr hinterherzujagen“, gestand Zaras Vater. „Sie hat mich deprimiert. Deshalb bin ich nicht zu Bett gegangen, sondern habe mich betrunken und bin im Salon eingeschlafen. Irgendwann mitten in der Nacht weckte mich Rod, der Steuermann der Yacht, und sagte, ein schwerer Sturm ziehe herauf. Ich sollte Ihre Schwester und Pam, die Stewardess, holen, während er das Rettungsboot fertigmachte. Er meinte, die beiden Frauen wären zusammen …“ Monty schüttelte den Kopf. „Ich war betrunken, und der Generator funktionierte nicht mehr. Es war stockdunkel …“
„Und was haben Sie dann getan?“, fragte Vitale.
„Ihre Schwester war nicht in ihrer Kabine, und ich kannte mich in den Quartieren des Personals nicht aus. Die Yacht schlingerte von einer Seite zur anderen. Ich konnte überhaupt nicht sehen, wohin ich lief. Ich fing an, ihre Namen zu rufen. Wasser strömte bereits über die Gangway. Es war beängstigend. Ich stürzte und verletzte mich. Dann lief ich an Deck, um Rod zu holen, damit er bei der Suche half, aber Rod war auch verletzt und blutete stark aus einer Kopfwunde.“ Etwas von der Verzweiflung, die Monty Blake in dieser
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